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12.04.2017 15:32

Grabungserfolg: Fast vollständiger Schädel einer Säbelzahnkatze entdeckt

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Schöningen/Tübingen, den 12.04.2017. Unter der Leitung von Wissenschaftlern des Senckenberg-Forschungsinstituts und von der Universität Tübingen hat das Grabungsteam Überreste einer Säbelzahnkatze in der Fundstelle Schöningen entdeckt. Untersuchungen der Schädelfragmente an der niederländischen Universität Leiden zeigen, dass es sich bei dem Tier um einen Vertreter der europäischen Säbelzahnkatze Homotherium latidens handelt. Durch den neuen Fund sind nun bereits drei Individuen der großen Raubkatzen aus Schöningen bekannt.

    Lange Krallen, messerscharfe, gekrümmte Eckzähne und die Größe eines ausgewachsenen Löwen: Säbelzahnkatzen (Homotherium latidens) waren Konkurrenten und wohl auch für den damaligen Menschen gefährliche Raubtiere. „Während unserer Grabung im Mai 2015 haben wir auffällige Knochenfragmente entdeckt“, erzählt Dr. Jordi Serangeli, Wissenschaftler an der Universität Tübingen und Grabungsleiter in der etwa 300.000 Jahre alten archäologischen Fundstelle und fährt fort: „Insgesamt gibt es nun drei Individuen von Homotherium in diesen relativ jungen Sedimentschichten.“

    Bis zum ersten Fund einer Säbelzahnkatze im Jahr 2012 in der niedersächsischen Fundstelle Schöningen ging man davon aus, dass die großen Raubkatzen bereits 200.000 Jahre früher, vor etwa 500.000 Jahren ausstarben. „Unser Fund zeigt, dass Säbelzahnkatzen vor 300.000 Jahren anscheinend nicht so selten waren, wie bisher angenommen“, ergänzt Serangeli.

    Die insgesamt elf Knochenfragmente konnten mittels Restaurierung 2016 von André Ramcharan und Ivo Verheijen an der Universität Leiden zu einem beinah vollständigen Hirnschädel zusammengesetzt werden. „Wir haben den wiederhergestellten Schädel dann mit heutigen und bereits ausgestorbenen Arten großer Fleischfresser verglichen und konnten so zeigen, dass es sich bei den Überresten um den Kopf einer europäischen Säbelzahnkatze handelt“, erläutert Prof. Dr. Thijs van Kolfschoten von der Universität Leiden.

    Der dritte Säbelzahnkatzen-Fund birgt großes Potential: Dank der herausragenden Erhaltung in der Grabung Schöningen spiegelt der Schädelinnenraum die Form und Struktur des Homotherium-Gehirns wider. Das Wissenschaftlerteam verspricht sich durch die Untersuchung der feinen Gehirnstrukturen Rückschlüsse auf das Seh- und Hörvermögen sowie das Fressverhalten der großen Katzen zu erhalten. „Für das Verständnis der europäischen Säbelzahnkatze ist das dritte Homotherium aus Schöningen von unschätzbarem Wert“, resümiert Prof. Nicholas Conard, Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment und Leiter des Instituts für ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen.

    In naher Zukunft möchte das internationale Team vom Projekt Schöningen seine Ergebnisse aus interdisziplinären Studien zu den drei bisherigen Säbelzahnkatzen-Funden veröffentlichen. „Wir gehen zudem davon aus, dass uns bei den zukünftigen Grabungen weitere Homotherium-Funde erwarten“, gibt Serangeli einen Ausblick.

    Mit den Grabungen in Schöningen ist ein zehnköpfiges Team dauerhaft beschäftigt – während der Hauptgrabungszeit kommen fünf bis zehn Studierende hinzu, die das wissenschaftliche Graben unterstützen. Weltweit forschen etwa 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 30 Institutionen und den unterschiedlichsten Disziplinen weltweit an den Funden aus Schöningen. Die Ausgrabungen werden vom Land Niedersachsen finanziert.

    Der spektakuläre Neufund wird im Rahmen der Sonderausstellung "Die Eiszeit-Jägerin" im paläon in Schöningen der Öffentlichkeit präsentiert. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Senckenberg, den internationalen Partnern und der paläon GmbH ist es möglich, spektakuläre wissenschaftliche Erkenntnisse zeitnah der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

    Kontakt
    Dr. Jordi Serangeli
    Universität Tübingen / Senckenberg HEP
    palaeon 1
    38364 Schöningen, Deutschland
    jordi.serangeli@uni-tuebingen.de
    Tel.: 0178 9219630

    Judith Jördens
    Pressestelle
    Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
    Tel. 069- 7542 1434
    pressestelle@senckenberg.de

    Pressebilder können kostenfrei für redaktionelle Berichterstattung verwendet werden unter der Voraussetzung, dass der genannte Urheber mit veröffentlicht wird. Eine Weitergabe an Dritte ist nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zulässig.

    Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch unter www.senckenberg.de/presse

    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de

    200 Jahre Senckenberg! 2017 ist Jubiläumsjahr bei Senckenberg – die 1817 gegründete Gesellschaft forscht seit 200 Jahren mit Neugier, Leidenschaft und Engagement für die Natur. Seine 200-jährige Erfolgsgeschichte feiert Senckenberg mit einem bunten Programm, das aus vielen Veranstaltungen, eigens erstellten Ausstellungen und einem großen Museumsfest im Herbst besteht. Natürlich werden auch die aktuelle Forschung und zukünftige Projekte präsentiert. Mehr Infos unter: www.200jahresenckenberg.de.

    Die Universität Tübingen gehört zu den elf deutschen Universitäten, die als exzellent ausgezeichnet wurden. In den Lebenswissenschaften bietet sie Spitzenforschung im Bereich der Neurowissenschaften, Translationalen Immunologie und Krebsforschung, der Mikrobiologie und Infektionsforschung sowie der Molekularbiologie. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Geo- und Umweltforschung, Archäologie und Anthropologie, Sprache und Kognition sowie Bildung und Medien. Mehr als 28.400 Studierende aus aller Welt sind aktuell an der Universität Tübingen eingeschrieben. Ihnen steht ein Angebot von rund 300 Studiengängen zur Verfügung – von der Ägyptologie bis zu den Zellulären Neurowissenschaften.

    Die Universität Leiden ist eine international ausgerichtete Universität mit erstklassiger, forschungsorientierter und akademischer Ausbildung in Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften. Die Universität Leiden hat 5,500 Mitarbeiter und 25,000 Studenten.


    Bilder

    Der fertig restaurierte Hirnschädel der europäischen Säbelzahnkatze.
    Der fertig restaurierte Hirnschädel der europäischen Säbelzahnkatze.
    © Univ. Tübingen / Senckenberg
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    Künstlerische Darstellung von Homotherium latidens.
    Künstlerische Darstellung von Homotherium latidens.
    © Mauricio Antón
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Der fertig restaurierte Hirnschädel der europäischen Säbelzahnkatze.


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    Künstlerische Darstellung von Homotherium latidens.


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