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15.06.2017 11:00

Stammesgeschichte - Frühe Explosion der Artbildung

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Die frühe Evolution der Tiere verlief rasanter als gedacht: Analysen legen nahe, dass die ersten Stämme nach erdgeschichtlichen Maßstäben kurz nacheinander entstanden – und zwar schon, bevor die Erde vor etwa 700 Millionen Jahren global vereiste.

    Fossile Funde beweisen, dass zu Beginn des Kambriums vor etwa 540 Millionen Jahren bereits Vertreter fast aller heutigen Tierstämme existierten. Diese Fossilien besitzen aber bereits komplexe Morphologien, sodass die Ursprünge der Tiere deutlich weiter zurückliegen müssen. Sicher zugeordnete und datierte Fossilien aus früheren Epochen sind allerdings nur sehr spärlich vorhanden. Wissenschaftler aber brauchen verlässliche Schätzungen über das geologische Alter der Tiere und ihrer ältesten Untergruppen, der Schwämme, Nesseltiere, Rippenquallen und Plattentiere, um sagen zu können, wie der Stammbaum der Tiere sozusagen an seiner Wurzel aussieht. Dr. Martin Dohrmann und Professor Gert Wörheide vom Lehrstuhl für Paläontologie und Geobiologie der LMU haben deshalb mithilfe einer sogenannten molekularen Uhr die frühe Evolution der Tiere untersucht und abgeschätzt, wann die ältesten Tierstämme entstanden. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachjournal Scientific Reports.

    Das Prinzip der molekularen Uhr beruht darauf, dass sich im Verlauf der Evolution genetische Veränderungen im Erbgut ansammeln. Spalten sich zwei Stammeslinien von einem gemeinsamen Vorfahren ab, unterscheidet sich ihr Erbgut deshalb umso mehr, je länger die Trennung zurückliegt. „Wir haben für unsere Analysen genetische Daten von heute lebenden Tieren mit Informationen von gut datierten Fossilien aus späteren Epochen kombiniert und in einem aufwändigen Verfahren mit komplexen Computeralgorithmen analysiert“, sagt Dohrmann. Für ihre Studie stand den Forschern ein ungewöhnlich großer Datensatz zur Verfügung, der 128 in Proteine übersetzte Gene von 55 Arten umfasst. Diese Daten repräsentieren alle Großgruppen und insbesondere früh abzweigende Stämme der Tiere.

    Die Ergebnisse bestätigten frühere Studien, die den Ursprung der Tiere auf das sogenannte Neoproterozoikum datieren, also auf etwa 1000 bis 540 Millionen Jahre vor unserer Zeit. Zur Überraschung der Wissenschaftler legten ihre Analysen allerdings nahe, dass sich die frühen Tierstämme sowie die ersten Vorfahren der Zweiseitentiere, der sogenannten Bilateria, nicht nach und nach über sehr lange Zeiträume von einem gemeinsamen Vorfahren abgespalten haben, sondern alle innerhalb von etwa 50 Millionen Jahren entstanden sind. Das ist in geologischen Maßstäben gesehen ein äußerst kurzer Zeitraum. „Zudem fand diese evolutionäre Aufspaltung interessanterweise vor der Ära der sogenannten „Schneeball-Erde" statt, einer Zeit langfristiger globaler Vereisungen, die etwa 720-635 Millionen Jahre zurückliegt“, sagt Dohrmann. Als nächsten Schritt brauche es nach Ansicht der Wissenschaftler zusätzliche Analysen mit anderen Datensätzen und weiter verbesserte Methoden, um biologisch noch realistischere, präzisere und schnellere Algorithmen für die weitere Überprüfung der neuen Erkenntnisse zu entwickeln. „Um schließlich auch fundierte Aussagen über das Aussehen und die Lebensweise der frühen Tiere machen zu können, brauchen wir außerdem noch mehr Erkenntnisse über die Umweltbedingungen im Neoproterozoikum sowie mehr Fossilien aus dieser Zeit, die sich eindeutig zuordnen lassen“, sagt Wörheide.
    Scientific Reports 2017

    Publikation
    Dating early animal evolution using phylogenomic data
    Martin Dohrmann and Gert Wörheide
    Scientific Reports 2017

    Kontakt:
    Prof. Dr. Gert Wörheide
    Department für Geo- und Umweltwissenschaften
    Paläontologie & Geobiologie
    Telefon: +49 (0) 89 2180 6718
    E-Mail: woerheide@lmu.de
    Web: http://www.palaeontologie.geowissenschaften.uni-muenchen.de/personen/lehrstuhlin...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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