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02.09.2003 10:42

Buchveröffentlichung: Patientenaufklärung bei genetischem Risiko

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Wie gehen Ärzte und Patienten mit den Möglichkeiten um, die Gentests eröffnen? Wollen sie wirklich alles wissen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des interdisziplinären Bandes "Patientenaufklärung bei genetischem Risiko", der jetzt im Lit-Verlag erschienen ist (Hg: Prof. Dr. Hans-Martin Sass, Peter Schröder, M.A., Zentrum für Medizinische Ethik der RUB). Fazit aller Beiträge: Gentests und Beratungsgespräche sollten untrennbar zusammengehören. Die Beiträge fußen z. T. auf den Erfahrungen im DFG-Projekt zu den Auswirkungen der genetischen Vorhersage auf die Patientenaufklärung am Modell der Zystennieren.

    Bochum, 02.09.2003
    Nr. 267

    Recht auf Nichtwissen oder Pflicht zum Wissen
    Patientenaufklärung bei genetischem Risiko
    Buchveröffentlichung über Projekterfahrungen

    Je besser die Forschung in den Genen zu lesen lernt, desto mehr können wir über uns selbst erfahren: Gentests zeigen z. B. ob ein Patient eine Veranlagung für eine bestimmte Krankheit hat, noch ehe er Anzeichen dafür zeigt. Wie aber gehen Ärzte und Patienten mit diesen Möglichkeiten um? Wollen sie wirklich alles wissen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des interdisziplinären Bandes "Patientenaufklärung bei genetischem Risiko", der jetzt im Lit-Verlag erschienen ist (Hg: Prof. Dr. Hans-Martin Sass, Peter Schröder, M.A., Zentrum für Medizinische Ethik der RUB). Fazit aller Beiträge: Gentests und Beratungsgespräche sollten untrennbar zusammengehören. Die Beiträge fußen z. T. auf den Erfahrungen im DFG-Projekt zu den Auswirkungen der genetischen Vorhersage auf die Patientenaufklärung am Modell der Zystennieren (Polyzystische Nierenerkrankung, ADPKD), die zur Dialysepflicht führt und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent vererbt wird.

    Familiengründung trotz Genträgerschaft?

    Gentests haben ihre guten Seiten: Wer weiß, dass er eine erbliche Veranlagung z. B. für familiären Dickdarmkrebs hat, der kann durch seine Lebensführung gegen den Ausbruch der Krankheit anwirken, besonders häufig zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und so sein Leben verlängern. Aber die Tests werfen auch Fragen auf: Dürfen z. B. Versicherer oder Arbeitgeber Gentests anordnen? Welche Konsequenzen dürfen sie aus den Ergebnissen ziehen? Diese Unklarheiten soll ein Gesetz beseitigen, das noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden und die postnatale vorhersagende (prädiktive) genetische Diagnostik regeln soll. Mindestens ebenso schwierig sind die Fragen, die sich dem Einzelnen stellen: Will ich überhaupt wissen, ob ich Genträger bin? Soll ich eine Familie gründen, obwohl ich es bin? Solche Entscheidungen können nur mündige Patienten treffen - und für die Mündigkeit braucht es vor allem eine gute Beratung der medizinischen Laien durch die Experten. "Als selbstverständlich und unverzichtbar hat sich die in allen Beiträgen begründete Forderung nach der Einbettung von Test und Information in Beratung und Begleitung erwiesen", fasst Prof. Sass zusammen.

    Ärzte denken anders als Ethiker, Europäer anders als Chinesen

    Andere Fragen wie die nach dem "Recht auf Nichtwissen" und der "Pflicht zum Wissen" beantworten Autoren, Experten und Laien jedoch ganz unterschiedlich. In einer Befragung von Ärzten, Pflegepersonal und Ethikern, ob Ärzte juristisch berechtigt oder verpflichtet sein sollten, Verwandte von Patienten über ihre mögliche Genträgerschaft aufzuklären, antworteten z. B. fast alle Ärzte und die Hälfte der befragten Schwestern und Pfleger mit "nein", die überwiegende Zahl der Ethiker jedoch mit "ja". Auch von der Kultur hängt es ab, wie die Menschen zu solchen Fragen stehen: Zwei Drittel der in einer Umfrage befragten Chinesen finden, dass potenzielle Träger eines Krankheitsgens moralisch verpflichtet sind, sich testen zu lassen. In Europa sind nur rund 45 Prozent der Befragten dieser Auffassung.

    Detaillierte Berichte aus der Beratungspraxis

    Auch die Forderung nach Gesundheitsmündigkeit für gesunde und kranke Bürgerinnen und Bürger und konkrete Fragen der ärztlichen und genetischen Beratungspraxis, des Datenschutzes und der Arzneimittelsicherheit beurteilen die Autoren unterschiedlich aus ihrer eigenen Arbeit heraus. Für vererblichen Darmkrebs und die zur Dialysepflicht führenden Zystennieren haben die Autoren detaillierte Berichte aus der Praxis des Patientengesprächs und internationale empirische Ergebnisse gesammelt. Das Buch wendet sich sowohl an gesunde und kranke Merkmalsträger, Ärzte, Humangenetiker, Pharmakologen, Journalisten und Gesundheitspolitiker als auch an die breite Öffentlichkeit.

    Titelaufnahme

    Hans-Martin Sass, Peter Schröder (Hg.): Patientenaufklärung bei genetischem Risiko (=Ethik in der Praxis, Bd. 3). Lit Verlag Münster, Hamburg, London 2003, ISBN 3-8258-4987-2

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Hans-Martin Sass, Peter Schröder, M.A., Zentrum für Medizinische Ethik der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-22749, Fax: 0234/32-14598, E-Mail: Med.Ethics@ruhr-uni-bochum.de, sasshm@aol.com, Internet: http://www.medizinethik-bochum.de


    Weitere Informationen:

    http://www.medizinethik-bochum.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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