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18.08.2003 14:57

Humangenetik - die Kristallkugel des 21. Jahrhunderts

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Bundeskongress "Gute Gene - schlechte Gene?" vom 15. bis 17. September in Bremen: mit Experten und Expertinnen aus Israel, Zypern, China, USA und Kanada

    Zu gern wüssten die Menschen um ihre Zukunft, hätten sie gern in der Hand: Wie alt werden wir, welche Krankheiten drohen uns, können wir sie abwehren? Früher mussten Tarot-Karten Auskunft geben. Die Kristallkugel des 21. Jahrhunderts heißt Humangenetik: Sie verspricht Gewissheit wie Einflussnahme auf das eigene Schicksal und das anderer.

    Das Thema geht nicht nur Fachkreise, sondern die Gesellschaft und ihr Selbstverständnis insgesamt an: Wollen wir das Machbare tun, oder ist Selbstbescheidung richtiger? Ist beispielweise Behinderung akzeptabel, wenn doch Gesundheit planbar scheint? An solchen Fragen setzt der Kongress "Gute Gene - schlechte Gene?" an. Vom 15. bis zum 17. September diskutieren in Bremen 35 ausgewiesene Forscher verschiedener Disziplinen mit der Praxis der Gentechnologie in Deutschland und der Welt, ihren ethischen und politischen Konsequenzen.

    Ausgerichtet wird der Kongress von der Landeszentrale für politische Bildung, Bremen und der Bundeszentrale, Bonn. Ihr Anliegen ist es, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Diskussion in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Dabei ist die Tagung gezielt ergebnisoffen. Brisante Kongressthemen: der isländische Ansatz, ein Unternehmen eine kommerzielle Datenbank aufbauen zu lassen, oder die zypriotischen und chinesischen Eugenik-Modelle. Doch auch in der Bundesrepublik gibt es Ansätze, die Diskussionen herausfordern, wie zum Beispiel die genetische Beratung und entsprechende Tests.

    Immerhin 40.000 Menschen nahmen in den vergangenen 30 Jahren das Serviceangebot des Zentrums für Humangenetik an der Bremer Universität wahr. Ihr Ziel: sich etwa zu vergewissern, ob sie ein gesundes Kind bekommen werden oder das Risiko einer Krebserkrankung abzuschätzen. Ein verständliches Anliegen, für das die Angebote wegen wachsender wissenschaftlicher Möglichkeiten zunehmen werden - auch von kommerziellen Anbietern. Studien zeigen, dass die Nutzung genetischer Tests von Anbietern steuerbar ist, berichtet der Chef des Zentrums, Professor Jörn Bullerdiek. Umfassende Aufklärung über die Aussagemöglichkeiten bestimmter Tests sowie Bedenkzeit vor dem Test "führte zu einem Rückgang der Inanspruchnahme". Konsequenz für Bullerdiek: Die eigenverantwortliche Entscheidung für oder gegen Tests "setzt Beratungsangebote voraus, die unabhängig von kommerziellen Interessen" sind.

    Die Gentechnik als Herausforderung: Kann sich der Mensch mit Hilfe der Genetik neu erfinden? Wo hört Science-Fiction auf, wo beginnt die Realität? Wie wirken staatliche Eugenik-Programme auf Zypern und in China? Embryos für die Forschung - wann ist der Mensch ein Mensch? Diese und weitere Fragen werden auf dem Kongress diskutiert:

    Aus dem Kongressprogramm:

    · Dürfen Embryonen zu Forschungszwecken genutzt werden?
    Der Humangenetiker und Vorsitzende der israelischen Bioethikkommission Michel Revel (Weizman Institute for Science) diskutiert mit Hans-Jochen Vogel (Bundesjustizminister a.D.) und anderen.

    · Wie steht es um die kommerzielle Nutzung von Genen? Kari Stefánsson, Island (angefragt), berichtet über ein Modell, nach dem sein Unternehmen eine Datenbank mit Genen aller Isländerinnen und Isländer aufbauen und nutzen darf.

    · Ohnmächtige Politik und mächtige Genforschung
    Der Moraltheologe Dietmar Mieth (Universität Tübingen) fordert eine Bioethik als Richtschnur für eine überforderte Politik.

    · Humangenetik gestern und heute
    Schon die Eugeniker des 19. Jahrhunderts wollten mit Heiratseinschränkungen erreichen, dass sich nur die in ihren Augen "Wertvollen" fortpflanzen. Die Nationalsozialisten erklärten die Eugenik zum Staatsprogramm. Millionen angeblich erblich belasteter Menschen wurden sterilisiert und getötet. Der Humangenetiker Gerhard Wolff (Universität Freiburg) versucht eine Standortbestimmung vor dem historischen Hintergrund.

    · Eugenikprogramme in Zypern und China
    Auch heute gibt es Länder mit staatlichen Eugenikprogrammen, zum Beispiel Zypern oder China. Zum ersten Mal in Deutschland diskutieren Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf dem Kongress das zypriotische Eugenik-Programm und seine ethischen Auswirkungen: Dr. Michael Angastiniotis (Thalassämie-Zentrum, Nikosia), Prof. Dr. Ruth Schwartz Cowan (University of Pennsylvania, USA).

    · Präimplantationsdiagnostik: Chancen und Grenzen
    Die - in Deutschland noch verbotene - genetische Untersuchung von künstlich gezeugten Embryonen vor dem Einsetzen in den Mutterleib (PID) verlegt die Auslese in die Petrischale. "Müssen die Eltern die Verantwortung für die Genetik der Kinder übernehmen?", fragt der belgische Humangenetiker Jean-Pierre Fryns. Ansätze einer feministischen Bioethik stellt die Philosophin Kathryn Morgan (Universität Toronto) vor.

    Hintergrundmaterial, Informationen zum Kongress und Anmeldeformulare: www.bpb.de (Bundeszentrale für politische Bildung)

    Offen für alle Interessierten
    Kongressgebühren: 60 Euro (ermäßigt 30 Euro)
    Anmeldungen bis zum 1. September bei:
    Agentur CTS text-line, Christiane Toyka-Seid,
    Königswinterer Straße 5, 53639 Königswinter,
    E-Mail: toyka-seid@t-online.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bpb.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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