Nanostrukturierte Oberflächen haben vielfältige Anwendungen. Unter anderem werden sie eingesetzt, um gezielt die Absorption von Licht zu erhöhen, z. B. in der Photovoltaik. Aber auch in der Laserbeschleunigung von Protonen wird dieser Ansatz interessiert verfolgt, verspricht der Einsatz von nanostrukturierten Targets bei gleicher Laserenergie doch deutlich höhere Protonenenergien und -zahlen. Wie bei jeder anderen neuen Technologie ist auch hier ein hoher Wirkungsgrad entscheidend für einen möglichen zukünftigen Einsatz. Forscher am Max-Born-Institut (MBI) in Berlin haben jetzt untersucht, unter welchen Bedingungen der Einsatz von Nanostrukturen in der Laser-Ionen-Beschleunigung lohnt.
Wird ein ultrakurzer Laserimpuls (˜30 fs, >1 J) auf eine Festkörperfolie fokussiert, so dass relativistische Intensitäten (>10¹⁸ W/cm²) erreicht werden, wird die Materie durch Feldionisation sofort in einen Plasmazustand überführt. Die Elektronen werden im Laserfeld auf relativistische Energien beschleunigt. Während die schnellsten Elektronen das Target verlassen können, sind die etwas langsameren (immer noch relativistischen) Elektronen im Coulombpotential des (jetzt) positiv geladenen Targets gefangen und oszillieren in diesem Feld. Sie bilden eine dynamische Schicht (sheath) aus, die mit der Targetoberfläche ein elektrisches Feld von etlichen Megavolt pro Mikrometern aufbaut, in dem positive Ionen (z.B. Protonen und Kohlenstoffionen aus der Oberflächenkontaminationsschicht) extrem beschleunigt werden. Diesen Prozess nennt man TNSA (target normal sheath acceleration). Abb. 1 zeigt die Aufnahme eines solchen Protonenbunches.
Die Idee hinter dem Einsatz von nanostrukturierten Oberflächen ist nun denkbar einfach: Die Nanostrukturen erhöhen die Laserabsorption, d. h. es werden mehr und höher energetische Elektronen erzeugt, die wiederum mehr Protonen zu höheren Energien beschleunigen können.
Es gibt aber auch andere Wege, um den TNSA Mechanismus zu optimieren - insbesondere zählt hierzu die Optimierung des Plasmagradienten, d. h. des Dichteprofils des Targets. Die angewendeten Laserintensitäten sind so groß, dass die Ionisation des Targets nicht erst im Peak des Laserimpulses auftritt, sondern während des Pulsanstiegs startet. Das vorionisierte Plasma dehnt sich aus, die Dichte wird dadurch geringer. Der Plasmagradient ist daher maßgeblich durch die genaue zeitliche Pulsstruktur bestimmt.
Das Team um Dr. Matthias Schnürer vom Max-Born-Institut in Berlin hat nun untersucht, unter welchen Bedingungen der Einsatz von nanostrukturierten Targets vorteilhaft ist. Dazu haben die Physiker die Targets in-situ mit dem Laser strukturiert. Diese Methode der Erzeugung laser-Induzierter periodischer Oberflächenstrukturen ist besonders einfach und erlaubt im Prinzip, wie die Physiker betonen, auch die Entwicklung eines hochrepetitierenden Targetsystems. In einem ersten Schritt wird die Oberfläche mit dem abgeschwächten Laser strukturiert (etwa 20 Impulse). Eine Rasterelektronenmikroskopieaufnahme der so strukturierten Fläche ist in Abb. 2 zu sehen. Strukturanalyse und Simulationen zeigen, dass die Strukturen nahezu optimale Parameter für eine maximale Laserabsorption aufweisen. Im folgenden Schritt wird dann der volle Laserpuls auf diese strukturierte Fläche fokussiert. Dr. Andrea Lübcke und ihre Kollegen haben diese Untersuchungen für verschiedene Laserintensitäten und bei einem Laserkontrast durchgeführt, der bei maximaler Laserintensität optimal ist. Zunächst konnte gezeigt werden, dass die Nanostrukturen bei diesen Kontrastverhältnissen auch bei höchsten Intensitäten zu einer Erhöhung der Laserabsorption und damit der Kα-Ausbeute führen (siehe Abb. 2a). Für relativ kleine Intensitäten konnten die Nanostrukturen sowohl die Konversionseffizienz als auch die Protonenenergie deutlich gegenüber dem unstrukturierten Target erhöhen. So wurde z. B. bei ˜5x10¹⁷ W/cm² die maximale Protonenenergie vervierfacht, die Konversionseffizienz von Laser- in Protonenenergie wurde sogar um mehr als 2 Größenordnungen erhöht. Für die höchsten Laserintensitäten und den gegebenen optimalen Laser-Plasma-Parametern wurde allerdings kein signifikanter Nutzen der Nanostrukturen für die Protonenbeschleunigung gemessen (Abb. 2b, c).
Die Physiker der Projektgruppe spekulieren, dass es einen Effekt geben könnte, der bei optimalen Laser-Plasma-Bedingungen den zusätzlichen Energietransfer in die schnellsten Elektronen beschränkt. Vollkommen überrascht ist das Team nicht von diesen Ergebnissen: Wie bei vielen Optimierungsproblemen, gibt es verschiedene Optimierungsansätze. Die Kombination von mehreren von ihnen führt in aller Regel nicht zu noch besseren Ergebnissen. Jedoch können diese Experimente in einem extremen Parameterbereich nicht in allen Facetten theoretisch simuliert werden. Somit ist es entscheidender Verdienst dieser Arbeit, klar gestellt zu haben, wann der Einsatz von Nanostrukturen lohnt und in welche Richtung neue theoretische Untersuchungen initiiert werden können.
Originalpublikation: Scientific Reports 7, 44030 (2017) doi:10.1038/srep44030
Prospects of target nanostructuring for laser proton acceleration
Andrea Lübcke, Alexander A. Andreev, Sandra Höhm, Rüdiger Grunwald, Lutz Ehrentraut, Matthias Schnürer
Kontakt:
Max-Born-Institut im Forschungsverbund Berlin e.V.
Max-Born-Straße 2A
12489 Berlin
Dr. Andrea Lübcke
Tel. +49 30 6392 1247
luebcke@mbi-berlin.de
Dr. Matthias Schnürer
Tel. +49 30 6392 1315
schnuerer@mbi-berlin.de
Abb. 1: Laserbeschleunigte Ionen, sichtbar gemacht in einer Wilsonkammer.
Abb. 2: Typische Rasterelektronenmikroskopieaufnahme der strukturierten Titanoberfläche (oben). Die Kα Ausbeute des strukturierten Targets (a) ist über den gesamten untersuchten Intensitätsbereich deutlich gegenüber dem unstrukturierten Target erhöht und zeigt, dass die Nanostrukturen auch bei höchsten Intensitäten wirken. Dahingegen sieht man, dass sich die Konversionseffizienzen (Energietransfer in schnelle Protonen) (b, logarithmische Skala) und die maximalen Protonenenergien (c) der beiden Targets für höchste Intensitäten angleichen.
Abb. 1: Laserbeschleunigte Ionen, sichtbar gemacht in einer Wilsonkammer.
Foto: MBI
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Abb. 2: Typische Rasterelektronenmikroskopieaufnahme der strukturierten Titanoberfläche (oben).
Abb.: MBI
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Elektrotechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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