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19.01.2017 11:00

Klimawandel trifft Ernten in den USA

Jonas Viering, Sarah Messina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

    Steigende Temperaturen sind ein Risiko für einige der wichtigsten Getreide. Um besser abschätzen zu können, wie die von unserem Treibhausgas-Ausstoß verursachte Erwärmung Weizen, Mais und Soja schädigt, haben Wissenschaftler jetzt so umfassend wie noch nie Computer-Simulationen zu US-Ernten laufen lassen. Die Simulationen konnten gut wiedergeben, wie in der Vergangenheit hohe Temperaturen Ernten teils stark verringert haben; sie erhärten damit ihre Tauglichkeit für Projektionen in die Zukunft. Ein Ergebnis: Die verstärkte Bewässerung von Feldern kann die negativen Auswirkungen der Erwärmung auf den Anbau der Nahrungsmittel verringern – aber nur in Regionen, wo genug Wasser verfügbar ist.

    Letztlich muss der Klimawandel begrenzt werden, um die Ernten zu stabilisieren.

    „Wir wissen aus Beobachtungen, dass hohe Temperaturen landwirtschaftliche Nutzpflanzen schädigen können, aber jetzt verstehen wir die Prozesse besser“, sagt Bernhard Schauberger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Leit-Autor der Studie. „Unsere Computer-Simulationen basieren auf unserem Wissen aus der Physik, Chemie und Biologie; zudem auf einer Menge Daten und Algorithmen. Aber natürlich können sie nicht die ganze Komplexität der Pflanzen und ihres Anbaus abbilden, deshalb nennen wir sie Modelle. In unserer Studie haben sie jetzt einen wichtigen Test bestanden.“ Die Wissenschaftler vergleichen die Ergebnisse der Simulation mit Beobachtungsdaten. So finden sie heraus, ob sie die entscheidenden Faktoren in ihre Berechnungen einbezogen haben, von der Temperatur bis zum CO2-Gehalt der Luft, von der Bewässerung bis zur Düngung.

    +++ Werden Emissionen nicht reduziert, sind bis zum Ende des Jahrhunderts Ernteverluste von 20 Prozent bei Weizen möglich +++

    Für jeden einzelnen Tag über 30 Grad Celsius kann der Ernteertrag von Mais und Soja um rund 5 Prozent schrumpfen. Die Simulationen haben gezeigt, dass die Modelle gut erfassen, wie kleine Temperatursteigerungen jenseits dieses Schwellenwerts erhebliche Verluste verursachen können. Solche Temperaturen werden bei ungemindertem Klimawandel häufiger auftreten, und sie können die landwirtschaftliche Produktivität ernsthaft treffen. Wenn unser Ausstoß von Treibhausgasen unvermindert anhält, und damit auch die Erwärmung weiter zunimmt, kann es noch in diesem Jahrhundert durch erhöhte Temperaturen zu Ernteverlusten von 20 Prozent bei Weizen, 40 Prozent bei Soja und fast 50 Prozent bei Mais kommen. Dabei werden extrem hohe Temperaturen von mehr als 36 Grad Celsius noch nicht mal mit einbezogen. Diese könnten noch stärkere Effekte haben.

    Die Auswirkungen gehen weit über die USA hinaus. Diese sind einer der weltgrößten Exporteure von Getreide, wodurch bei Ernteverlusten die Weltmarktpreise steigen könnten. Dies ist insbesondere in armen Ländern ein Problem für die Ernährungssicherheit.

    +++ Bewässerung könnte eine wichtige Anpassungs-Maßnahme sein +++

    „Die Verluste werden stark verringert, wenn wir in den Simulationen eine vermehrte Bewässerung der Felder annehmen – der Stress durch Wassermangel unter höheren Temperaturen scheint ein größerer Faktor zu sein als die Hitze selbst“, sagt Ko-Autor Joshua Elliott von der US-Universität Chicago. Wenn die Wasserzufuhr aus dem Boden zur Pflanze sich verringert, schließen sich schrittweise die Poren in den Blättern, um Wasserverlust zu vermeiden. Dabei mindern sie den Transport von CO2 in ihre Zellen, das dort ein wichtiger Baustoff ist. Zusätzlich reagieren Pflanzen auf Wassermangel, indem sie ihr Wurzelwachstum verstärken, auf Kosten ihres Wachstums über der Erde. Dies alles schmälert am Ende die Ernten. „Bewässerung könnte daher eine wichtige Anpassungs-Maßnahme sein, um die heftigsten Auswirkungen der weltweiten Erwärmung zu dämpfen“, so Elliott. „Allerdings gibt es für diese Anpassung eine Grenze – in manchen Regionen gibt es einfach nicht genügend Wasser.“

    Das Verfeuern fossiler Brennstoffe erhöht den CO2-Gehalt in der Luft. Dies verbessert üblicherweise die Wassernutzung der Pflanzen, da sie für die gleiche Menge an aufgenommenem CO2 weniger Wasser verlieren. Allerdings lässt sich nicht bestätigen, dass dieser Effekt die Ernten vor Hitzeverlusten unter Klimawandel schützen würde, erklären die Wissenschaftler. Denn die zusätzliche CO2-Düngung in den Simulationen verringere nicht das Absinken der Ernten bei Temperaturen über 30 Grad Celsius.

    Der Vergleich verschiedener Computer-Simulationen von Auswirkungen des Klimawandels steht im Zentrum von ISIMIP (Inter-Sectoral Impacts Modelling Intercomparison Project), an dem sich mehr als 100 Modellierer-Gruppen weltweit beteiligen. Die Simulationen fanden in Zusammenarbeit mit AgMIP statt, dem internationalen Agricultural Model Intercomparison and Improvement Project.

    Artikel: Bernhard Schauberger, Sotirios Archontoulis, Almut Arneth, Juraj Balkovic, Philippe Ciais, Delphine Deryng, Joshua Elliott, Christian Folberth, Nikolay Khabarov, Christoph Müller, Thomas A. M. Pugh, Susanne Rolinski, Sibyll Schaphoff, Erwin Schmid, Xuhui Wang, Wolfram Schlenker, Katja Frieler (2017): Consistent negative response of US crops to high temperatures in observations and crop models. Nature Communications [DOI:10.1038/NCOMMS13931]

    Link zum Artikel, sobald er veröffentlicht ist:
    http://www.nature.com/ncomms/

    Weblink zum Projekt ISIMIP - Inter-Sectoral Impacts Modelling Intercomparison Project: https://www.isimip.org/

    Weblink zum Projekt AgMIP - Agricultural Model Intercomparison and Improvement Project: http://www.agmip.org/

    Kontakt für weitere Informationen:
    Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Pressestelle
    Telefon: +49 (0)331 288 2507
    E-Mail: presse@pik-potsdam.de
    Twitter: @PIK_Klima
    www.pik-potsdam.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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