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04.12.2017 09:00

Jedes Sandkorn ist eine Metropole für Bakterien

Dr. Fanni Aspetsberger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie

    Auf einem einzelnen Korn leben bis zu 100.000 Mikroorganismen aus tausenden von Arten.

    Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem sonnigen Strand und lassen sich genüsslich den warmen Sand durch die Finger rinnen. Millionen von Sandkörnern. Was Sie sich dabei vermutlich nicht vorstellen: Gleichzeitig rieseln auch Zig Milliarden Bakterien zwischen Ihren Fingern hindurch. Denn einer Untersuchung von ForscherInnen des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen zufolge leben zwischen 10.000 und 100.000 Mikroorganismen auf jedem dieser Körnchen. Das bedeutet, dass ein einzelnes Sandkorn so viele Einwohner haben kann wie Flensburg oder Kaiserslautern!

    Auch Bakterien ducken sich

    Dass Sand ein dicht besiedelter und aktiver Lebensraum ist, ist schon länger bekannt. Nun beschreiben David Probandt und seine Kollegen erstmals, wie es genau auf einem einzelnen Körnchen Sand aussieht. Sie nutzten dazu Proben aus der südlichen Nordsee nahe Helgoland.

    Die vielen Tausend Bakterien besiedeln die Sandkörner nicht gleichmässig. Während exponierte Flächen faktisch unbesiedelt sind, tummeln sich die Bakterien in Rissen und Kuhlen. „Dort sind sie gut geschützt“, erklärt Probandt. „Wenn die Sandkörner vom Wasser umströmt und herumgewirbelt werden und aneinander reiben, finden die Bakterien in solchen Einbuchtungen ein sicheres Plätzchen.“ Auch vor Räubern, die die Oberfläche der Sandkörner nach Nahrung abgrasen, sind sie so einigermaßen sicher.

    Beeindruckende Vielfalt

    Doch nicht nur die Anzahl, auch die Vielfalt der Bakterien beeindruckt. „Auf jedem einzelnen Sandkorn fanden wir tausende verschieden Arten von Bakterien“, so Probandt.
    Manche Arten und Gruppen von Bakterien finden sich auf allen untersuchten Sandkörnern, andere treten nur vereinzelt auf. „Mehr als die Hälfte der Bewohner gleicht sich auf allen Körnern. Wir vermuten, dass diese bakteriellen ‚Stammspieler’ auf jedem Sandkorn eine ähnliche Funktion ausüben“, erklärt Probandt. „Jedes Korn hat quasi die gleiche grundlegende Besetzung und Infrastruktur.“ Aus der Untersuchung eines einzelnen Sandkorns können die ForscherInnen also viel über die generelle bakterielle Vielfalt des Sandes erfahren.

    Sandige Küsten sind riesige Filter

    Die sandliebenden Bakterien spielen eine bedeutende Rolle für das Ökosystem Meer und die weltweiten Stoffkreisläufe. Da diese Bakterien beispielsweise Kohlenstoff und auch Stick¬stoff aus dem Meerwasser und aus einströmenden Flüssen verarbeiten, wirkt Sand wie ein riesiger, reinigender Filter. Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt nicht wieder heraus.

    „Jedes Sandkorn funktioniert wie eine kleine Bakterien-Vorratskammer“, erklärt Probandt. Es liefert den nötigen Nachschub, um die großen Stoffkreisläufe von Kohlenstoff, Stickstoff und auch Schwefel am Laufen zu halten. „Wie auch immer die Bedingungen sind, denen die Bakteriengemeinschaft auf einem Sandkorn gerade ausgesetzt ist – durch die große Vielfalt ihrer ‚Stammspieler’ findet sich immer jemand, der die Substanzen aus dem Umgebungswasser verarbeitet.“

    Originalveröffentlichung

    Probandt, T. Eickhorst, A. Ellrott, R. Amann and Katrin Knittel (2017): Microbial life on a sand grain: from bulk sediment to single grains. The ISME Journal.
    DOI:10.1038/ismej.2017.197
    Published under CC-SA BY 4.0

    Weiterführende Information

    Probandt, D., Knittel, K., Tegetmeyer, H. E., Ahmerkamp, S., Holtappels, M. and Amann, R. (2017): Permeability shapes bacterial communities in sublittoral surface sediments. Environ Microbiol, 19: 1584–1599. doi:10.1111/1462-2920.13676

    Rückfragen bitte an

    David Probandt
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
    Telefon: +49 421 2028 940
    E-Mail: dprobandt@mpi-bremen.de

    Dr. Katrin Knittel
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
    Telefon: +49 421 2028 935
    E-Mail: kknitel@mpi-bremen.de

    oder an die Pressestelle

    E-Mail: presse@mpi-bremen.de
    Dr. Fanni Aspetsberger
    Telefon: +49 421 2028 947
    Dr. Manfred Schlösser
    Telefon: +49 421 2028 734


    Weitere Informationen:

    http://www.mpi-bremen.de
    https://www.nature.com/articles/ismej2017197


    Bilder

    Nicht zu erahnen, wer hier alles wohnt: Sandkörner unter dem Binokular.
    Nicht zu erahnen, wer hier alles wohnt: Sandkörner unter dem Binokular.
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
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    Blick auf ein Sandkorn unter dem Fluoreszenzmikroskop: Die grünen Pünktchen sind eingefärbte Bakterien, die sich vor allem in Vertiefungen auf dem Sandkorn angesiedelt haben.
    Blick auf ein Sandkorn unter dem Fluoreszenzmikroskop: Die grünen Pünktchen sind eingefärbte Bakteri ...
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/CC-SA BY 4.0
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    Anhang
    attachment icon Nicht zu erahnen, wer hier alleDavid Probandt bei der Probenahme.s wohnt: Sandkörner unter dem Binokular.

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Nicht zu erahnen, wer hier alles wohnt: Sandkörner unter dem Binokular.


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    Blick auf ein Sandkorn unter dem Fluoreszenzmikroskop: Die grünen Pünktchen sind eingefärbte Bakterien, die sich vor allem in Vertiefungen auf dem Sandkorn angesiedelt haben.


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