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08.09.2003 16:53

"Bullying an Schulen" (III) - Bullying wirft lange Schatten auf die Opfer

Cornelia Glees-zur Bonsen Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    München, 8. September 2003 - Bullying heißt das Phänomen, das so manchem Schüler das Leben zur Hölle macht. Das Repertoire der Täter ist umfassend und reicht von verbalen Attacken und Demütigungen bis zu körperlichen Angriffen auf die Opfer. Am Institut für Pädagogische Psychologie und empirische Pädagogik der LMU wurden jetzt unter der Leitung von Dr. Mechthild Schäfer mehrere Studien zu verschiedenen Aspekten des Phänomens Bullying durchgeführt.

    Teil III

    Bullying, also systematische Angriffe mancher Schüler auf physisch und psychisch schwächere Mitschüler, gilt oft als ein Phänomen der Schulzeit. Doch viele der attackierten Schüler leiden auch noch als Erwachsene unter den Folgen, wie eine Studie am Institut für Pädagogische Psychologie und empirische Pädagogik der LMU unter der Leitung von Dr. Mechthild Schäfer und Stefan Korn in Zusammenarbeit mit britischen und spanischen Wissenschaftlern jetzt zeigte.

    Die Forscher befragten Erwachsene aus Deutschland, Großbritannien und Spanien unter anderem zu Langzeitfolgen wie Selbstmordgedanken und quälende Erinnerungen, aber auch Opfererfahrungen in ihrem Privatleben und Beruf. "Im Vergleich zu Nichtbetroffenen haben ehemalige Opfer häufig ein geringeres Selbstbewusstsein und fühlen sich emotional verlassen, vor allem wenn sie das Bullying über lange Zeit nach der Grundschulzeit erlitten haben", berichtet Schäfer. "Sie berichten uns verstärkt von Problemen, Freundschaften aufrechtzuerhalten." Opfer, die Bullying in der höheren Schule durchmachten, haben sehr häufig Schwierigkeiten im Umgang mit dem anderen Geschlecht und führen angstbesetzte Beziehungen.

    Bullying unter Schülern ist weit verbreitet und hat negative Auswirkungen auf die Opfer, etwa psychosomatische Erkrankungen, Depressionen, geringes soziales und allgemeines Selbstbewusstsein oder sogar Selbstmordgedanken. "Langzeiteffekte durch Bullying wären keine Überraschung", so Korn. "Schließlich bilden Kinder im Schulalter Selbstbewusstsein im Umgang mit anderen aus. Fehlende soziale Akzeptanz und die permanente Ablehnung durch Klassenkameraden beeinflussen das natürlich negativ." Eine wichtige Rolle spielt dabei der Zeitpunkt des Bullyings. Ein negativer Einfluss auf das Selbstwertgefühl und Freundschaften sind zu erwarten - zunehmend aber in Bezug auf das andere Geschlecht, wenn die Attacken in der weiterführenden Schule und nicht nur in der Grundschule erfahren werden.

    Dies ist die erste Studie, die eine große Stichprobe erwachsener Männer und Frauen untersucht und dabei eine gewisse Bandbreite an möglichen Konsequenzen durch das Bullying einbezieht. Dabei zeigte sich, dass viele der ehemaligen Opfer, wenn auch selten, von Erinnerungen an die Attacken - etwa in Träumen - verfolgt werden. Den größten Einfluss schien die Bullying-Erfahrung aus der Schulzeit allerdings auf die Beziehungen der Befragten im Erwachsenenalter zu haben. Beeinträchtigt waren die Selbstwahrnehmung, die Art der Beziehung und die Qualität der Freundschaften. Viele ehemalige Opfer berichten von Problemen, anderen nahe zu kommen - obwohl sie sich emotional enge Beziehungen wünschen. Signifikant sind auch ihr fehlendes Vertrauen in andere und die Furcht, verletzt zu werden, wenn sie Nähe zulassen. Bei Langzeitopfern war das allgemeine Selbstbewusstsein besonders niedrig, was die Bedeutung der Dauer des Bullyings aufzeigt. Je länger das Bullying während der Schulzeit anhält, desto größer ist die Tendenz bei Erwachsenen, ihren Freundeskreis klein zu halten. Zudem suchen sie eher Kontakte zu Personen mit ähnlichen Problemen.

    "Unsere Befunde können keine Kausalzusammenhänge nachweisen", schränkt Schäfer ein. "Möglicherweise berichten Erwachsene mit geringem Selbstwertgefühl eher von ihrer Opferrolle in der Schule, auch wenn dies in dem Umfang nicht stattgefunden hat." Allerdings stützen andere Studien die Ergebnisse, die auch nicht in allen Fällen nur von der tatsächlichen oder vermeintlichen Opferrolle der Befragten in Kindheit und Jugend abhängen. Außerdem konnten die Forscher in der Untersuchung sehr starke, allgemeine und den Bullying-Opfern gemeinsame Tendenzen ausmachen. Das stärkt das Vertrauen in die Aussagekraft der Befunde. Und es ist keine Überraschung, dass schlechte Erfahrungen im Umgang mit anderen, vor allem vermeintlichen Freunden, die sich dann doch vom Opfer distanzieren, zu geringem Selbstwertgefühl und fehlendem Vertrauen in die Beständigkeit emotionaler Beziehungen führen. "Jetzt muß die Forschung untersuchen, ob positive Erfahrungen nach der Schulzeit den negativen Effekten des Bullyings entgegenwirken können", meint Schäfer." (suwe)

    Ansprechpartner:

    Dr. Mechthild Schäfer
    Institut für Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik der LMU
    phon: ++49-89-2180-5240 und ++49-89-2180-5146 (Sekretariat)
    E-Mail: mechthild.schaefer@gmx.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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