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23.11.2017 13:14

Neues Buch von IOW-Forscherduo: „Kohlendioxid-Brille“ schärft Blick auf den Zustand der Ostsee

Dr. Kristin Beck Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

    Bernd Schneider und Jens Müller vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) sind die Autoren eines kürzlich erschienenen englischen Fachbuches zur Biogeochemie der Ostsee. Das Besondere: Die Meereschemiker stellen ein neues Konzept vor, das anhand von Untersuchungen des marinen CO2-Kreislaufs eine umfassende Analyse biogeochemischer Prozesse erlaubt und damit neue Wege für ein effizientes Monitoring des ökologischen Zustandes von Meeresgebieten eröffnet. Dazu werteten sie unter anderem einzigartige, über fast 15 Jahre gewonnene Daten von zeitlich und räumlich engmaschigen CO2-Messungen in der Ostsee aus, die automatisiert an Bord eines Frachtschiffes erhoben wurden.

    Die Erforschung des marinen Kohlendioxid-Kreislaufs ist bereits seit rund 30 Jahren ein Fokus in der Meeresforschung. Im Vordergrund steht dabei meist die Frage, inwieweit die Ozeane am globalen Haushalt des Klimagases CO2 beteiligt sind und dessen durch den Menschen verstärkte Freisetzung in die Atmosphäre abpuffern können. Zunehmend rückt auch das Folgeproblem Ozeanversauerung in den Blickpunkt, da sich vermehrt CO2 im Meerwasser zu Kohlensäure umwandelt.

    Wenn sich jedoch Bernd Schneider und Jens Müller vom IOW die „CO2-Brille“ aufsetzen, wie sie es im Untertitel ihres Buches nennen, geht es ihnen nicht um die Betrachtung dieses globalen, durch CO2 angetriebenen Wandels mariner Ökosysteme. Vielmehr nehmen sie zentrale Prozesse unter die Lupe, die den ökologischen Zustand der Ostsee charakterisieren: jahreszeitlich und je nach Ostseeregion unterschiedliche Primärproduktion durch Phytoplankton als mögliche Folge von Überdüngung – darunter auch Blaualgen-Massenentwicklungen – sowie die Zersetzung von Biomasse und die dadurch bedingte Sauerstoffarmut im Tiefenwasser der zentralen Ostseebecken. Für ihre Analysen machen sich die Autoren die Tatsache zunutze, dass all diese Prozesse direkt an den Verbrauch bzw. die Freisetzung von CO2 gekoppelt sind. Denn die Neubildung jedes organischen Moleküls in der Biomasse von Organismen erfordert die Aufnahme eines Äquivalents CO2. Umgekehrt führt die Zersetzung der Biomasse zur Freisetzung von CO2. Im Meerwasser schlägt sich beides ganz unmittelbar in messbaren Veränderungen der CO2-Konzentration nieder, die daher die zeitliche und räumliche Dynamik biogeochemischer Abläufe sehr genau nachzeichnen.

    Um zu demonstrieren, dass derartige Messungen hervorragend genutzt werden können, um diese fundamental wichtigen Prozesse im Detail zu erfassen, offene Fragen zu identifizieren und zu beantworten, führten Schneider und Müller erstmals verschiedene Daten und Erkenntnisse aus fast 25 Jahren IOW-Forschung zusammen. Besonders bemerkenswert ist dabei ein Datensatz von CO2-Messungen im Oberflächenwasser, der über 15 Jahre nahezu ununterbrochen durch automatisierte Messsysteme an Bord eines sogenannten freiwilligen Beobachtungsschiffes („voluntary observing ship“) erhoben wurde. Dieses vom IOW mit wissenschaftlichem Gerät ausgestattete Frachtschiff der Reederei „Finnlines“ pendelt mehrfach wöchentlich zwischen Lübeck und Helsinki. Dadurch wird eine Datendichte erzielt, die kein Forschungsschiff erreichen kann.

    „Viele gängige Methoden, mit denen man im Meer Prozesse des Auf- und Abbaus von Biomasse quantifiziert, sind auf unterschiedliche Weise mit Ungenauigkeiten behaftet“, erläutert Bernd Schneider. Dies gelte beispielsweise für die Messung von Sauerstofffreisetzung oder den Verbrauch der im Wasser gelösten Nährstoffe als Maß für die Produktion von Biomasse, so der erfahrene Meereschemiker, der sich seit Jahrzehnten mit biogeochemischer Prozessforschung befasst. „Die Analyse unserer CO2-Daten konnte zeigen, dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse weitaus zuverlässiger und empfindlicher sind – sowohl um kleinräumige Prozesse quantitativ abzubilden als auch um langfristige Trends frühzeitig zu erkennen. CO2-Konzentrationen sind also ein sehr guter Indikator dafür, was gerade biologisch in der Ostsee los ist“, so Schneider weiter.

    „Dazu kommt, dass technische Fortschritte in der automatisierten CO2-Messung beste Voraussetzungen geschaffen haben, um ein engmaschiges Beobachtungsnetz zu etablieren, das nicht an Forschungsschiffe gebunden ist“, ergänzt Jens Müller, der kurz vor dem Abschluss seiner Doktorarbeit steht und unter anderem seine Expertise für die Analyse großer Datensätze in das Buchprojekt eingebracht hat.

    „Unsere Studien bieten die Basis für eine grundlegend neue Strategie für das Monitoring zur Erfassung des Eutrophierungszustandes der Ostsee, das von der Helsinkikommission zum Schutz der Ostsee (HELCOM) durchgeführt wird. Wir empfehlen daher unser Buch allen, die sich davon überzeugen wollen, dass dieser Ansatz wissenschaftlich fundiert und effizient ist“, so die beiden Autoren abschließend.

    Verlagsinformationen:
    Originaltitel: Biogeochemical Transformations in the Baltic Sea.
    Observations Through Carbon Dioxide Glasses
    Verlag: Springer Oceanography | ISBN: 978-3-319-61698-8 |
    doi: 10.1007/978-3-319-61699-5 | 110 Seiten

    Fragen zu dem Buch beantworten:
    Dr. Bernd Schneider | Tel.: 0381 – 5197 320 | bernd.schneider@io-warnemuende.de
    Jens Daniel Müller | Tel.: 0381 – 5197 3458 | jens.mueller@io-warnemuende.de

    Kontakt IOW-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
    Dr. Kristin Beck | Tel.: 0381 – 5197 135 | kristin.beck@io-warnemuende.de
    Dr. Barbara Hentzsch | Tel.: 0381 – 5197 102 | barbara.hentzsch@io-warnemuende.de

    Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 91 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 18.100 MitarbeiterInnen, davon sind ca. 9.200 WissenschaftlerInnen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Mrd. Euro. http://www.leibniz-gemeinschaft.de


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    Propagiert als fundiertes Plädoyer den „Blick durch die CO2-Brille“ als effizienten Monitoring-Ansatz zum ökologischen Zustand der Ostsee: das neue Buch von Bernd Schneider und Jens Müller
    Propagiert als fundiertes Plädoyer den „Blick durch die CO2-Brille“ als effizienten Monitoring-Ansat ...
    IOW / K. Beck
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    Haben sich in punkto langjähriger Erfahrung und frischem Datenanalyse-Blick optimal ergänzt: das IOW-Autorenduo Bernd Schneider (r.) und Jens Müller (l.)
    Haben sich in punkto langjähriger Erfahrung und frischem Datenanalyse-Blick optimal ergänzt: das IOW ...
    IOW / K. Beck
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Propagiert als fundiertes Plädoyer den „Blick durch die CO2-Brille“ als effizienten Monitoring-Ansatz zum ökologischen Zustand der Ostsee: das neue Buch von Bernd Schneider und Jens Müller


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