idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.05.2017 01:01

Zebras: Immer der Erinnerung nach

Sabine Wendler Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Frankfurt am Main, den 23.05.2017. Zebras folgen ihrer Erinnerung, um auf der alljährlichen Wanderung während der Regenzeit ihr Ziel zu erreichen. Entscheidend für ihre Route ist die Erinnerung daran, wie die Vegetation am Zielort durchschnittlich in der Vergangenheit ausgesehen hat. Die unterwegs vorgefundende Vegetation und deren kurzfristige Wahrnehmung spielt für die Richtung eine untergeordnete Rolle. Das berichtet ein Senckenberg-Forscherteam ¬im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“. Die Wanderrouten großer Landsäugetiere wie Zebras könnten daher weniger flexibel sein als bisher angenommen wurde.

    Es ist ein gewaltiges Schauspiel: Alljährlich wandern im südlichen Afrika tausende Gnus, Gazellen und Zebras im Rhythmus der Regen- und Trockenzeiten in neue Weidegründe und zurück. Auf der Suche nach ausreichend nahrhaftem Futter nehmen die Landsäugetiere dabei weite Strecken auf sich. Aber woher wissen die Tiere, wohin sie wandern müssen?

    Dr. Chloe Bracis, Wissenschaftlerin am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, hat herausgefunden, dass bei Zebras bereits gemachte Erfahrungen den Weg weisen: „Zebras wandern zu dem Ort, an dem in der Vergangenheit durchschnittlich die besten Umweltbedingungen wie beispielsweise Futterangebot vorgeherrscht haben. Ihr „Kompass“ ist ihre Erinnerung an Gegebenheiten am Zielort, die aber teilweise erst nach ihrer tatsächlichen Ankunft eintreten.“ Die für andere Langstreckenzieher wichtige kurzfristige Wahrnehmung lokaler Umweltbedingungen auf dem Weg ist bei Zebras, wenn es darum geht, den Zielort zu erreichen, eher unbedeutend.

    Für die Studie haben Bracis und ihr Kollege Thomas Müller den Weg von Zebras simuliert, die von November bis Dezember 2007 und 2008 rund 250 Kilometer vom Okavangodelta, Botswana, in die südlichen Makgadikgadi-Graslandschaften gezogen sind. „Wir haben zwei Mechanismen getestet: Entweder die simulierten Zebras orientierten sich an der gegenwärtigen Vegetation und damit Futterquellen, die sie in verschiedenen Entfernungen wahrnehmen können. Oder die simulierten Zebras wählten das Ziel danach aus, welche Vegetation und damit Futter sie an verschiedenen Orten Monate später voraussichtlich vorfinden würden. Grundlage ist hier die Erinnerung an in den Jahren zuvor gemachte Erfahrungen“, erläutert Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

    Anschliessend wurde die Simulation mit der Route echter Zebras abgeglichen, deren Weg andere Forscherteams per GPS-Halsband verfolgt hatten. Modell-Zebras, die der Erinnerung folgten, kamen bis zu viermal näher ans tatsächliche Ziel der echten Zebras als Modell-Zebras, die sich anhand ihrer Wahrnehmung orientierten. „Das trifft sogar zu, wenn man modelliert, dass die Zebras unbegrenzt weit Vegetationsveränderungen wahrnehmen können“, so Bracis. Sie fährt fort: „Die Wahrnehmung ist aber trotzdem wichtig. Andere Studien haben gezeigt, dass sie wahrscheinlich die Geschwindigkeit und den Zeitpunkt der Wanderung bestimmt, nur eben nicht das Ziel“.

    Die Reise der Zebras könnte durch den Klima- und Landnutzungswandel im südlichen Afrika massiv gestört werden. Erst 2004 wurde ein Zaun abgebaut, der die in der Studie beobachtete Zebrawanderung seit den 60er-Jahren blockiert hatte. Mit ihrer Studie wollen die Forschenden daher auch zum besseren Schutz großer Landsäuger wie Zebras beitragen. „Nur wenn man weiß, wie große Landsäuger wandern, kann man ihre Routen auch effizient schützen. Wenn die Erinnerung an vergangene Zustände am Zielort maßgeblich ist, könnten die Routen selbst relativ festgelegt sein“, resümiert Müller.

    Kontakt

    Dr. Chloe Bracis
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum &
    Goethe-Universität Frankfurt
    Tel. 069- 7542 1846
    Chloe.bracis@senckenberg.de

    Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum &
    Goethe-Universität Frankfurt
    Tel. 069- 7542 1889
    Thomas.mueller@senckenberg.de

    Sabine Wendler
    Pressestelle
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
    Tel. 069- 7542 1818
    Sabine.wendler@senckenberg.de

    Publikation

    Bracis, C., Mueller, Th. (2017): Memory, not just perception plays an important role in terrestrial mammal migration. Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2017.0449

    Die Pressebilder können kostenfrei für redaktionelle Berichterstattung zu dieser Pressemeldung verwendet werden unter der Voraussetzung, dass der genannte Urheber mit veröffentlicht wird. Eine Weitergabe an Dritte ist nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zulässig.

    Die Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch unter www.senckenberg.de/presse

    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr 200 Jahren. Ausstellungen und Museen sind die Schaufenster der Naturforschung, durch die Senckenberg aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse mit den Menschen teilt und Einblicke in vergangene und gegenwärtige Veränderungen der Natur vermittelt. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie weiteren Sponsoren und Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.

    200 Jahre Senckenberg! 2017 ist Jubiläumsjahr bei Senckenberg – die 1817 gegründete Gesellschaft forscht seit 200 Jahren mit Neugier, Leidenschaft und Engagement für die Natur. Seine 200-jährige Erfolgsgeschichte feiert Senckenberg mit einem bunten Programm, das aus vielen Veranstaltungen, eigens erstellten Ausstellungen und einem großen Museumsfest im Herbst besteht. Natürlich werden auch die aktuelle Forschung und zukünftige Projekte präsentiert. Mehr Infos unter: www.200jahresenckenberg.de.


    Bilder

    Zebras machen sich ihre Erinnerung zunutze, um ans Ziel ihrer alljährlichen Wanderung zu kommen.
    Zebras machen sich ihre Erinnerung zunutze, um ans Ziel ihrer alljährlichen Wanderung zu kommen.
    Copyright: Thomas Müller
    None

    Zebraherde in der afrikanischen Savanne.
    Zebraherde in der afrikanischen Savanne.
    Copyright: Thomas Müller
    None


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung zum Download

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Zebras machen sich ihre Erinnerung zunutze, um ans Ziel ihrer alljährlichen Wanderung zu kommen.


    Zum Download

    x

    Zebraherde in der afrikanischen Savanne.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).