Potsdam, 28.09.2017. In Berlin werden derzeit regelmäßig die EU-Grenzwerte für Konzentrationen von Stickstoffdioxid (NO2) überschritten. Wie würde sich die Luftqualität in der Stadt verändern, wenn Diesel-PKW geltende Emissionsstandards einhielten? Forscherinnen und Forscher des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) haben dazu in einer neuen Studie konkrete Daten vorgelegt.
Die Berechnungen des IASS-Forschungsteams belegen, dass die Wahrscheinlichkeit von Grenzwert-Überschreitungen stark sinken würde, wenn alle Diesel-PKW die von der amerikanischen Environmental Protection Agency (EPA) empfohlenen Emissionsstandards einhielten.
„Das ist im Moment der strengste Standard. Schon die Erfüllung der Euro-5-Abgasnorm würde die Luftqualität deutlich verbessern. Aber da Autohersteller global verkaufen wollen, sollten sie in der Lage sein, auch die EPA-Standards zu erfüllen. Dafür müssten sie in Forschung und Entwicklung investieren. Unsere Studie zeigt, dass sie mit dieser Investition einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der EU-Luftqualitätsziele leisten würden“, sagt Leitautorin Erika von Schneidemesser.
Derzeit liegen die Emissionen von Euro-5-PKW bis zu fünfmal höher als der gesetzliche Grenzwert in der EU, die von Euro-6-PKW sogar vier- bis zwanzigmal höher. Dabei gilt Stickstoffdioxid (NO2) als besonders schädlich für die menschliche Gesundheit. Es kann zu Herz- und Kreislauferkrankungen führen.
Daten von 16 Berliner Messstationen und Atmosphärenchemie-Modell
Um verlässliche Daten zu ermitteln, wandte das Forschungsteam des IASS zwei voneinander unabhängige Methoden an, die auf Messungen an 16 Messstationen in Berlin aus dem Jahr 2014 sowie auf einem Atmosphärenchemie-Modell basierten. Die Messstationen lieferten Daten zur verkehrsnahen Konzentration, etwa an vielbefahrenen Straßen, sowie zur sogenannten urbanen Hintergrundkonzentration in einiger Entfernung von wesentlichen Luftverschmutzungsquellen wie Autos.
Das Atmosphärenchemie-Modell WRF-Chem lieferte ausschließlich Daten zur urbanen Hintergrundkonzentration. Die Ergebnisse zur Hintergrundkonzentration auf der Grundlage der Messdaten und des Modells fielen sehr ähnlich aus – ein Nachweis ihrer Aussagekraft. Die Forscherinnen und Forscher nutzten außerdem Daten zu Emissionen von Stickstoffoxiden (NOx) aus einem europäischen Emissionsinventar, um den von Diesel-PKW stammenden Anteil an den NOx-Emissionen zu berechnen. Anschließend schätzten sie den Anteil von NO2 – auf das sich der EU-Grenzwert bezieht – an den NOx-Emissionen.
Emissionen unter dem Grenzwert sogar an vielbefahrenen Straßen
Von den fast 25.000 Kilotonnen an jährlichen NOx-Emissionen in Berlin stammen nach der Kalkulation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler etwa 3500 bis 6500 von Diesel-PKW. Wenn die EPA-Standards eingehalten würden, wären es nur 190 bis 355 Kilotonnen. Diese Reduktion hätte zur Folge, dass der jährliche Mittelwert der städtischen Hintergrundkonzentration von NO2 um 1,2 bis 2,2 µg m-3 sinken würde, der Mittelwert an den verkehrsnahen Messstationen sogar um 9 bis 17 µg m-3.
„Grenzwertüberschreitungen würden also viel seltener stattfinden. Angesichts solch deutlicher Auswirkungen sollten Politiker gerade in Deutschland, wo der Diesel stark gefördert wurde, die Industrie zu wirksamen Maßnahmen zwingen“, kommentiert Leitautorin Erika von Schneidemesser.
Die vollständige Studie finden Sie unter:
von Schneidemesser, E., Kuik, F., Mar, K. A., Butler, T. M. (2017 online): Potential reductions in ambient NO2 concentrations from meeting diesel vehicle emissions standards. - Environmental Research Letters.
DOI: http://doi.org/10.1088/1748-9326/aa8c84
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an
Eva Söderman / Anja Krieger
Presse & Kommunikation
Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung/
Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS)
Berliner Straße 130, 14467 Potsdam
Tel. +49 (0)331 288 22-340/479
Fax +49 (0)331 288 22-310
E-Mail eva.soederman@iass-potsdam.de / anja.krieger@iass-potsdam.de
www.iass-potsdam.de
Das IASS forscht mit dem Ziel, Transformationsprozesse hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft aufzuzeigen, zu befördern und zu gestalten, in Deutschland wie global. Der Forschungsansatz des Instituts ist transdisziplinär, transformativ und ko-kreativ: Die Entwicklung des Problemverständnisses und der Lösungsoptionen erfolgen in Kooperationen zwischen den Wissenschaften, der Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein starkes nationales und internationales Partnernetzwerk unterstützt die Arbeit des Instituts. Zentrale Forschungsthemen sind u.a. die Energiewende, aufkommende Technologien, Klimawandel, Luftqualität, systemische Risiken, Governance und Partizipation sowie Kulturen der Transformation. Gefördert wird das Institut von den Forschungsministerien des Bundes und des Landes Brandenburg.
http://doi.org/10.1088/1748-9326/aa8c84
IASS-Wissenschaftlerin Erika von Schneidemesser an einer Berliner Messstation.
© IASS/Rolf Schulten
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).