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20.11.2017 10:45

Drei Phasen: Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrerbildung

Kerstin Martin Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Der Begriff „Qualitätssicherung“ stellt dann eine missverständliche Bezeichnung dar, wenn gegebene Qualitäten überwiegend als defizitär bewertet werden. Denn unzulängliche Qualitäten sollten besser nicht auch noch gesichert werden. Eine von HoF unternommene Tour d'Horizon durch die deutsche Lehrerbildung ergibt: Es findet sich kaum ein Bereich, der nicht als defizitär markiert wird. Daher muss es vor allem um Qualitätsentwicklung gehen. Neben den drei Phasen der Lehrerbildung – Universitätsstudium, Vorbereitungsdienst und berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung – wird die Frage verhandelt, ob und inwiefern es ein phasenübergreifendes Qualitätsverständnis gibt.

Das Projekt wurde im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung realisiert. Entstanden ist ein Kompendium, das kurz und prägnant alle qualitätsrelevanten Aspekte der Lehrerbildung – mithin fast alle relevanten Aspekte – verhandelt. Dafür werden die Positionen, empirischen Befunde und Handlungsoptionen aus der bildungspolitischen, professionspolitischen und wissenschaftlichen Debatte aufbereitet und miteinander konfrontiert.
Behandelt werden in je einem Kapitel die drei Lehrerbildungsphasen: Universitätsstudium, Vorbereitungsdienst und als Sonderfall die Qualifizierung von Seiten- und Quereinsteiger.innen sowie Fortbildung im Berufsverlauf. Im Anschluss sind die phasenübergreifenden Aspekte (bzw. ihr Nichtvorhandensein) das Thema. Welche Qualitätsorientierungen werden dort jeweils wirksam, sind diese phasenübergreifend aufeinander bezogen, welche Qualitätswahrnehmungen bestehen jeweils im Blick auf die eigenen Arbeit und die der anderen Beteiligten?
Eine phasenübergreifende Definition der Qualität von Lehrerbildung ist nicht zu entdecken. Die Beschreibungen der Aufgaben der Schulen in den Schulgesetzen der Länder formulieren auf indirekte Weise Qualitätsanforderungen an die Lehrerbildung: Deren Qualität kann letztlich daran gemessen werden, inwieweit sie einen Beitrag dazu leistet, die in diesen Gesetzen formulierten Ziele zu erreichen. In den KMK-Vorgaben zur Lehrerbildung finden sich diese in Minimalkonsensen zusammengeführt.
Bei der Verknüpfung der Phasen lassen sich Auffälligkeiten notieren: Während die Verbindung von erster und zweiter Phase im Vergleich große Beachtung und zum Teil auch praktische Verknüpfungen erfährt, findet die Verbindung von zweiter und dritter Phase wenig Aufmerksamkeit. Kaum einmal geht es um die Verbindung aller drei Phasen und praktisch nie um diejenige von erster und dritter. Insoweit ist die Fort- und Weiterbildung des schulischen Lehrpersonals nach wie vor stabil abgekoppelt von den vorherigen Ausbildungsphasen.
Jede Qualitätsentwicklung erfordert Priorisierung, um die Überforderung der adressierten Institutionen zu vermeiden. Reformbombardements führen zu institutionellen und individuellen Überforderungen und erzeugen die Neigung, mit Fassadenmanagement und Unterlaufensstrategien zu antworten. Als Grundsatz der Qualitätsentwicklung lässt sich stattdessen formulieren: In sämtlichen Lehrerbildungsprozessen sollten jederzeit grobe Suboptimalitäten vermieden bzw. behoben und in jeweils einigen Prozessen sollte an der Herstellung optimaler Abläufe gearbeitet werden. Auf diese Weise lassen sich einerseits Mindeststandards durchsetzen und andererseits an der Entwicklung von Qualitätsbedingungen arbeiten, ohne die Institution und ihre Angehörigen durch Anspruchsüberfrachtung zu überfordern. Ein pragmatisches Vorgehen kann hierbei sein, mit der Bearbeitung der größten Missstände, zu beginnen, also dort, wo die stärkste Behinderung der Qualität zu verorten ist.
Die Probleme der Lehrerbildung bestehen nicht (mehr) überall bzw. nicht überall in ähnlicher Intensität. Hier kann durchaus ein Vorzug der föderalen Strukturen festgehalten werden: In den letzten Jahren werden in einzelnen, mitunter auch in der Mehrheit der Bundesländer die meist seit langem thematisierten Problemlagen in produktive Problembearbeitungen überführt. Rekapituliert man die herausgearbeiteten Problemanzeigen, so lässt sich insbesondere ein Schluss ziehen: In allen drei Phasen der Lehrerbildung sind die meisten Probleme auf der Strukturebene angesiedelt. Damit sind vor allem die Akteure gefragt, welche die Zuständigkeiten besitzen, um die organisatorischen und institutionellen Rahmungen zu gestalten.

Peer Pasternack/Benjamin Baumgarth/Anke Burkhardt/Sabine Paschke/Nurdin Thielemann: Drei Phasen. Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2017, 399 S. € 24,90.
Volltext auch unter https://www.wbv.de/download/shop/download/0/_/0/0/listview/file/-direct%40600159...


Weitere Informationen:

http://www.hof.uni-halle.de/publikation/drei-phasen-die-debatte-zur-qualitaetsen...
https://www.wbv.de/shop/themenbereiche/hochschule-und-wissenschaft/shop/detail/n... (Bestellmöglichkeit und download)


Bilder

Pasternack/Baumgarth/Burkhardt/Paschke/Thielemann: Drei Phasen. Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung
Pasternack/Baumgarth/Burkhardt/Paschke/Thielemann: Drei Phasen. Die Debatte zur Qualitätsentwicklung ...

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Ergänzung vom 20.11.2017

Ansprechpartner: Prof. Peer Pasternack
Email: peer.pasternack@hof.uni-halle.de, Tel.: 03491 / 466254


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Politik, Recht
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Pasternack/Baumgarth/Burkhardt/Paschke/Thielemann: Drei Phasen. Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung


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