Alma Mater ist Vorreiter in Deutschland bei Bekämpfung der Schwarzkittel in der Stadt
Die Universität Rostock hat gemeinsam mit der Rostocker Stadtverwaltung ein wissenschaftlich basiertes Abwehrprogramm und somit ein Forschungs-Projekt um das Wildschweinproblem entwickelt und dies seit 2012 erfolgreich umgesetzt. Das Wildschweinprojekt, das von der Hansestadt Rostock und dem Schweriner Landwirtschaftsministerium über die Jagdabgabe co-finanziert wird, endet im März 2017.
„Der Stadtteil Markgrafenheide ist genau seit dem 8. Dezember 2013 wildschweinfrei“, sagt der Jäger und Biologe Dr. Hinrich Zoller vom Institut für Zoologie der Universität Rostock nicht ohne Stolz. Zu jenem Zeitpunkt habe er das letzte Problemschwein erlegt. Dadurch war auch der Stadtteil nebenan, die Hohe Düne, wildschweinfrei. 79 Tiere sind um Markgrafenheide erlegt worden. Doch die Bejagung müsse weiterlaufen, sagt Zoller. Ansonsten kämen die Schwarzkittel wieder. Zwischendurch habe es geheißen, die Wildschweine seien erneut in Markgrafenheide aufgetaucht, so Zoller. Das war im Dezember 2016. Aber nur ganz kurz hatten sich drei Tiere dort angefunden. Revierförster Christoph Willert konnte die Schweine an der Ortsgrenze zum Hüttelmoor erlegen.
Allein in einem Jahr hätten die Schwarzkittel auf Flächen des städtischen Grünamtes in Rostock Zerstörungen in Höhe von 100 000 Euro verursacht, sagt Zoller. Die Biologen der Uni Rostock untersuchen auch, welche Schäden Wildschweine in der Hansestadt unter anderem in Gärten, Parkanlagen, Wiesen und Feldern verursachen und wie man die Tiere durch eine andere Bejagungsstrategie fernhalten kann. „Die Schwarzkittel haben eine hohe Anpassungsfähigkeit an Jagdmethoden. Die kriegen genau mit, wo es knallt, wissen, wo dann der Jäger bei Mondschein sitzt“, sagt Hinrich Zoller. Kurios: Bei Helligkeit, eben durch Mondschein kämen die Schweine oft nicht mehr aus dem Dickicht hervor.
Stadtforstamtsleiter Jörg Harmuth zeigt sich dankbar, dass die Uni und somit Hinrich Zoller das Forschungs-Projekt „bei uns umgesetzt hat“. Das Projekt sei ein „absoluter Erfolg. „Das ist auch für Nicht-Wissenschaftler deutlich erkennbar“, würdigt Jörg Harmuth. „Die Bereiche, in denen wir das Projekt gemeinsam durchgeführt haben, sind frei von Schwarzwild“.
Das Wildschwein-Projekt ist aufwendig, insbesondere sehr zeitintensiv. Zunächst wurden die ausgewachsenen Bachen gefangen, betäubt und dann mit einem Sender ausgestattet. Per GPS-Technik haben die Forscher dann verfolgt, wo sich die Tiere aufhalten und wo sie unterwegs sind, um so die Bewegung der ganzen Rotte nachvollziehen zu können. „So haben wir ein Jagdkonzept erarbeitet, das sehr gut funktioniert“, sagt Zoller.
Mit dem Projekt seien nicht nur die Wildschweine und ihre Routen in der Stadt identifiziert worden, sagt Harmuth. Gleichzeitig sei auch ein nachhaltiges Konzept entwickelt worden, wie man städtische Bereiche frei von Schwarzwild bekommt und dies auch perspektivisch durchhält.
„Wesentlich waren und sind hierfür nicht nur die exzellenten Arbeiten von Dr. Zoller und seinen Kollegen - entscheidend war ebenfalls das hohe Engagement der Forstverwaltung und die gute Zusammenarbeit mit dem Ortsbeirat und letztlich mit den Einwohnern“. Der Forstamtsleiter betont: „Das Problem Schwarzwild im städtischen Bereich ist nur mit einer klaren Zielstellung zu lösen, die unter allen Beteiligten unstrittig sein muss“. Hierbei seien neben den Einwohnern vor allem die jeweiligen Jagdausübungsberechtigten gefordert. „Die Reduzierung des Schwarzwildbestandes besonders in den ortsnahen Bereichen ist ohne Alternative - auch das mussten wir im Projekt lernen“. Harmuth weiter: „Die Notwendigkeit einer städtischen Einflussnahme auf die Jagdorganisation der betreffenden Flächen war ein Ergebnis, mit dem wir anfangs nicht gerechnet hatten“. Die Schäden im urbanen Bereich ließen sich nicht allein über Gefahrenabwehr von Schwarzwild in befriedeten Bezirken verhindern, sondern bedingten ein konsequentes Mitziehen der jeweiligen Jagdausübungsberechtigten. „Im Bereich des Stadtforstamtes hat und wird diese Strategie effektiv funktionieren, die Resultate auf anderen Jagdflächen bleiben abzuwarten“.
Das Schwarzwild hat sich in Deutschland explosionsartig vermehrt. Das zieht besonders drastische Folgen für die Landwirtschaft nach sich, aber es gibt auch eine gestiegene Anzahl von Wildunfällen und die Gefahr, dass die afrikanische Schweinepest ausbrechen könnte. „Die Gefahr besteht, dass die in Ostpolen angekommene Schweinepest sich langsam aber sicher nach Deutschland ausbreitet“, sagt Wildbiologe Hinrich Zoller. Hauptüberträger dieser heimtückischen Krankheit sei der Mensch, beispielsweise durch Transporte von Tieren oder dem Wegwerfen von konterminierten Lebensmitteln. Noch gebe es keinen Impfstoff gegen die afrikanische Schweinepest. „Wir versuchen, die Wildschwein-Bestände beispielsweise durch verschiedene Bejagungs-Strategien so unter Kontrolle zu halten, dass es möglichst nicht zur schnellen Ausbreitung dieser Krankheit kommen könne.
Gegenwärtig läuft die Bejagung in Rostocks Stadtteilen Gehlsdorf, Dierkow und Toitenwinkel sowie im Ölhafen. „Eine aufwendige Aktion“, sagt Hinrich Zoller. „Die Tiere müssen aus Sicherheitsgründen gefangen und können erst dann erlegt werden“.
Ein weiterer Projektinhalt ist die Aufklärung der Bevölkerung. „Wir warnen davor, die Tiere zu füttern und raten dazu, Grundstücke einzuzäunen“, sagt Zoller.
„Rostock ist mit dem Projekt eine der ersten Universitäten Deutschlands, die sich mit dem Thema 'Plage von Wildschweinen in der Stadt und deren Beseitigung beschäftigt und forscht“, betont Zoller.
Die Erfahrungen von Hinrich Zoller sind inzwischen bundesweit gefragt. Auch in Sachsen ist der agile Forscher beispielsweise unterwegs. Dort geht es unter anderem um die Begrenzung von Wildschwein-Schäden in der Landwirtschaft. Und im Rahmen einer Promotion, die Hinrich Zoller betreut, werden im Nationalpark unteres Odertal Schweine gefangen und dann mit einem Sender ausgestattet. Auch in Vorpommern-Greifswald ist Hinrich Zoller gefragt. Ebenfalls hier geht es darum, die Wildschweinbestände einzudämmen.
Dr. Zoller ist rastlos unterwegs, hält Vorträge aus seinem Erfahrungsschatz gegen die Wildschwein-Plage. Aber auch sein Rat ist vom Friedrich-Löffler-Institut Greifswald gefragt, wenn es um die afrikanische Schweinepest geht.
Hinrich Zoller benennt die Gründe für die extreme Zunahme der Reproduktion bei den Wildschweinen ohne Umschweife. „In den unüberschaubaren Mais-und Rapsfeldern finden die Wildschweine ein gutes Versteck vor Jägern, aber auch ausreichend zu fressen.“ Zudem spiele der Klimawandel eine große Rolle bei der Population. Durch die warmen Winter sei die Sterblichkeit der Frischlinge stark zurückgegangen. „Die Konstitution von jungen Schweinen ist so gut, dass sie früh in die Reproduktion eintreten. Das heißt, Frischlinge können Frischlinge bekommen. Im Klartext: Noch bevor die Tiere ein Jahr alt sind, können sie Nachwuchs bekommen. Sie verfügen übrigens von allen einheimischen Huftieren über die höchste Fortpflanzungsrate. Eine Bache bekommt bis zu zehn Frischlinge. Text: Wolfgang Thiel
Kontakt:
Dr. Hinrich Zoller
Universität Rostock
Institut für Biowissenschaften
Allgemeine & Spezielle Zoologie
Tel. 0172-3054728
Fax. 0381-4986262
Mail: hinrich.zoller@uni-rostock.de
Dr. Hinrich Zoller mit Frischlingsbache Pippi
(Fotos: privat)
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Dr. Hinrich Zoller (l.) und Revierförster Christoph Willert bei Besenderung von Bache 25 neben dem ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Dr. Hinrich Zoller mit Frischlingsbache Pippi
(Fotos: privat)
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Dr. Hinrich Zoller (l.) und Revierförster Christoph Willert bei Besenderung von Bache 25 neben dem ...
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