Welche Rolle haben Mineralien im Meeresboden gespielt, als ein Seebeben vor Sumatra eine riesige Tsunamiwelle auslöste? Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat jetzt Beweise dafür gefunden, dass dehydrierte Minerale im Meeresboden-Sediment die Stärke des Sumatra-Erdbebens am 26. Dezember 2004 beeinflusst haben könnten. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden jetzt unter der Leitung von Dr. Andre Hüpers (MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen) im Fachmagazin Science veröffentlicht.
Das Erdbeben mit einer Magnitude von 9,2 hat einen Tsunami verursacht, der die östlichen Küsten des Indischen Ozeans stark verwüstete und bei dem über 250.000 Menschen ums Leben kamen. Um den Ursachen des außergewöhnlich starken Erdbebens auf den Grund zu gehen, wurde im Rahmen des internationalen Bohrprogramms IODP (International Ocean Discovery Program) eine Tiefseebohrung vor der Küste Sumatras organisiert. Forschende der Universitäten Southamtopn (Großbritannien) und Colorado School of Mines (USA) haben die Fahrt in den Indischen Ozean geleitet.
Dabei hat das Team an Bord des Forschungsschiffes JOIDES RESOLUTION zum ersten Mal Proben von den Gesteinen der ozeanischen Kruste und den darauf liegenden Sedimenten genommen, die in die Sunda-Subduktionzone eingetragen werden. In einer Subduktionszone kollidieren zwei tektonische Platten, wobei eine ozeanische Platte unter eine andere tektonische Platte abtaucht. Entlang der Gleitfläche zwischen den Platten entstehen immer wieder starke Erdbeben, die zu Tsunamis führen können.
„Der Tsunami im Indische Ozan 2004 wurde durch ein ungewöhnlich starkes Erdbeben mit einer großen Bruchfläche ausgelöst. Wir wollten mehr über die Ursache solch eines Starkbebens und des darauf folgenden Tsunamis wissen, um dann herauszufinden, welche Folgen dies für andere Regionen mit ähnlichen geologischen Bedingungen hat“, sagt die wissenschaftliche Co-Fahrtleiterin Prof. Dr. Lisa McNeill von der Universität Southampton.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten in ihrer Studie von wasserhaltigen Mineralen im Sediment, die gewöhnlich in der Subduktionszone ihr Wasser abgeben. Dieser Entwässerungsprozess, der von Temperatur und Sedimentzusammensetzung abhängig ist, beeinflusst das Auftreten und die Ausbreitung des Bruches zwischen den beiden Erdplatten und damit die Erbebenstärke.
Mit neuesten Methoden ist es dem Team gelungen, den Tiefseeboden bis in eine Tiefe von 1,5 Kilometer zu beproben. Anschließend haben die Forschenden an Bord des Forschungsschiffes die Sedimentzusammensetzung sowie die chemischen, thermischen und physikalischen Eigenschaften bestimmt. Weiter wurde das Verhalten der Sedimente auf dem Weg zur 250 Kilometer entfernten Subduktionszone simuliert, auf dem es in größere Tiefen versenkt wird und höhere Temperaturen ausgesetzt ist, da die Sedimentmächtigkeit auf vier bis fünf Kilometer anwächst.
Die Forschenden haben herausgefunden, dass die Sedimente am Meeresboden aus erodiertem Material des Himalayas sowie des Tibetischen Plateaus bestehen und tausende Kilometer über Flüsse in den Ozean transportiert wurden. Diese Sedimente sind dick genug, um sehr heiß zu werden. Als Folge verlieren die Mineralien gebundenes Wasser, sie entwässern, noch bevor sie die Subduktionszone erreicht haben. Dies führt zu ungewöhnlich festem Material, in dem sich der Bruch weit bis an die äußere Grenze der Subduktionszone ausbreiten kann. Diese große Bruchfläche verursacht die ungewöhnliche Stärke des Erdbebens.
„Unsere Ergebnisse zeigen, warum die Bruchzone des Sumatra-Erdbebens 2004 so gewaltig war. Andere Subduktionszonen mit vergleichbarem Sedimenteintrag und hohen Temperaturen könnten ebenfalls von solch einem starken Erdbeben betroffen sein“, sagt Erstautor Andre Hüpers. „Dies ist besonders wichtig für Subduktionszonen, für die wir nur geringe oder gar keine historisch belegten Erdbeben kennen. Darum ist hier das Potenzial für starke Erdbeben unbekannt. Erdbeben in Subduktionszonen haben gewöhnlich eine Wiederholungsrate von hunderten bis tausenden Jahren. Daher ist unser Wissen über einige Subduktionszonen begrenzt.“
Vergleichbare Subduktionszonen existieren in der Karibik (Kleine Antillen), vor der Küste Irans und Pakistans (Makran) und der Westküste der USA (Cascadia). Das Team wird in den kommenden Jahren die gesammelten Proben und Daten weiter auswerten. Dazu werden weiterführende Laborexperimente und numerische Simulationen durchgeführt, in denen das Potenzial für weitere starke Erdbeben in Sumatra und vergleichbareren Subduktionzonen untersucht wird.
Kontakt:
Dr. Andre Hüpers
Telefon:0421-218 65814
E-Mail: ahuepers@marum.de
Originalveröffentlichung:
Andre Hüpers, Marta E. Torres, Satoko Owari, Lisa C. McNeill, Brandon Dugan, Timothy J. Henstock, Kitty L. Milliken, Katerina E. Petronotis, Jan Backman, Sylvain Bourlange, Farid Chemale, Jr. Wenhuang Chen, Tobias A. Colson, Marina C.G. Frederik, Gilles Guèrin, Mari Hamahashi, Brian M. House, Tamara N. Jeppson, Sarah Kachovich, Abby R. Kenigsberg, Mebae Kuranaga, Steffen Kutterolf, Freya L. Mitchison, Hideki Mukoyoshi, Nisha Nair, Kevin T. Pickering, Hugo F.A. Pouderoux, Yehua Shan, Insun Song, Paola Vannucchi, Peter J. Vrolijk, Tao Yang, Xixi Zhao: Release of mineral-bound water prior to subduction tied to shallow seismogenic slip off Sumatra. Science 2017, DOI: 10.1126/science.aal3429
Weitere Informationen / Bildmaterial:
Ulrike Prange
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0421 218 65540
E-Mail: medien@marum.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch
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