Proteine werden häufig als molekulare Maschinen der Zellen beschrieben. Um ihre Funktionsweise zu verstehen, reicht es häufig nicht aus, sich die beteiligten Proteine unter dem Mikroskop anzuschauen. Dort, wo Maschinen arbeiten treten mechanische Kräfte auf, die wiederum Einfluss auf die jeweiligen biologische Prozesse nehmen. Diese extrem kleinen Kräfte können dank molekulare Kraftsensoren in den Zellen gemessen werden. Jetzt haben Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie molekulare Sensoren entwickelt, die intrazellulär auftretende Kräfte mehrerer Proteine in höchster Auflösung im Pikonewton-Bereich messen können. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature Methods veröffentlicht.
Sobald Proteine aneinander ziehen, wirken Kräfte im Pikonewtonbereich. Zellen können solche mechanischen Informationen detektieren und je nach Art des Signals unterschiedlich reagieren. Haftproteine an der Oberfläche von Zellen erkennen zum Beispiel, wie starr ihre Umgebung ist und passen die Proteinzusammensetzung der Zelle an. Um diese minimal wirkenden Kräfte messen zu können, entwickelt die Arbeitsgruppe „Molekulare Mechanotransduktion“ am Max-Planck-Institut molekulare Sensoren. „Diese kleinen Messgeräte funktieren ähnlich wie eine Federwaage“, so Carsten Grashoff, Leiter der Forschungsgruppe.
Der neu entwickelte Sensor besteht aus zwei fluoreszenten Molekülen, die mit einer Art molekularer Feder verbunden sind. Wirkt auf das Molekül eine Kraft von nur wenigen Pikonewton wird die Feder gespannt, was mit einem speziellen Mikroskopieverfahren ausgelesen werden kann. „Wir sind jetzt in der Lage, die Mechanik mehrerer Moleküle gleichzeitig zu vermessen“, erklärt Carsten Grashoff. Verglichen mit früheren Sensoren können die Wissenschaftler jetzt sagen, welche Proteine unter Kraft stehen und wie viele.
„Beim Tauziehen ziehen vielen Menschen unterschiedlich stark an einem Seil. Einige ruhen sich vielleicht aus und lassen den Vordermann die Arbeit machen. Bei den Proteinen ist das ganz ähnlich. Wir können jetzt ermitteln, welche Proteine zur zellulären Kraftentwicklung beitragen und welcher Prozentsatz dieser Moleküle eigentlich mitmacht“ , erklärt Grashoff. Der zu messende Kraftbereich ist jetzt auch enger eingrenzbar, das Verfahren erlaubt präzise Messungen in einem Bereich von drei bis fünf Pikonewton. „Wie bei Entwickung von neuen Mikroskopen versuchen auch wir immer bessere Auflösungen zu erreichen, was uns hier gelungen ist“, so Grashoff weiter.
Aufgrund der universellen Wechselwirkung von Kräften in Zellen könnte der neue Sensor in vielen Bereichen von Bedeutung sein. „Zentrale Fragestellungen ergeben sich in der Krebsforschung, denn hier ist schon länger bekannt, dass Tumorzellen in starren Geweben Vorteile haben. Auch für das Verständnis von Muskel- oder Hauterkrankungen könnten die Sensoren neue Einblicke in die Krankheitsmechanismen geben“, schaut Grashoff in die Zukunft. [CM]
Originalpublikation:
P. Ringer, A. Weiβl, A.-L. Cost, A. Freikamp, B. Sabass, A. Mehlich, M. Tramier, M. Rief and C. Grashoff “Multiplexing molecular tension sensors reveals piconewton force gradient across talin-1” Nature Methods, September 2017
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Über Carsten Grashoff
Carsten Grashoff studierte von 1997 bis 2001 Angewandte Naturwissenschaft an der Universität Freiberg. Nach seiner Diplomarbeit am Robert Koch Institut in Berlin, promovierte er 2007 an der Ludwig Maximilians Universität München, gefolgt von einem Postdoc Aufenthalt an der Universität von Virginia, USA. Seit 2011 leitet er die unabhängige Forschungsgruppe „Molekulare Mechanotransduktion“ am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. 2014 wurde Grashoff mit dem Early Career Award der Nationalen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.
Über das Max-Planck-Institut für Biochemie
Das Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München zählt zu den führenden internationalen Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der Biochemie, Zell- und Strukturbiologie sowie der biomedizinischen Forschung und ist mit rund 35 wissenschaftlichen Abteilungen und Forschungsgruppen und ungefähr 800 Mitarbeitern eines der größten Institute der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. Das MPIB befindet sich auf dem Life-Science-Campus Martinsried in direkter Nachbarschaft zu dem Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Instituten der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB). (http://biochem.mpg.de)
Kontakt:
Dr. Carsten Grashoff
Molekulare Mechanotransduktion
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: cgrasho@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de/grashoff
Dr. Christiane Menzfeld
Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: pr@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de
http://www.biochem.mpg.de - Webseite des Max-Planck-Institutes für Biochemie
http://www.biochem.mpg.de/grashoff - Webseite der Forschungsgruppe „Molekulare Mechanotransduktion“ (Carsten Grashoff)
Die Entwicklung neuer Fluoreszenz-basierter Biosensoren, welcher unter mechanischer Kraft entfalten, ...
© MPI für Biochemie
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie
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Deutsch
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