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05.09.2003 15:46

Rheuma-Kongress: Kosten sparen durch bessere Therapien

Dr. Cornelia Rufenach Geschäftsstelle der DGRh
Kompetenznetz Rheuma in der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)

    Qualitäts-Management zahlt sich aus - für Patienten wie für die Gesellschaft

    Ärzte könnten vielen Rheumakranken einen großen Teil ihrer Schmerzen und Probleme ersparen - wenn sie nur klarer vor Augen hätten, wie es um ihre Patienten tatsächlich steht. Dies zeigt eine aktuelle Studie, in der Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) mit niedergelassenen Rheumatologen ein neues System zum Qualitätsmanagement bei rheumatoider Arthritis erprobt haben. Die Quintessenz erscheint ebenso einfach wie überraschend: Allein dadurch, dass die Ärzte alle Behandlungsschritte und -erfolge regelmäßig von den Wissenschaftlern in Form eines Feedbackreports exakt dokumentiert und in Schaubildern dargestellt bekamen, ging die Krankheitsaktivität der von den Test-Ärzten betreuten Rheumapatienten innerhalb eines Jahres signifikant zurück. Gleichzeitig sanken die Folgekosten, weil die Patienten am Ende der Studie viel seltener arbeitsunfähig waren. "Daran zeigt sich, wie wichtig es ist, die Versorgung chronisch Rheumakranke grundlegend zu verbessern" , betonte der Leiter der Abteilung Rheumatologie der MHH, Hennig Zeidler, der die Studie jetzt auf dem 32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Frankfurt (Main) vorstellte.

    In der Tat liegt bei der Betreuung Rheumakranker hierzulande einiges im Argen. Wie aktuelle Untersuchungen von Wissenschaftlern des Kompetenznetzes Rheuma zeigen, in dem Forscher und Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet seit drei Jahren institutsübergreifend kooperieren, werden viele Betroffene von ihrem Hausarzt viel zu spät zu einem Rheumatologen überwiesen. Derzeit befindet sich gerade einmal ein Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) in rheumatologischer Behandlung. Bis der Spezialist erstmals konsultiert wird, vergehen im Schnitt 1,6 Jahre - wertvolle Zeit, die für die Beeinflussung der Erkrankung verloren ist. Rund die Hälfte der Betroffenen sehen während der gesamten Dauer ihrer Krankheit kein einziges Mal einen Spezialisten - obwohl die fachrheumatologische Versorgung erwiesenermaßen zu einer besseren Prognose beiträgt. Zum Vergleich: Rund 90 Prozent der von einem Rheumatologen mitbetreuten Patienten mit RA erhalten eine den Krankheitsverlauf günstig beeinflussende Basistherapie aus einer Kombination von mindestens zwei immunmodulierenden Medikamenten. Bei den ausschließlich vom Hausarzt versorgten Rheumakranken sind es gerade einmal 40 Prozent.

    Doch selbst für Spezialisten ist es nicht einfach, jeden Patienten optimal zu behandeln. Nur mit der herkömmlichen Krankenakte jedenfalls ist es nicht getan, wie die neue Studie aus Hannover unterstreicht, die von der AOK und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen gefördert wurde. In Zusammenarbeit mit 14 niedergelassenen internistischen Rheumatologen in Niedersachsen erprobten die Forscher darin modellhaft an 285 Patienten ein standardisiertes Dokumentations- und Befragungsinstrumentarium, das bei jedem Arztbesuch eingesetzt wurde. Sowohl vom Patienten als auch durch den Arzt wurden dabei in Form von Fragebögen über 12 Monate hinweg Angaben zur Entzündungsaktivität, Schmerz, Funktionseinschränkung und Lebensqualität erhoben. Die Forscher werteten diese Fragebögen daraufhin innerhalb weniger Tage aus und stellten den Ärzten die Ergebnisse zusammengefasst und grafisch aufbereitet in Form von Verlaufskurven und Schaubildern zur Verfügung. Um den Verlauf der Krankheit verfolgen zu können, waren die Mediziner angehalten, ihre Patienten während der Studie alle drei Monate auf ihren Gesundheitszustand, deren Lebensqualität und den Effekt der Behandlung zu untersuchen.

    Die Ergebnisse einer ersten Zwischenauswertung, die inzwischen vorliegen, sind viel versprechend: Sowohl nach Einschätzung der Ärzte als auch nach einer Beurteilung der Patienten selbst war die Krankheitsaktivität innerhalb eines Jahres um 20 Prozent zurückgegangen. In der Kontrollgruppe hatte sich die Krankheitsaktivität im gleichen Zeitraum durchschnittlich nur um 5 Prozent verringert. Auch Schmerzen und der allgemeine Gesundheitszustand hatten bei den Probanden mit Feedbackreport sich deutlich stärker gebessert als bei jenen, die ohne das neue Dokumentationsinstrumentarium behandelt worden waren.

    Unklar ist allerdings noch, was den Erfolg des neuen Qualitätsmanagements tatsächlich ausmacht. Denn die Entscheidung für bestimmte Medikamente, Therapieformen oder -umstellungen, waren während der gesamten Studie ganz dem behandelnden Arzt überlassen. Eine Antwort auf diese Frage erhoffen sich die Forscher von einer abschließenden Auswertung der Studienergebnisse, die Ende dieses Jahres vorliegen wird. Wahrscheinlich jedoch, so vermuten die Forscher, hilft das grafische Feedback der Untersuchungs- und Befragungsergebnisse den Ärzten, schneller zu erkennen, wie gut oder schlecht eine bestimmte Therapie bei dem jeweiligen Patienten anschlägt und ermöglicht es ihnen, die Behandlung bei Bedarf effektiver an den Krankheitsverlauf anzupassen.

    Eines steht dagegen bereits fest: Von einer wirksameren Behandlung profitieren nicht nur die Patienten, sondern die gesamte Gesellschaft. Das belegt eine zweite Untersuchung, die Forscher des Kompetenznetzes Rheuma parallel an einer Untergruppe von 119 der 285 Patienten vornahmen, für die auch Kostendaten vorlagen. Nach 12 Monaten war die Zahl der Tage, an denen die berufstätigen Patienten arbeitsunfähig waren, von anfangs durchschnittlich 17 pro Quartal auf 5 Tage am Ende der Studie zurückgegangen. Ein Effekt, mit dem die Kosten pro Patient und Jahr um rund 200 Euro sanken. Man hoffe nun, möglichst alle niedergelassenen Ärzte für das Qualitätsmanagementsystem zu gewinnen, sagte Zeidler. Dies sei jedoch nur einer von mehreren Schritten, die zur Verbesserung der Versorgungssituation chronisch Rheumakranker in Deutschland in den nächsten Jahren nötig sein werden.

    Weitere Informationen erhalten Sie von:

    Prof. Dr. med. Henning Zeidler
    Medizinische Hochschule Hannover
    Abteilung Rheumatologie
    Carl-Neuberg-Str. 1
    30625 Hannover
    Tel.: 0511/ 532 2190
    Fax: 0511/ 532 5648
    E-Mail: zeidler.henning@mh-hannover.de

    Pressestelle: Cornelia Stolze
    Tel.: 030/ 6140 2852
    Fax: 030/ 6140 2980
    E-Mail: stolze@drfz.de
    www.rheumanet.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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