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07.04.2017 15:00

ALMA gelingt Aufnahme eines stellaren Feuerwerks

ESO Science Outreach Network (Dr. Carolin Liefke) Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Bildveröffentlichung der Europäischen Südsternwarte (Garching) - Mit Sternexplosionen verbindet man in der Regel Supernovae, die spektakulären Explosionen am Lebensende von Sternen. Neue Beobachtungen mit ALMA geben nun jedoch Einblicke in Explosionen, die zu Beginn des Lebenszyklus eines Sterns stattfinden. Astronomen gelangen die einzigartigen Aufnahmen, als sie die feuerwerksähnlichen Überreste der Geburt mehrerer massereicher Sterne untersuchten, und konnten damit zeigen, dass nicht nur der Tod von Sternen, sondern auch ihre Entstehung ein brutaler und explosiver Prozess sein kann.

    In einer Entfernung von 1350 Lichtjahren liegt im Sternbild Orion eine dichte und aktive Sternentstehungsregion, die den Namen Orion-Molekülwolke 1 (OMC-1) trägt und Teil desselben Komplexes wie der bekannte Orionnebel ist. Sterne entstehen, wenn eine Gaswolke, deren Materieinhalt mehreren hundert Sonnenmassen entspricht, aufgrund ihrer eigenen Schwerkraft kollabiert. In den dichtesten Regionen entzünden sich Protosterne und beginnen sich willkürlich zu bewegen. Im Laufe der Zeit fallen manche Sterne zunehmend in Richtung eines gemeinsamen Schwerkraftzentrums, das in der Regel von einem besonders großen Protostern dominiert wird – kommen sie noch in die Nähe eines anderen Sterns, bevor sie die Sternentstehungsregion verlassen, können mitunter heftige Wechselwirkungen stattfinden.

    Vor etwa 100.000 Jahren begannen sich tief im Herzen von OMC-1 mehrere Protosterne zu bilden. Die zunehmende Schwerkraft hielt sie gegenseitig fest, wobei ihre Geschwindigkeit immer größer wurde, bis vor 500 Jahren zwei Sterne schließlich kollidierten. Astronomen sind sich nicht sicher, ob sie sich nur gegenseitig streiften oder ob sie frontal aufeinandergeprallt sind. Auf jeden Fall hatte der Zusammenstoß eine gewaltige Eruption zur Folge, die andere Protosterne in der Nähe und große Mengen Gas und Staub mit über 150 Kilometern pro Sekunde in den interstellaren Raum schleuderte. Dabei wurde so viel Energie frei, wie die Sonne in 10 Millionen Jahren emittiert.

    500 Jahre später gelang es einem Astronomenteam unter der Leitung von John Bally von der University of Colorado in den USA mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), tief in die Wolke hineinzublicken. Die Spuren der explosiven Geburt der massereichen Sterne, die sie dort zu Gesicht bekamen, hatten große Ähnlichkeiten mit einem gerade explodierten Feuerwerk, dessen bunte Farben sich in alle Richtungen ausbreiten.

    Man geht davon aus, dass solche Explosionen zu Beginn eines Sternlebens für astronomische Maßstäbe nur von vergleichsweise kurzer Dauer sind. Spuren von Explosionen wie jene, die mit ALMA beobachtet wurden, sind nur wenige hundert Jahre sichtbar. Trotz ihrer Vergänglichkeit kommen solche protostellaren Explosionen relativ häufig vor. Durch die Zerstörung der Wolke, in der sie geboren wurden, könnten diese Ereignisse auch dazu führen, dass die Geschwindigkeit, mit der Sternentstehung in solchen riesigen Molekülwolken stattfindet, abnimmt.

    Hinweise darauf, dass die in OMC-1 beobachteten Spuren von einer Explosion herrühren könnten, gab es erstmals bei Beobachtungen mit dem Submillimeter Array auf Hawaii im Jahr 2009. Mit dem Gemini-South-Teleskop in Chile untersuchten Bally und sein Team das Objekt auch im Nahinfraroten, wodurch die einzigartige Struktur der farbigen Ströme deutlich wurde, die sich von einem Ende zum anderen über fast ein Lichtjahr erstrecken.

    Deutlich wird die explosive Vergangenheit des Objektes jedoch vor allem durch die neuen hochauflösenden Aufnahmen von ALMA, die wichtige Details über die Verteilung und die hohe Geschwindigkeit des Kohlenstoffmonoxidgases (CO) innerhalb dieser Strukturen liefern. Solche Informationen werden es Astronomen ermöglichen, die zugrundeliegenden Kräfte zu verstehen und welchen Einfluss solche Ereignisse auf die Sternentstehung in der gesamten Galaxie haben könnten.

    Zusatzinformationen

    Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist einer der Hauptpartner bei ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das European Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

    Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

    Kontaktinformationen

    Carolin Liefke
    ESO Science Outreach Network - Haus der Astronomie
    Heidelberg, Deutschland
    Tel: 06221 528 226
    E-Mail: eson-germany@eso.org

    John Bally
    University of Colorado, USA
    E-Mail: john.bally@Colorado.EDU

    Richard Hook
    ESO Public Information Officer
    Garching bei München, Germany
    Tel: +49 89 3200 6655
    Mobil: +49 151 1537 3591
    E-Mail: rhook@eso.org


    Weitere Informationen:

    https://www.eso.org/public/germany/news/eso1711/ - Webversion der Meldung mit weiteren Bildern und Videos
    https://www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso1711/eso1711a.pdf - Fachartikel (Bally et al., im Astrophysical Journal).
    https://www.eso.org/public/germany/images/archive/category/alma/ - Fotos von ALMA


    Bilder

    Europäische Südsternwarte
    Europäische Südsternwarte

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    Dopplerverschiebung des Lichts von Kohlenstoffmonoxidgas im Millimeter-Wellenlängenbereich
    Dopplerverschiebung des Lichts von Kohlenstoffmonoxidgas im Millimeter-Wellenlängenbereich

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Europäische Südsternwarte


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