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12.09.2003 15:00

Enzyme aus dem Termitendarm für die Industrie: Effektiver Abbau von Cellulose in kürzester Zeit

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erzielen Durchbruch bei der Gewinnung von Enzymen zum Holzabbau. Auch bislang unkultivierbare Mikroorganismen können jetzt genutzt werden.

    Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz kultivieren Mikroorganismen, die schwer verdauliches Holz abbauen können. Damit sind Voraussetzungen geschaffen, um die Holz abbauenden Enzyme in größerem Maßstab herzustellen und für die Industrie verfügbar zu machen. "Unsere Quelle für die Enzyme sind Mikroorganismen aus dem Darm holzfressender Termiten, die wir schon seit mehreren Jahren eingehend untersuchen", erläutert Dr. Jürgen Fröhlich vom Institut für Mikrobiologie und Weinforschung. Fröhlich arbeitet bei der Gewinnung dieser neuartigen Enzyme mit der BRAIN AG, Zwingenberg, zusammen, um auch nichtkultivierbare Mikroorganismen mit moderner Molekularbiologie nutzbar zu machen.

    "Mastotermes darwiniensis ist sozusagen unsere Haus- und Hoftermite", erläutert Fröhlich den Ausgangspunkt seiner Forschungen. Die Tiere, auch "weiße Amei-sen" genannt, stammen aus Australien, sind zwischen 1,5 und zehn Zentimeter (Königin) lang und weniger mit Ameisen als vielmehr mit Schaben und Heuschrecken verwandt. Die staatenbildenden Insekten leben in Symbiose mit Bakterien, Hefen und Flagellaten, um die schwer verdaulichen Holzbestandteile zu zerlegen. Die Protozoen leben im Darm, der zu einer sogenannten Gärkammer erweitert ist und fast den ganzen Hinterleib ausfüllt. Ein Staat, der über eine Million Mitglieder umfasst, könnte beispielsweise ein Blockhaus innerhalb einer Woche baufällig machen. Pilze, die ebenfalls Holz abbauen, bräuchten Jahre dazu.

    Die Schwierigkeit beim Holzabbau ist es, die sogenannte Lignocellulose zu erschließen. "Lignin ist der Klebekitt des Holzes und extrem schwer verdaulich, vor allem unter den sauerstofflimitierten Bedingungen im Darm." Fröhlich vermutet, dass von den Termiten und ihren Besiedlern sehr kleine Enzyme verwendet werden, um dieses verkleisterte Holz abzubauen. Lignocellulose wird dann über mehrere Schritte zu Oligosacchariden, Disacchariden und Glucose abgebaut. Übrig bleibt Lignin, das zum Bau von Termitenhügeln dient. Diese Bauten bzw. Nester sind extrem hart und können eine Höhe von bis zu sechs Metern erreichen.

    "Das Geheimnis der 'niederen' Termiten ist eine 200 bis 300 Millionen Jahre alte Symbiose mit verschiedenen Mikroorganismen", erläutert Fröhlich. Schon länger bekannt ist, dass kleine Einzeller, die Flagellaten, den Termitendarm besiedeln und dort das gefressene Holz zersetzen und als Kohlenstoffquelle für sich und die Termiten nutzen. Neuere Forschungen zeigen, dass auch eine Vielzahl von Bakterien die schwer abbaubaren Nahrungsquellen im Darm zerlegen. "Einer unserer Schwerpunkte am Institut ist es, Hefen und andere Mikroorganismen zu finden und zu kultivieren, die Endocellulasen, vor allem Avicellasen, zum Abbau von kristalliner Cellulose bereitstellen." Fröhlich und seine Mitarbeiter haben mittlerweile eine Sammlung von über 100 Isolaten angelegt, die den schwierigen Celluloseabbau bewerkstelligen, und stellen dieses Stammsortiment auch für industrielle Zwecke zur Verfügung. Dabei ist es gelungen, Mikroorganismen, die bislang als unkultivierbar galten, im Labor zu züchten. "Wir wissen, wie man diese Mikroorganismen kultiviert", so Fröhlich. "Dadurch können wir auch Enzyme mit ganz bestimmten Eigenschaften finden, die speziell auf Kundenwünsche zugeschnitten sind." In der Industrie werden solche Enzyme etwa in der Papier- oder Textilverarbeitung eingesetzt.

    Kontakt und Informationen:
    Institut für Mikrobiologie und Weinforschung
    Dr. Jürgen Fröhlich
    Tel. 06131/39-23544, Fax 06131/39-22695
    E-Mail: jfroehl@uni-mainz.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-mainz.de/FB/Biologie/Mikrobiologie/MikroBiol.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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