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06.12.2016 10:00

Bedrohte Artenvielfalt kennt keine politischen Grenzen

Dr. Eva-Maria Natzer Öffentlichkeitsarbeit
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns

    Internationales Forscherteam erfasst DNA-Barcodes europäischer Heuschrecken:
    Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben in einem Kooperationsprojekt gemeinsam fast 80% der mitteleuropäischen Heuschrecken (Orthoptera) genetisch registriert und stellen deren Gencodes in einer frei zugänglichen Online-Bibliothek zur Verfügung. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher Anfang dieser Woche.

    Zoologen aus drei Ländern und vier großen DNA-Barcoding-Initiativen haben zum weitreichenden Erfolg des Projektes beigetragen: Im Rahmen der „Barcode of Life“-Projekte aus Deutschland (BFB, GBOL), Österreich (ABOL) und der Schweiz (SwissBOL) wurden rund 750 genetische Codes, sogenannte DNA-Barcodes, von Heuschrecken erfasst, die über 120 verschiedenen Arten zugeordnet werden konnten. Dies entspricht fast 80% aller Arten in Mitteleuropa, und sogar annähernd 100% der deutschen Arten. „Für die Erforschung der Biodiversität sind solch groß angelegte Projekte unerlässlich. Nur so können wir die Artenvielfalt effektiv erfassen, und zur Erhaltung beitragen“, so der Projektkoordinator Oliver Hawlitschek von der Zoologischen Staatssammlung München. Allen DNA-Barcoding-Projekten ist eines gemeinsam: Sie verfolgen das ehrgeizige Ziel, die genetischen Fingerabdrücke aller Tierarten der Erde zu erfassen – die globale Online-Datenbank umfasst inzwischen über 160.000 Arten. Mehr Informationen zum Projekt gibt es auf http://www.barcoding-zsm.de. „Der genetische Barcode oder Fingerabdruck ist auch eine wichtige Basis für die evolutionsbiologische und ökologische Grundlagenforschung“, ergänzt Gerlind Lehmann, eine am Projekt beteiligte Wissenschaftlerin von der Humboldt Universität zu Berlin.

    Heuschrecken sind Laien vor allem durch die sprichwörtlichen Heuschreckenplagen bekannt. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts traten solche Heuschreckenplagen auch in Bayern auf. Heute sind jedoch viele der Arten, die Plagen verursachten, sehr selten geworden, z.B. die Europäische Wanderheuschrecke, die Italienische Schönschrecke oder die Wanstschrecke. Inzwischen sind Heuschrecken in Mitteleuropa auch nicht mehr als Schadinsekten anzusehen. Stattdessen machen sich viele Heuschreckenarten nützlich, indem sie Schadinsekten wie z.B. Blattläuse vertilgen - denn keineswegs alle Arten sind Vegetarier - oder anderen schutzwürdigen Arten wie dem Weißstorch als Nahrung dienen. Heuschrecken reagieren sehr sensibel auf Veränderungen ihres Lebensraumes. Die Wissenschaftler machen für den Artenschwund vor allem die heutige Kulturlandnutzung verantwortlich: Immer intensivere Landwirtschaft nimmt den Heuschrecken ihre Lebensräume, vor allem artenreiche Wiesen und Weiden. Auch die Individuenzahlen von Allerweltsarten haben drastisch abgenommen. Die erst kürzlich vom Bayerischen Landesamt für Umwelt aktualisierte Rote Liste der gefährdeten Arten bewertet bereits 45% der bayerischen Heuschreckenarten als bestandsgefährdet. Sechs Arten sind zumindest in Bayern schon vollständig ausgestorben (http://www.lfu.bayern.de/natur/rote_liste_tiere/2016/doc/heuschrecken_infoblatt....). „Gerade Heuschrecken sind für den Naturschutz von besonderer Relevanz“, ergänzt Nikola Szucsich vom österreichischen Barcoding-Projekt ABOL, „denn sie sind typisch für selten gewordene Lebensräume, die auch viele andere bedrohte Arten beherbergen.“

    Beteiligte DNA-Barcoding-Projekte:
    Deutschland: BFB - Barcoding Fauna Bavarica, GBOL – German Barcode of Life
    Österreich: ABOL – Austrian Barcode of Life
    Schweiz: SwissBOL – Swiss Barcode of Life

    Publikation:
    Hawlitschek, O., Morinière, J., Lehmann, G.U.C., Lehmann, A.W., Kropf, M., Dunz, A., Glaw, F., Detcharoen, M., Schmidt, S., Hausmann, A., Szucsich, N.U., Caetano-Wyler, S.A., Haszprunar, G. (2016): DNA barcoding of crickets, katydids, and grasshoppers (Orthoptera) from Central Europe with focus on Austria, Germany, and Switzerland. Molecular Ecology Resources. doi: 10.1111/1755-0998.12638

    Kontakt:
    Jérôme Morinière
    SNSB – Zoologische Staatssammlung München
    Münchhausenstraße 21, 81247 München
    Tel.: +49 89-8107-121
    E-Mail: moriniere@zsm.mwn.de

    Oliver Hawlitschek
    SNSB – Zoologische Staatssammlung München
    Münchhausenstraße 21, 81247 München
    Tel.: +49 170-9036994
    E-Mail: oliver.hawlitschek@gmx.de

    Gerlind Lehmann
    Humboldt Universität zu Berlin
    Institut für Biologie
    Invalidenstraße 43, 10115 Berlin
    E-mail: gerlind.lehmann@t-online.de


    Weitere Informationen:

    http://www.zsm.mwn.de
    http://www.barcoding-zsm.de
    http://www.snsb.de


    Bilder

    Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts löste die Italienische Schönschrecke auch in Bayern Heuschreckenplagen aus.
    Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts löste die Italienische Schönschrecke auch in Bayern Heuschreck ...
    Foto: O. Hawlitschek, ZSM
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    Die Wanstschrecke ist eine der größten heimischen Heuschreckenarten (4,5 cm Länge). Heute findet man sie  nur noch in isolierten Populationen, vor allem nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze.
    Die Wanstschrecke ist eine der größten heimischen Heuschreckenarten (4,5 cm Länge). Heute findet man ...
    Foto: C. Roesti, http://www.orthoptera.ch
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    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts löste die Italienische Schönschrecke auch in Bayern Heuschreckenplagen aus.


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    Die Wanstschrecke ist eine der größten heimischen Heuschreckenarten (4,5 cm Länge). Heute findet man sie nur noch in isolierten Populationen, vor allem nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze.


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