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30.09.1998 00:00

ÜBER 1 MILLIARDE JAHRE ALT: FOSSILE ZEUGNISSE GEFUNDEN

Michael Seifert Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

SCIENCE MAGAZIN BERICHTET
ÜBER 1 MILLIARDE JAHRE ALT: FOSSILE ZEUGNISSE GEFUNDEN

Washington D.C. - Forscher fanden den offenbaren Nachweis wurmartiger Tiere in Gestein, das über 1 Milliarde Jahre alt ist - ca. zweimal so alt als sämtliche früheren Entdeckungen von Zeugnissen multizellulärer Lebensformen. Diese Funde stellen eine neue Perspektive für den Beginn tierischen Lebens dar, dessen Anfang bisher typischerweise in einer plötzlichen Explosion während des frühen Kambriums vor ca. 540 Millionen Jahren vermutet wurde. Die Studie wird in der Ausgabe von Science vom 2. Oktober veröffentlicht.
Forscher an den Universitäten Tübingen und Yale sowie Jadavpur in Kalkutta entdeckten Tunnels, die anscheinend Grabungsgänge darstellen und zurückblieben, als frühe wurmartige Tiere sich durch Sandbetten unter einem flachen Meer, das einst das heutige Zentralindien bedeckte, schlängelten. Diese als "Spurenfossilien" bezeichneten Strukturen blieben bei der Versteinerung dieser Sandbetten vor 1,1 Milliarden Jahren erhalten. Vor dieser Entdeckung war das älteste bekannte, fossile Fundmaterial, das einen Nachweis multizellulärer Tiere darstellte, 580 Millionen Jahre alt.
Das Kambrium wird oft als "Big Bang" der Tierevolution angesehen, eine Zeit, in der eine Vielfalt von Organismen entstand, die ihre Spuren in der Form von Fossilien hinterließen. Ein wichtiges Argument für dieses Evolutionsmodell bestand darin, daß in Gesteinen, die älter als das Kambrium sind, keine multizellulären Organismen gefunden wurden. In einigen molekularen Studien wurde jedoch vorgeschlagen, daß Weichtiere schon lange vor dem Kambrium, eventuell schon vor 1 Milliarde Jahre, entstanden sein müssen. Die vorliegenden neuen, von Adolf Seilacher und seinen Kollegen berichteten Funde, untermauern die Nachweise, denen zufolge die Diversifikation von Tierbauplänen schon vor der kambrischen Explosion langsam begann.
Die Spurenfossilien sind im Chorhat-Sandstein konserviert, der Sandbetten enthält, die sich während Stürmen anlagerten. Die Oberflächen vieler Sandbetten waren von einer mikrobiellen Matte überspannt, die den Boden periodisch bedeckte und den darunter liegenden Sand vor den darüber herrschenden Strömungen(?) schützte. Die frühen wurmartigen Tiere wanderten möglicherweise etwas unter diesen Matten durch den Sand und benutzten sie als Nahrungs- und Sauerstoffquelle, da das Wasser innerhalb der Sandschichten wahrscheinlich "reduziert" oder sauerstoffarm war.
Eine wichtige und oft umstrittene Überlegung für Forscher, die Spurenfossilien analysieren, besteht darin, daß auch physikalische Vorgänge Muster in Sedimentärgesteinen hervorrufen, die den von Tieren hinterlassenen Spuren sehr ähnlich sein können. Laut Seilacher und seinen Kollegen sind die Chorhat-Funde aber am besten als Erzeugnisse grabender Tiere zu erklären. Die Durchmesser schwanken z.B. von Tunnel zu Tunnel, bleiben jedoch innerhalb jedes einzelnen Tunnels gleich. Die Tunnels ähneln auch nicht den üblicherweise durch physikalische Vorgänge verursachten Strukturen, sondern jüngeren Spurenfossilien, die bekanntermaßen von triploblastischen Tieren (d.h. Tieren, die sich wie Würmer aus einem Embryo entwickeln und drei äußere Membranen enthalten) verursacht wurden.
Die Autoren merken in ihrer Arbeit an, daß das Auftreten wurmartiger Tiere zu einem Zeitpunkt schon weit vor dem Kambrium darauf hinweise, daß sich die "Körperpläne von Tieren vor dem explosiven Auftauchen neuer Baupläne im präkambrischen/kambrischen Übergang und dem Beginn einer wettrüstungsartigen, darwinischen Evolution sehr wenig geändert hätten."


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Ergänzung vom 01.10.1998

SCIENCE MAGAZIN BERICHTET
ÜBER 1 MILLIARDE JAHRE ALT: FOSSILE ZEUGNISSE GEFUNDEN

Washington D.C. - Forscher fanden den offenbaren Nachweis wurmartiger Tiere in Gestein, das über 1 Milliarde Jahre alt ist - ca. zweimal so alt als sämtliche früheren Entdeckungen von Zeugnissen multizellulärer Lebensformen. Diese Funde stellen eine neue Perspektive für den Beginn tierischen Lebens dar, dessen Anfang bisher typischerweise in einer plötzlichen Explosion während des frühen Kambriums vor ca. 540 Millionen Jahren vermutet wurde. Die Studie wird in der Ausgabe von Science vom 2. Oktober veröffentlicht.
Forscher an den Universitäten Tübingen und Yale sowie Jadavpur in Kalkutta entdeckten Tunnels, die anscheinend Grabungsgänge darstellen und zurückblieben, als frühe wurmartige Tiere sich durch Sandbetten unter einem flachen Meer, das einst das heutige Zentralindien bedeckte, schlängelten. Diese als "Spurenfossilien" bezeichneten Strukturen blieben bei der Versteinerung dieser Sandbetten vor 1,1 Milliarden Jahren erhalten. Vor dieser Entdeckung war das älteste bekannte, fossile Fundmaterial, das einen Nachweis multizellulärer Tiere darstellte, 580 Millionen Jahre alt.
Das Kambrium wird oft als "Big Bang" der Tierevolution angesehen, eine Zeit, in der eine Vielfalt von Organismen entstand, die ihre Spuren in der Form von Fossilien hinterließen. Ein wichtiges Argument für dieses Evolutionsmodell bestand darin, daß in Gesteinen, die älter als das Kambrium sind, keine multizellulären Organismen gefunden wurden. In einigen molekularen Studien wurde jedoch vorgeschlagen, daß Weichtiere schon lange vor dem Kambrium, eventuell schon vor 1 Milliarde Jahre, entstanden sein müssen. Die vorliegenden neuen, von Adolf Seilacher und seinen Kollegen berichteten Funde, untermauern die Nachweise, denen zufolge die Diversifikation von Tierbauplänen schon vor der kambrischen Explosion langsam begann.
Die Spurenfossilien sind im Chorhat-Sandstein konserviert, der Sandbetten enthält, die sich während Stürmen anlagerten. Die Oberflächen vieler Sandbetten waren von einer mikrobiellen Matte überspannt, die den Boden periodisch bedeckte und den darunter liegenden Sand vor den darüber herrschenden Strömungen schützte. Die frühen wurmartigen Tiere wanderten möglicherweise etwas unter diesen Matten durch den Sand und benutzten sie als Nahrungs- und Sauerstoffquelle, da das Wasser innerhalb der Sandschichten wahrscheinlich "reduziert" oder sauerstoffarm war.
Eine wichtige und oft umstrittene Überlegung für Forscher, die Spurenfossilien analysieren, besteht darin, daß auch physikalische Vorgänge Muster in Sedimentärgesteinen hervorrufen, die den von Tieren hinterlassenen Spuren sehr ähnlich sein können. Laut Seilacher und seinen Kollegen sind die Chorhat-Funde aber am besten als Erzeugnisse grabender Tiere zu erklären. Die Durchmesser schwanken z.B. von Tunnel zu Tunnel, bleiben jedoch innerhalb jedes einzelnen Tunnels gleich. Die Tunnels ähneln auch nicht den üblicherweise durch physikalische Vorgänge verursachten Strukturen, sondern jüngeren Spurenfossilien, die bekanntermaßen von triploblastischen Tieren (d.h. Tieren, die sich wie Würmer aus einem Embryo entwickeln und drei äußere Membranen enthalten) verursacht wurden.
Die Autoren merken in ihrer Arbeit an, daß das Auftreten wurmartiger Tiere zu einem Zeitpunkt schon weit vor dem Kambrium darauf hinweise, daß sich die "Körperpläne von Tieren vor dem explosiven Auftauchen neuer Baupläne im präkambrischen/kambrischen Übergang und dem Beginn einer wettrüstungsartigen, darwinischen Evolution sehr wenig geändert hätten."


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Geowissenschaften, Informationstechnik
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch


 

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