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07.12.2017 13:30

Pfade des Erwachsenwerdens

Sebastian Hollstein Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Psychologe der Universität Jena erklärt in neuem Buch Bildungschancen in Zeiten des sozialen Wandels

    Politik, Wirtschaft, Kultur und viele andere Lebensbereiche sind einem permanenten Veränderungsprozess unterworfen. Schaut man ins Internet oder in die Zeitung, beschleicht einen das Gefühl, dass dieser noch nie so schnell ablief wie heute. Und so positiv die Errungenschaften etwa der Digitalisierung sind, so besorgniserregend sind die negativen Folgen vieler Entwicklungen für die Gesellschaft. Die vielzitierte Schere zwischen Arm und Reich übt bereits in jungen Jahren großen Einfluss auf die spätere soziale Rolle eines Menschen aus – nicht zuletzt durch ungleich verteilte Bildungschancen.

    In einem neuen Buch hat ein internationales Team junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Psychologie, Soziologie, Politologie und Erziehungswissenschaft nun eine Analyse vorgestellt, mit welchen Problemen junge Menschen durch den sozialen Wandel konfrontiert sind. Umfangreiche Studien aus verschiedenen Ländern liegen ihrer Arbeit zugrunde. Herausgegeben hat das Werk Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen, Direktor des Center for Applied Developmental Science in Jena, gemeinsam mit seiner Londoner Kollegin Prof. Dr. Ingrid Schoon. „Im Mittelpunkt des Buches steht ein von uns entwickeltes Pfadmodell, das die Bildungs- und Berufswege junger Menschen nachzeichnet und damit veranschaulicht“, erklärt Silbereisen. „Denn eine solche Entwicklung vollzieht sich aus unserer Sicht nicht geradlinig, sondern passiert immer wieder Punkte, an denen sich die Richtung ändern kann. Ob sich diese Pfade zum Guten oder eher zum Negativen wenden, lässt sich vor allem an diesen Punkten beeinflussen – und somit lassen sich auch unterschiedliche ökonomische Ausgangspositionen für den Bildungs- und Lebenserfolg teils ausgleichen.“

    Unterschiedliche Bildungssysteme analysiert

    Eine wesentliche Variable sei dabei beispielsweise das sogenannte Schulengagement, also die Fähigkeit und Bereitschaft eines Schülers oder einer Schülerin, sich aus eigenem Antrieb für Unterrichtsstoff zu interessieren und sich damit zu beschäftigen – etwa befördert durch Erfolgserlebnisse oder das konkretere Vermitteln der Relevanz des Unterrichtsstoffes. „Wir haben dank unseres internationalen Teams viele unterschiedliche Bildungssysteme genauer unter die Lupe genommen, um zu erkennen, was eher kultur- und nationenabhängig ist und was nicht. Dabei haben wir festgestellt, dass es den einen idealen Weg nicht gibt, dass aber solche Aspekte wie die Eigenmotivation des Schülers überall elementar wichtig sind“, sagt der Jenaer Psychologe. „Und das lässt sich beispielsweise durch eine entsprechende Lehrerausbildung auch positiv beeinflussen.“ Zudem seien Schüler, bei denen das Engagement stärker ausgeprägt ist, auch später als junge Erwachsene besser aufgestellt, wenn sie sich gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen des Arbeitslebens durch die Globalisierung bewähren müssen.

    Räume zum Ausprobieren

    Ein weiterer Faktor, der bei der Bewältigung des sozialen Wandels äußerst hilfreich ist, ist das sogenannte „Entrepreneurial Mindset“, also unternehmerisches Denken. „Das bedeutet nicht, dass Kinder und Jugendliche bereits in jungen Jahren wirtschaftlich im Sinne einer Unternehmensgründung denken sollen, sondern dass sie Lust an Neugier und Verantwortung entwickeln und dafür Räume zum Ausprobieren haben, wodurch sie die Selbstgewissheit entwickeln, mit Herausforderungen erfolgreich umgehen zu können.“

    Diese und andere Stellschrauben lassen sich auch strukturell bewegen, um die Kluft bei den Bildungschancen zu verkleinern. So sei beispielsweise die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten sehr gering, weil es Förderprogramme gibt, die es Schulabgängern erleichtert, im Erwachsenendasein Fuß zu fassen, auch wenn sie nicht gleich eine Arbeitsstelle finden. Das verhindert eine soziale Abwärtsspirale, wie sie etwa in den USA zu beobachten ist. Aus solchen und anderen Erkenntnissen heraus hat das Wissenschaftlerteam in seinem Buch Handlungsempfehlungen an die Politik formuliert, damit aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse auch bei der Bewältigung des sozialen Wandels helfen können.

    Bibliographische Angaben:
    Ingrid Schoon, Rainer K. Silbereisen (Hg.): Pathways to adulthood: Educational opportunities, motivation and attainment in times of social change, UCL Institute of Education Press, London 2017, 451 Seiten, Preis: ca. 35 Euro (E-Book billiger), ISBN 978-1-78277-208-8

    Kontakt:
    Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen
    Center for Applied Developmental Science
    E-Mail: rainer.silbereisen[at]uni-jena.de


    Bilder

    Cover des neuen Buchs.
    Cover des neuen Buchs.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Psychologie
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Cover des neuen Buchs.


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