Für das Polyen-Waffenarsenal von Ständerpilzen ist ein einziges Enzym zuständig
Um den Appetit von Insektenlarven zu bremsen, produzieren Pilze als Abwehrstoff langkettige ungesättigte Carbonsäuren. Ein einziges Enzym ist für die Herstellung dieser Polyene zuständig, wie ein Wissenschaftler-Team aus Deutschland jetzt herausgefunden hat. Das Enzym ist in der Lage, sämtliche Doppelbindung in der Kohlenstoffkette zu verschieben, erläutern die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie. Es repräsentiert damit einen noch uncharakterisierten Verwandtschaftszweig unter den Polyketidsynthasen.
Pilze ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenresten und erfüllen eine wichtige Rolle im Kohlenstoffkreislauf. Sie stehen aber auch selbst auf der Speisekarte, zum Beispiel von Insektenlarven und vielen weiteren Waldbewohnern. Pilze haben sich daher ein großes chemisches Waffenarsenal zur Verteidigung zugelegt. Der von Dirk Hoffmeiser und seinem Team von der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersuchte Schichtpilz setzt gegen Larvenfraß auf Polyene, die im Bereich der verletzten Stellen gebildet werden und bei den Larven die Verpuppung hemmen. Die Wissenschaftler haben jetzt den einzigartigen Biosyntheseweg dieser Polyene entdeckt.
Der im Labor untersuchte Pilz namens BY1 produziert zwei charakteristische verzweigtkettige ungesättigte Carbonsäuren. Diese Polyene sind nicht aus Isopren-Bausteinen zusammengesetzt, die das Grundgerüst für viele gängige langkettige Verbindungen wie etwa den Grundkörper des Naturkautschuk bilden. Vielmehr gehören sie zu den Polyketiden, eine verbreitete Klasse von Naturstoffen, und enthalten eine Reihe von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen, sie sind „ungesättigt“. Ungewöhlich ist jedoch die Verschiebung der Doppelbindungen relativ zur Abfolge der ursprünglichen Einheiten, der Acetat-Bausteine. Den Bildungsweg, der zu solchen versetzten Doppelbindungen führt, kannte man bislang nicht.
Wie die Hoffmeister und seine Kollegen berichten, ist für die Verschiebung sämtlicher Doppelbindungen eine einzige Polyketidsynthase (PKS) zuständig. Die PKS werden im Pflanzen- und Pilzreich zur Produktion sehr unterschiedlicher Naturstoffe verwendet, aber der hier beobachtete Mechanismus ist ungewöhnlich, heben die Autoren hervor: „Dies ist der erste Bericht über eine verletzungsinduzierte PKS- Genexpression und den Verschub vieler Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen, der durch eine einzelne PKS katalysiert wird.“ Ein einzelnes Enzym spielt hier sozusagen der Waffenmeister des Pilzes.
Die Wissenschaftler identifizierten dieses Enzym in einem eigenständigen, bisher wenig erforschten Verwandtschaftszweig unter den PKS-Enzymen verschiedener Pilze. Um diese Einordnung zu beweisen, rekonstituierten sie die Polyen-Biosynthese im Modellpilz Aspergillus niger. Dadurch produzierte auch dieser Schimmelpilz die beiden ungewöhnlichen Polyen-Carbonsäuren. Die Autoren nehmen an, dass diese Abwehrstrategie mit Polyenen eine weit verbreiteter Mechanismus der Ständerpilze ist.
Angewandte Chemie: Presseinfo 14/2017
Autor: Dirk Hoffmeister, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Germany), http://www.pharmazie.uni-jena.de/Institut/Pharmazeutische+Mikrobiologie/Prof_+Dr...
Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201700767
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Ein Enzym verschiebt Doppelbindungen und bremst dadurch den Appetit von Insektenlarven.
(c) Wiley-VCH
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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