Neues Buch von Historiker der Universität Jena über die Geschichte der DDR-Währung
Jena (11.07.03) "Sie ist blank, rund, nicht zu schwer und gefällig im Aussehen", so pries die ,Berliner Zeitung' im August 1956 das neue "Ost"-Markstück an. Die Münze, die die bis dahin geltenden Scheine ersetzte, wurde sogleich für die politische Propaganda eingespannt. Sie sollte eine neue Mark für eine neue Gesellschaft sein, für stete Preissenkungen sowie für Sicherheit in Gegenwart und sozialistischer Zukunft stehen. Die Bedeutung von Münzen und Scheinen geht weit über den bloßen Geldwert hinaus. "Sie sind hochverdichtete Symbole der modernen Gesellschaften und bereits jede Weitergabe ist ein kommunikativer Akt", weiß PD Dr. Rainer Gries. Der Historiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat eine kleine Kommunikationsgeschichte der sozialistischen deutschen Währung verfasst, die jetzt unter dem Titel "Die Mark der DDR" bei der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen als Buch erschienen ist.
"Nicht zu schwer" ist dabei auch der Versuch des Jenaer Wissenschaftlers ausgefallen, seine Erkenntnisse verständlich in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Seine Analyse u. a. historischer Zeitungsartikel über die Ost-Mark schlägt mit gerade einmal 72 Seiten inklusive zahlreicher Abbildungen "zu Buche". Das Bändchen erzählt die Kulturgeschichte der vier DDR-Notenserien, berichtet über Politik und Propaganda von Partei und Staat in Ost und West. Die Erwartungen und Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger werden beleuchtet. So freute sich beispielsweise der Schriftsteller und Publizist Stefan Heym über den spektakulären "Schlag ins Kontor", als an einem Nebelsonntag im Oktober 1957 auch in Thüringen binnen weniger Stunden alles alte Geld umgetauscht wurde. Das Buch erinnert an den Zweihundert- und den Fünfhundertmarkschein der DDR, die eigentlich zum vierzigsten Jahrestag 1989 ausgegeben werden sollten.
"Das Problem bei der Mark der DDR war, dass sie nicht Vertrauen, sondern oft sogar Misstrauen bei der Bevölkerung entfacht hat. Und die westliche Propaganda hat das noch verstärkt", sagt Rainer Gries. Unter ihrem Silbermantel versteckt jede Währung nicht nur den Konsumhorizont ihrer Zeit - was kann ich mir heute dafür kaufen und was morgen? -, sondern steht darüber hinaus für die Bonität von Staat und Gesellschaft überhaupt. "Der Ost-Mark wurde insofern Vertrauen entgegengebracht, als man sich die Artikel des Grundbedarfs damit gut kaufen konnte", so der Jenaer Historiker. Hatte man genügend Geld, konnte man sich in den hochpreisigen DDR-Läden "delikat" und "exquisit" auch mit Besonderem eindecken. Und wo die Mark nicht half, wurde einfach getauscht. Rare Waren wurden zu einer Art von Ersatzwährung: So avancierte das "Wernesgrüner Bier" zum so genannten Vogtland-Dollar. Ganz oben in der Hierarchie der Währungen in der DDR stand jedoch die Westmark. Für die kapitalistische Zwillingsschwester war auch im Sozialismus alles zu bekommen. In dieser "Hierarchie der Waren und der Währungen" konnte Gries zudem eine "Hierarchie des Vertrauens" ausmachen. Darin rangierte die DDR-Währung, trotz der Propagandabemühungen, ganz unten. Für Ostmark "wurde man versorgt, aber nicht bedient", ist ein Fazit der Studie.
Das Buch von Rainer Gries: "Die Mark der DDR", Erfurt 2003, ISBN 3-931426-75-0, ist innerhalb Thüringens kostenlos bei der Landeszentrale für politische Bildung, Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt, erhältlich.
Kontakt:
PD Dr. Rainer Gries
Historisches Institut der Universität Jena
Tel.: 03643 / 401539
E-Mail: Rainer.Gries@t-online.de
Landeszentrale für politische Bildung Thüringen
Referat "Publikationen"
Regierungsstraße 73
99084 Erfurt
Tel.: 0361 / 3792720; Fax: 0361 / 3792702
http://www.thueringen.de/de/lzt
PD Dr. Rainer Gries (Foto: privat)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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