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18.08.2003 10:41

Studie der Uni Bremen: Wie ähnlich sind sich die Sprachen dieser Welt?

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    In den 80-er Jahren war die wissenschaftliche Welt der vergleichenden Sprachforscher noch in Ordnung. Man war sich einig: Konzepte sind überall auf der Welt gleich, so dass in allen Sprachen Begriffe gleich oder ähnlich gebildet und verwendet werden. Diese These ist von Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus dem Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Bremen jetzt widerlegt worden. Unter der Leitung von Professor Thomas Stolz wurden in einem groß angelegten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Schwerpunktprogramm "Sprachtypologie" geförderten Projekt 300 Sprachen überprüft. Das Ergebnis: Die Strukturen und Kategorien in den untersuchten Sprachen unterscheiden sich zum Teil ganz erheblich. Die These, dass die Strukturen aller Sprachen auf dem Globus identisch sind, ist damit falsifiziert. Die Bremer Sprachforscher haben gleichzeitig herausgefunden, dass dennoch Ähnlichkeiten in den vorsprachlichen Denkstrukturen aller Völker existieren. Es gibt gleichsam eine mentale Landkarte mit sprachlichen Konzepten, die weltweit vergleichbar sind.

    Professor Stolz und sein Team haben bei ihren Vergleichsstudien die Präposition "mit" untersucht. Präpositionen sind Schlüsselworte für die vergleichende Sprachforschung. Im Deutschen wird "mit" in zweifacher Hinsicht verwendet. Einmal, um auszudrücken, dass man ein Instrument benutzt, um eine Tätigkeit auszuführen ("Ich habe das Ei mit dem Löffel gegessen"). Die Präposition "mit" findet aber auch dann Anwendung, wenn kein Instrument benutzt, sondern etwas gemeinsam mit einer anderen Person getan wird ("Ich rede mit Ihnen über das Wetter"). Das Deutsche verwendet - ebenso wie das Englische, Spanische oder Italienische - die Präposition "mit" für Instrumente und für Begleitung. Bei der Untersuchung von 300 gesprochenen Sprachen fanden die Bremer Forscher heraus, dass bei 80 Prozent der Sprachen die beiden Kategorien (Begleitung und Instrument) auseinander gehalten werden. Die Sprachen außerhalb Europas haben dafür jeweils eigene, getrennte Ausdrücke. Die europäischen Sprachen stellen insofern Ausnahmen dar.

    Die Bremer Linguisten haben bei ihrem Sprachvergleich auch die Präposition "ohne" als negatives Spiegelbild zu "mit" untersucht - ebenfalls mit interessanten Ergebnissen: Hier differenzieren die Sprachen nämlich meistens nicht zwischen Begleitung ("Ich spreche ohne Dich über das Wetter") und Instrument ("Ich esse das Ei ohne Löffel"). Diesen Befund wertet Professor Thomas Stolz als Indiz dafür, dass es ? metaphorisch gesprochen - "mentale Landkarten" gibt. Auf den Landschaften mit den verschiedenen sprachlichen Konzepten tauchen - über alle Sprachräume hinweg - Kategorien als kognitive Nachbarn auf. Die Kategorien Instrument und Begleitung sind solche Nachbarn. Andere in der Denkwelt aller Sprachen benachbarte Kategorien sind zum Beispiel Ort, Zeit oder auch Besitztum.

    Sprachstrukturen, so die Schlussfolgerung der Bremer Sprachforscher, entwickeln sich nicht willkürlich, sondern funktionieren nach bestimmten Mustern. Über das Zustandekommen dieser Muster und die Kartografie der "Mental Map" wissen die vergleichenden Sprachforscher bisher sehr wenig - die vergleichende Sprachforschung steht erst am Beginn ihrer Arbeit.

    Weitere Informationen:

    Universität Bremen
    Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften
    Prof. Dr. Thomas Stolz
    Tel. 0421 / 218 7564 oder ? 4993
    E-Mail: stolz@uni-bremen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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