Forschungsprojekt „Handlungsfähigkeit in der bundesdeutschen Flüchtlingsunterbringung“ ist gestartet
Fast 80.000 Menschen, vor allem aus den Kriegsgebieten in Syrien, aber auch aus Afrika und Osteuropa, kamen allein 2015 nach Berlin. In ganz Deutschland waren es 890.000 Schutzsuchende. Viele Kommunen standen damals vor der Herausforderung, in kürzester Zeit für die Geflüchteten Unterkünfte bereitzustellen. Die Fotos von im Freien kampierenden Menschen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin bebilderten das Problem. Die Frage, wie die Unterbringung, Versorgung und gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten gestaltet wird, ist für ein demokratisches Gemeinwesen von zentraler Bedeutung.
Hier setzt die Studie „Handlungsfähigkeit in der bundesdeutschen Flüchtlingsunterbringung“ an. Sie möchte mit Blick auf den spezifischen Sozialraum Flüchtlingsunterkunft untersuchen, wie sich die Art der Unterbringung auf die Bewohnerinnen und Bewohner und deren Möglichkeiten, unter diesen Bedingungen auch selbstbestimmt entscheiden und leben zu können, auswirkt. Aus diesem Grund steht die ganz persönliche Wahrnehmung der Geflüchteten ihrer Unterbringung im Vordergrund. Projektleiterin Dr. Judith Vey vom Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin: „Im Fokus meiner Forschung steht die Frage, wie die Geflüchteten in den meist von vielen Regeln bestimmten Lebensumständen dennoch eigene Handlungsmöglichkeiten ausloten und umsetzen. So besteht zum Beispiel ein großes Bedürfnis, sich etwas Eigenes kochen zu können und nicht über Wochen auf abgepackte Nahrung angewiesen zu sein oder sich durch das Abhängen der Etagenbetten so etwas wie eine Privatsphäre zu schaffen.“
Das Projekt wird von der Fritz Thyssen Stiftung für mindestens zwei Jahre gefördert. Ergebnis der Studie wird ein umfassendes Bild des Sozialraums Flüchtlingsunterkunft sein. Es werden dazu unterschiedliche Unterkunftsarten in ganz Deutschland untersucht, um die Auswirkungen der doch sehr unterschiedlichen Unterkünfte auf die Bewohnerinnen und Bewohner untersuchen zu können. Dazu werden Interviews mit den Geflüchteten geführt, jedoch auch ihr soziales Umfeld befragt wie zum Beispiel Unterkunfts- und Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter oder Unterstützergruppen aus der Lokalbevölkerung. Zudem werden einzelne Geflüchtete in ihrem Alltag begleitet oder sie können (Foto-)Tagebücher erstellen.
Seit Projektbeginn wurde eine Berliner Notunterkunft in einer Turnhalle genauer unter die Lupe genommen. In einem nächsten Schritt werden temporäre Flüchtlingsunterkünfte, sogenannte „Tempohomes“ in Berlin untersucht. Die Ergebnisse der Studie sollen über wissenschaftliche Kreise hinaus einem breiten Spektrum von Interessierten zugänglich gemacht werden, um fundiertes Wissen für zukünftige Entscheidungen in der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund ist geplant, zu jeder Unterbringungsart einen Bericht zu publizieren, in dem die Situation in der Unterkunft dargestellt wird und Handlungsempfehlungen für politisch und administrativ Verantwortliche gegeben werden.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Judith Vey
TU Berlin
Zentrum Technik und Gesellschaft
Tel.: 030 314-26066
E-Mail: vey@ztg.tu-berlin.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Politik
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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