Forschungsprojekt der Universität Vechta untersucht atmosphärische Einträge in Moosen
Luftschadstoffe können in der Atmosphäre über weite Strecken transportiert und anschließend in Ökosysteme eingetragen werden. Dort wirken sie auf unterschiedliche Weise auf Böden, Pflanzen und Tiere. Das in der Vechtaer Landschaftsökologie angesiedelte Projekt „Nutzung von Bioindikationsmethoden zur Bestimmung und Regionalisierung von Schadstoffeinträgen für eine Abschätzung des atmosphärischen Beitrags zu aktuellen Belastungen von Ökosystemen“ untersucht in diesem Kontext Einträge in Moosen.
Ziel ist, die Effektivität der 1979 geschlossenen Bestimmungen der Genfer Luftreinhaltekonvention zu bewerten. Das Projekt wird noch bis 2018 vom Umweltbundesamt bzw. dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert.
„Seit 1990 werden alle fünf Jahre an bis zu 1.000 Orten in Deutschland und bis zu 7.300 Orten in Europa Moose als biologische Sammler genutzt für Stoffe, die aus der Atmosphäre in unsere Ökosysteme eingetragen werden“, berichtet Projektleiter Prof. Dr. Winfried Schröder. „Zum Winter wurde die Sammlung der Moosproben abgeschlossen. Im Februar fand das jährliche Task Force Meeting des International Cooperative Programme on Effects of Air Pollution on Natural Vegetation and Crops (iCP Vegetation) der United Nation Economic Commission for Europe (UNECE) statt, auf dem wir die Ergebnisse präsentiert haben.“
Atmosphärische Einträge von Schwermetallen, Stickstoff und organischen Schadstoffen können Veränderungen in Ökosystemen bewirken, die nicht den Umweltqualitätsnormen entsprechen oder naturschutzfachlichen Zielen zuwiderlaufen. Beispielsweise sind mit atmosphärischen Depositionen Stoffanreicherungen in der Vegetation und damit in Nahrungsketten sowie Beeinträchtigungen von Biodiversität und Gewässerqualität verbunden. „Von besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung des Projektes ist es, dass dieses Forschungsprogramm flächenhaft repräsentative und über die Grenzen von Bundesländern und europäischen Staaten methodisch harmonisiert erhobene Informationen über Stoffeinträge aus der Atmosphäre in terrestrische Ökosysteme liefert. Die Daten sind u.a. für die Stickstoffproblematik in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta wichtig, die in Europa noch immer eine Spitzenposition einnehmen“, erklärt Schröder.
Die Ermittlung und ökotoxikologische Bewertung der damit verknüpften Wirkungen in Ökosystemen ist aufwändig und nach wie vor durch ungelöste Probleme gekennzeichnet, genauso wie die Erfassung der Exposition von Ökosystemen zur Abschätzung von Risiken negativer Veränderungen durch atmosphärische Stoffeinträge. So bestehen u.a. Mängel in Emissionsdaten, die für die Depositionsmodellierung benötigt werden, und bei der flächendeckend methodisch harmonisierten Erhebung von Eintragsinformationen. „Deshalb kann der Beitrag der atmosphärischen Einträge von Schwermetallen, organischen Schadstoffen und Stickstoff zu den Belastungen von Ökosystemen häufig nicht in ausreichender räumlicher Auflösung, bei selten gemessenen Stoffen auch gar nicht abgeschätzt werden, was zu falschen Maßnahmenempfehlungen führen kann“, erläutert Dr. Stefan Nickel. Er ist neben Prof. Dr. Winfried Schröder mit dem Projekt in Vechta befasst. Die Ergebnisse nutzt er für seine Habilitationsschrift.
Das Vorhaben will dazu beizutragen, die Informationsgrundlagen zur atmosphärischen Deposition von Schwermetallen (HM, 1. Priorität) und persistenten organischen Stoffen (POP-Screening, 2. Priorität) und ggf. Stickstoff (N, 3. Priorität) prioritär für nationale Aufgaben des Umwelt- und Naturschutzes zu verbessern sowie – nachrangig - die Berichterstattung an internationale Kooperationsprogramme wie dem iCP Vegetation im Rahmen der europäischen Luftreinhaltekonvention zu ermöglichen. Damit die Ergebnisse dieses Projektes national und international anschlussfähig sind, werden die auch bei den bisherigen Messkampagnen mit Beteiligung Deutschlands (1990, 1995, 2000, 2005) maßgeblichen internationalen Leitlinien für die Auswahl der zu messenden chemischen Elemente / Verbindungen (HM, POP, N), der chemischen Analytik einschließlich Qualitätssicherung und der räumlichen Probenentnahmedichte berücksichtigt.
So soll die flächendeckende Nutzung von Bioindikationsverfahren und -daten analysiert und bewertet sowie Einträge von HM und möglichst auch von POP räumlich differenziert erfasst und kartiert werden. Dabei sollen beispielhaft Aussagen zur Belastungssituation wichtiger Landschafts- bzw. Ökosystemtypen ermöglicht werden (z. B. urbane Verdichtungsräume, ländliche Regionen, Wald- und Offenlandökosysteme). Atmosphärische N-Depositionsraten sollen unter besonderer Berücksichtigung kleinräumiger Variabilitäten (u.a. Kronentraufeffekt, windexponierte Hanglagen) und regionaler Besonderheiten (z. B. Gebiete mit großflächiger Gülleausbringung) erfasst werden. Ob der Einsatz von Biomonitoring-Verfahren auch kleinräumiger als auf Bundesebene, z.B. auf Ebene der Bundesländer für den Naturschutz nützlich ist, wird untersucht. Insbesondere werden Schutzgebiete und Regionen mit besonders hohen N-Emissionen aus der Tierhaltung und der Gülleausbringung (z. B. Nordwestdeutschland, Alpenvorland / Allgäu) einbezogen sowie die Untersuchung kleinräumiger, durch Kronentraufeffekte verursachte Messwertvarianzen. Diese Untersuchungen sollen auch Kenntnislücken schließen, die beim Werte-Vergleich von technischen N-Messungen mit den Ergebnissen vorliegender dynamischer Modellierungen aufgetreten sind (z. B. Nordwestdeutschland, Schwarzwald / Alpenvorland / Allgäu).
Kontakt:
Dr. Stefan Nickel
Institut für Umweltwissenschaften
Universität Vechta
stefan.nickel@uni-vechta.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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