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27.02.2017 11:20

Damit der Klimaschutz nicht auf Eis gelegt wird

Julia Wunderlich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule Ostwestfalen-Lippe

    Während in den USA Forschungsprojekte und Klimaschutzmaßnahmen drohen auf Eis gelegt zu werden, nutzt Professor Manfred Sietz von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe Eiswürfel, um Nachhaltigkeit zur messbaren Größe zu machen. Sein im Springer-Verlag erschienenes Fachbuch zeigt, wie das Eiswürfelmodell zur Energieeffizienz beiträgt.

    „Ich bin in großer Sorge: Jahrzehntelange weltweite Bemühungen rund um den Klimaschutz sind aktuell gefährdet“, sagt Professor Manfred Sietz vom Fachgebiet Chemie und Umweltmanagement der Hochschule Ostwestfalen-Lippe am Standort Höxter. Sietz plädiert deshalb umso mehr für klare Worte in der Diskussion über den Klimawandel – und die in diesem Kontext sehr oft zitierte „Nachhaltigkeit“. „Nachhaltig ist alles, was die Ressourcen- und Energieeffizienz erhöht und so den Klimawandel verlangsamt. In Politikerreden wird der Begriff Nachhaltigkeit jedoch immer mehr entwertet“, sagt Sietz und betont: „Die Zeit ist mehr als reif dafür, Nachhaltigkeit messbar zu machen – denn nur dann kann sie in verständliche Ziele umgesetzt werden.“

    Um die Nachhaltigkeit messbar zu machen, hat der Professor der Hochschule OWL den Wärmefußabdruck entwickelt und in einem im Springer-Verlag erschienenen Fachbuch veröffentlicht. Gemessen wird dabei die Abwärme, die bei jeder Energienutzung entsteht: „Aufgrund von schlechten Wirkungsgraden wird bei allem was wir tun Abwärme ungenutzt in die Atmosphäre freigesetzt – beispielsweise durch Reibung. Diese Abwärme ist eine der Hauptursachen für den Klimawandel, neben Kohlendioxid und Überkonsum“, so Sietz, der dementsprechend mit dem Wärmefußabdruck die Nachhaltigkeit eines Unternehmens, eines Hauses oder eines Produktes darstellen kann: Der berechnete Wärmefußabdruck ist dabei die Grundfläche eines Eiswürfels, der durch die freigesetzte Abwärme in einem Jahr geschmolzen wird – und das unwiderruflich, denn einmal geschmolzenes Eis kann nur durch erneute Energiezufuhr wieder gefroren werden.

    Klimawandel, der ins Auge springt

    Wie weit fährt beispielsweise ein Auto, um einen Eiswürfel mit zehn Zentimetern Kantenlänge unwiderruflich zu schmelzen? Bei einem durchschnittlichen Mittelklassewagen lautet die Antwort: 200 Meter. Das Problem: Der Wirkungsgrad eines Autos liegt durchschnittlich bei nur rund 30 Prozent. 70 Prozent der Energie dienen also nicht dem Vorankommen des Fahrzeugs, sondern strömen als Wärme in die Umgebung. Wer jetzt angesichts der weltweiten Menge an Autos und gefahrenen Kilometer schmelzende Gletscher und Polkappen vor Augen hat, spürt die Anschaulichkeit des Eiswürfelmodells – und das diese intensiver ist als beim bereits bekannten Kohlendioxid-Fußabdruck, der berechnet, welche Fläche Wald benötigt wird, um eine bestimmte Menge Kohlendioxid zu binden.

    Diese Anschaulichkeit ist das Ziel des Höxteraner Wissenschaftlers: „Wärmefußabdrücke sind durch die Darstellung in Eiswürfeln leicht verständlich und als vergleichbare Kennzahl für Unternehmen, Produkte und Privatpersonen zu sehen. Durch eine Optimierung der Energieeffizienz und durch sinnvolle Nutzung der anfallenden Abwärme kann der Wärmefußabdruck positiv beeinflusst und so ein Mehrwert an Nachhaltigkeit gewonnen werden.“ Und der unwiderruflich verbrauchte Eiswürfel wird kleiner. Durch die Berechnung des Wärmefußabdrucks können industrielle und private Verbraucher verglichen werden – miteinander und über Jahre hinweg. „So lässt sich auch die Verantwortlichkeit eines jeden Verbrauchers am Klimawandel durch ein einfaches Modell darstellen“, so Sietz.

    Anwendung in Unternehmen und Normierung

    Im Jahr 2013 hat Sietz den Wärmefußabdruck erstmals auf einer internationalen Tagung in Wien vorgestellt. In den folgenden drei Jahren hat er Energieverbräuche, Wärmeverluste und Einsparmaßnahmen in Unternehmen analysiert – vor allem in der Region Ostwestfalen-Lippe. „Ich habe gemeinsam mit vielen Firmen ihren individuellen Wärmefußabdruck erstellt. Mithilfe der Eiswürfel konnten sie die Auswirkungen und Erfolge ihres Energiemanagementsystems sehen und verstehen“, sagt Sietz und betont: „Vor allem wenn der geschmolzene Eiswürfel über die Jahre immer kleiner wird, hinterlässt das großen Eindruck.“ Zwei Praxisbeispiele aus der Industrie sind auch in das 2016 erschienene Fachbuch „Wärmefußabdrücke und Energieeffizienz“ eingeflossen. Weitere Unternehmen sollen in Zukunft folgen – außerdem sieht Sietz eine mögliche Anwendung des Wärmefußabdrucks in der Normierung von Energieeffizienz.

    Bibliographische Angaben: Manfred Sietz (Hg.): Wärmefußabdrücke und Energieeffizienz, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016. 212 Seiten. ISBN 978-3-662-49934-4


    Bilder

    Professor Manfred Sietz zeigt den Eiswürfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, der schmilzt, wenn ein durchschnittlicher Mittelklassewagen 200 Meter weit fährt.
    Professor Manfred Sietz zeigt den Eiswürfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, der schmilzt ...
    Foto: Hochschule OWL/Katharina Thehos
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Professor Manfred Sietz zeigt den Eiswürfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, der schmilzt, wenn ein durchschnittlicher Mittelklassewagen 200 Meter weit fährt.


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