idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.09.2017 11:00

Ursache und Wirkung, der Wolf versteht das besser als der Hund

Mag.rer.nat. Georg Mair Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Veterinärmedizinische Universität Wien

    Greift man auf den heißen Herd, dann verbrennt man sich. Das Prinzip von Ursache und Wirkung lernt der Mensch schon von Kindesbeinen an. Doch auch Tiere, wie der Wolf, verstehen diesen Zusammenhang und das sogar besser als ihre von uns domestizierten Nachfahren. Forschende am Wolf Science Center der Vetmeduni Vienna zeigten, Meister Isegrim hat ein ausgeprägteres kausales Verständnis als Hunde und er reagiert auch auf kommunikative Hinweise von Menschen gleichwertig. Die Studie in Scientific Reports gibt damit einen Einblick, dass sich Domestikation möglicherweise auf die Wahrnehmung auswirken kann.

    Gewalt erzeugt Gegengewalt ist ein gutes Beispiel für den Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Eine einfache Geste zeigt uns Menschen wie sich eine Handlung auf uns auswirken kann. Wie Tiere mit diesem menschlichen Prinzip umgehen, zeigt die Studie eines internationalen Forschungsteams am Wolf Science Center der Vetmeduni Vienna. Ausgehend von der Frage ob Hunde und Wölfe auf unterschiedliche menschliche Gesten reagieren, konnten sie zeigen, dass unsere domestizierten, vierbeinigen Begleiter den kausalen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht verstehen, Wölfe dagegen schon. Die Ergebnisse sind ein Hinweis auf einen durch Domestikation veränderten Wahrnehmungsunterschied.

    Wölfe verstehen Ursache und Wirkung, Hunde nicht

    Die Forschenden um Michelle Lampe, von der Radboud Universität in Nijmegen, Niederlande, und Zsófia Virányi von der Vetmeduni Vienna untersuchten das Verhalten von 14 Hunden und 12 an den Menschen gewöhnten Wölfen mit drei Versuchsreihen. Die Tiere mussten dabei zwischen zwei Objekten wählen von denen eines Futter enthielt, das andere nicht.
    Zuerst wurde analysiert, ob die sie alleine durch Augenkontakt oder in Verbindung mit einem Fingerzeig oder Nicken einen Futterhinweis verstehen. Im zweiten Versuch sollten Hunde und Wölfe nur auf die Geste hin das Futter finden. Im dritten Ansatz mussten sie selbst erkennen, dass ein rasselndes Objekt zu einer Belohnung führt.
    Beide, Hunde und Wölfe, erkannten aufgrund des Augenkontakts den Hinweis auf Futter. Ohne den direkten Augenkontakt waren dagegen keines der Tiere in der Lage selbst die Belohnung zu finden. Beim dritten Versuch, bei dem die Vierbeiner ohne einen anwesenden Menschen nur über ein Lautmerkmal zwischen einer Niete und einem Leckerli entscheiden mussten, versagten nur die Hunde. Die Wölfe zeigten in dem experimentellen Beispiel dagegen ein hohes Verständnis für Ursache und Wirkung.

    Domestikation möglicher Grund für Wahrnehmungsverlust

    „Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Domestikation einen Einfluss auf die Wahrnehmung unserer heutigen Hunde hatte“, sagt Lampe. Allerdings kann man den Einfluss nicht ausschließen, dass Wölfe mehr Forschungsdrang zeigen müssen als Haustiere. Hunde sind üblicherweise darauf konditioniert von uns Futter zu bekommen. Wölfe müssen dagegen selbst Futterquellen entdecken.
    „Unsere Studie ist aber auch insofern einzigartig, da wir nicht nur genau die gleiche Geschichte, sprich gleiche Lebensbedingungen und Ausbildung bei Hunden und Wölfen hatten“, so Lampe. „Wir verglichen außerdem Hunde, die wild im Rudel und in Haushalten lebten.“ Deshalb konnte sich das Team auch mit dem den Einfluss der Domestikation unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen auseinander setzen. „Das Ergebnis bei den Hunden war unabhängig von der Haltungsmethode. Dies macht unsere Studie zum ersten gültigen Vergleich zwischen diesen beiden Tiergruppen in diesem speziellen Setup“, sagt Letztautorin Virányi.
    Doch auch die Reaktion der Wölfe auf den Gesten in Verbindung mit Augenkontakt war für die Forschenden ein interessanter Hinweis auf die Entwicklung der Wildtiere zu unseren vierbeinigen Begleitern. „Das gezeigte Verhalten der Wildtiere könnte die Domestizierung erleichtert haben“, erklärt Virányi. „Allerdings könnte die Arbeit mit sozialisierten Wölfen auch eine Auswirkung auf das Ergebnis haben, da die Tiere den Umgang mit Menschen gewohnt sind.“

    Service:
    Der Artikel „The effects of domestication and ontogeny on cognition in dogs and wolves” von Michelle Lampe, Juliane Bräuer, Juliane Kaminski und Zsófia Virányi wird heute, am 15.09.2017, in Scientific Reports veröffentlicht.

    Ein Video zu den Versuchen steht per Download zur Verfügung:
    https://www.dropbox.com/s/7qr3wpbn3mvpkwv/Supplementary_video_revised.mp4?dl=0

    Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
    Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. http://www.vetmeduni.ac.at

    Wissenschaftlicher Kontakt:
    Zsófia Virányi, PhD
    Abteilung für Vergleichende Verhaltensforschung
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    T +43 1 25077-2686
    zsofia.viranyi@vetmeduni.ac.at

    Michelle Lampe
    Wolf Science Center
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    Radboud Universität, Nijmegen
    T +31 6 37339714
    mhj.lampe@gmail.com

    Dr Juliane Kaminski
    Abteilung für Psychologie
    Universität Portsmouth
    T +44 2 39284 6301
    juliane.kaminski@port.ac.uk

    Dr Juliane Bräuer
    Abteilung für Sprach- und Kulturevolution
    Max Planck Institut für Menschheitsgeschichte
    T +49 3 64168 6935
    braeuer@shh.mpg.de

    Aussender:
    Mag.rer.nat. Georg Mair
    Wissenschaftskommunikation / Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna)
    T +43 1 25077-1165
    georg.mair@vetmeduni.ac.at


    Weitere Informationen:

    http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformatione...


    Bilder

    Im Versuch konnten die Wölfe das Prinzip Ursache und Wirkung verstehen. Sie konnten sogar genau wie Hunde auf Augenkontakt reagieren.
    Im Versuch konnten die Wölfe das Prinzip Ursache und Wirkung verstehen. Sie konnten sogar genau wie ...
    Michelle Lampe/Wolf Science Center
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Pädagogik / Bildung, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Im Versuch konnten die Wölfe das Prinzip Ursache und Wirkung verstehen. Sie konnten sogar genau wie Hunde auf Augenkontakt reagieren.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).