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20.08.2003 10:53

Ist Wasserstofftechnologie wirklich umweltverträglich?

Dr. Renate Hoer Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

    Die Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) sieht aufgrund neuester Untersuchungen zu möglichen ökologischen Folgen der Wasserstofftechnologie die Notwendigkeit, das Instrument der Technikfolgenabschätzung umfassend und allseitig zu entwickeln und zu nutzen. Es werde einmal mehr deutlich, dass neue Technologien Umweltrisiken bergen können, die vor ihrer Einführung möglichst umfassend untersucht werden sollten. Effekte der Wasserstofftechnologie seien in jedem Fall nicht isoliert, sondern im Vergleich mit Alternativszenarien zu bewerten.

    Der G8-Gipfel in Evian im Juni diesen Jahres forderte in seinem Aktionsplan im Kapitel "Wissenschaft und Technologie für eine nachhaltige Entwicklung" die Beschleunigung der Entwicklung der Wasserstofftechnologie. Die EU fördert in ihrem 6. Rahmenprogramm unter dem Titel "nachhaltige Energiesysteme" insbesondere die Wasserstofftechnologie, die als intrinsisch saubere Technologie gesehen wird. Es wird davon ausgegangen, dass eine Technologie, die Wasserstoff als Brennstoff (Brennstoffzelle) und als Energiespeicher einsetzt, zu einer substantiellen Reduktion der Luftverschmutzung und Entlastung des Klimaantriebs führen wird. Deshalb wurde bisher uneingeschränkt von der Umweltverträglichkeit dieser Technologie ausgegangen.

    Die Arbeitsgruppe von Y. L. Yung vom California Institute of Technology hat jetzt darauf hingewiesen (Science 2003, 300, 1740 - 1742), dass die Wasserstofftechnologie bisher nicht erkannte negative Auswirkungen haben könnte. Bezüglich der zu erwartenden Emissionen, die naturgemäß jetzt noch nicht quantifiziert werden können, geht die Arbeitsgruppe konservativ von den Erfahrungen bei Transport, Lagerung und Einsatz von Erdgas und anderen Gasen aus (Leckagen etc.). Freigesetzter Wasserstoff würde in der Troposphäre nicht reagieren, jedoch in der Stratosphäre (zu Wasserdampf). Die Modellrechnungen der Arbeitsgruppe zeigen, dass dadurch die Stratosphäre abkühlen würde, wodurch der Ozonabbau verstärkt würde. Das Ozonloch würde tiefer, größer und sich länger in den Frühling hinein halten. Durch den anthropogenen Wasserstoff könnte sich die Erholung der Ozonschicht, die aufgrund des Verbots von Fluorchlorkohlenstoffen erwartet wird, beträchtlich verzögern. Dies würde einer Abschwächung der Entlastungen gleichkommen, die mit der Vermeidung von CO2-Emissionen erwartet werden: Die Freisetzung von Treibhausgasen bewirkt günstigere Bedingungen für den Abbau von Ozon in der Stratosphäre, ein Sekundäreffekt, der bislang noch nicht quantifiziert werden konnte.

    Die Autoren weisen ferner auf mögliche sekundäre Umwelteffekte steigender anthropogener Wasserstoffemissionen hin, die derzeit noch nicht abschätzbar sind: Einfluss auf andere Spurengase als Ozon in der Stratosphäre und der Mesosphäre, auf die Albedo der Erde (Rückstrahlvermögen für Sonnenlicht) und auf Mikroorganismen in Böden.

    In ersten Stellungnahmen wurde der Arbeitsgruppe vorgeworfen, dass die Annahme über die Höhe der Wasserstofffreisetzung viel zu hoch sei und dass die negativen Konsequenzen im Vergleich zu den positiven Effekten vernachlässigbar seien. Die Fachgruppe Umweltschutz und Ökotoxikologie der GDCh weist aber auf die große Bedeutung dieser ersten Untersuchungen und Ergebnisse hin. Sie sind ihrer Meinung nach so gewichtig, dass auf ihnen aufbauend weiter, d.h. unter Einsatz der bestmöglichen Modellwerkzeuge geforscht werden sollte. Der Forschungsbedarf gehe weit über die von Yung erwähnten Aspekte hinaus.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Energie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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