Verstand das französische Publikum, was Jean-Paul Sartre ihm während der Zeit der deutschen Besatzung mit seinem Theaterstück "Die Fliegen" sagen wollte? Dieser Frage geht ein Forschungsprojekt an der Universität Würzburg auf den Grund.
Vor dem Beginn des Medienzeitalters war das Theater, besonders in den intellektuellen Zentren, stärker als heute ein Raum zur Herstellung kritischer Öffentlichkeit. Entrückt in Zeit und Raum oder unmittelbar der Gegenwart verhaftet - das Bühnengeschehen konfrontierte die Zuschauer mit aktuellen Problemen und forderte sie zur Stellungnahme heraus.
Einer der Autoren, die das Theater in diesem Sinne als gesellschaftliches Forum betrachteten, war der französische Philosoph Jean-Paul Sartre, der von 1943 bis 1965 insgesamt zehn Stücke in Paris aufführen ließ. Mit seinem Drama "Die Fliegen" erregte er während der deutschen Besatzung großes Aufsehen: Mythologisch getarnt, forderte er seine Landsleute dazu auf, die Unterdrückung nicht hinzunehmen und der ideologischen Beeinflussung zu widerstehen. Heute stellt die Forschung jedoch in Frage, ob die Zeitgenossen diesen Appell verstanden haben.
Das engagierte Theater Sartres fordert daher gerade eine rezeptionsästhetisch und sozial-historisch orientierte Literaturwissenschaft dazu heraus, sich für die Aufnahme der Stücke beim Publikum zu interessieren. Dieser Aufgabe widmet sich ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Ernstpeter Ruhe. Damit setzt der Würzburger Romanist seine Reihe mit Projekten zum modernen französischen Theater fort. Bislang hat er sich mit Arthur Adamov und Aimé Césaire beschäftigt.
Bei dem nun anstehenden Projekt werden in Pariser Bibliotheken systematisch die Zeitungskritiken der Erstaufführungen erhoben und anhand eines umfangreichen Analyserasters ausgewertet. Auf diese Weise ist es möglich, verläßliche Aussagen über die Wirkung der Stücke zu treffen.
Die Ergebnisse werden unter anderem in die maßgebliche kritische Ausgabe von Sartres Theater in der Editionsreihe "Bibliothèque de la Pléiade" (Gallimard, Paris) einfließen können: Die Projektmitarbeiterin PD Dr. Ingrid Galster aus Eichstätt ist Mitglied der Sartre-Gruppe des französischen "Centre de la Recherche Scientifique" (CNRS), welche diese Editionsreihe erarbeitet.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Ernstpeter Ruhe, T (0931) 888-5680, Fax (0931) 888-5679, E-Mail:
ruhe@mail.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).