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28.02.2018 12:24

Hirntumor: Methadon verstärkt nicht die Wirksamkeit der Chemotherapie

Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

    Viele Glioblastom-Patienten werden in Deutschland mit Methadon behandelt und zwar ohne Datengrundlage aus klinischen Studien. Nun sprechen neueste Forschungsergebnisse in der Zellkultur gegen eine Wirkung dieser Substanz bei bösartigen Hirntumoren. Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) stellten auf dem 33. Deutschen Krebskongress vom 21. bis 24. Februar 2018 in Berlin ihre experimentellen Befunde vor.

    „Diese aktuellen Daten widerlegen die Hypothese, dass Methadon beim Glioblastom die Wirkung einer Chemotherapie in der Zelle verstärkt“, kommentiert Professor Uwe Schlegel, einer der federführenden Autoren für die Leitlinie „Hirntumoren“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Mitglied im Beirat der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Krebsgesellschaft. Hirntumor-Experten der DGN raten davon ab, Methadon außerhalb von kontrollierten klinischen Studien einzusetzen.

    Glioblastome zählen zu den Krebserkrankungen mit besonders schlechter Prognose. Hoffnungen auf den Nutzen von Methadon als begleitende Therapie, welche die Wirkung von Chemotherapeutika beim Glioblastom verstärken soll, haben viele Patienten und Angehörige stark verunsichert. Zahlreiche Patienten fordern Methadon ein, obwohl es keine wissenschaftlich gesicherten Belege für seine Wirksamkeit beim Glioblastom gibt. Darauf wiesen die Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Krebsgesellschaft sowie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie bereits im Jahre 2015 hin. Nun liegen neue Daten aus Zellkulturexperimenten vor, in denen sich das Opioid Methadon als wirkungslos erwies.

    Für die Studie untersuchten die Forscher im Labor den spezifischen Effekt von Methadon auf Glioblastomzellen. Dafür behandelten sie Zellkulturen des bösartigen Hirntumors – entweder mit dem Chemotherapie-Medikament Temozolomid allein, mit Methadon allein oder mit einer Kombination aus Temozolomid und Methadon. Unbehandelte Zellkulturen dienten als Kontrolle. „Leider mussten wir feststellen, dass Methadon die Wirksamkeit der Chemotherapie nicht verstärkt. Das Opioid hat keinerlei sensibilisierende Wirkung für die bei Glioblastomen eingesetzte Standardtherapie mit Temozolomid. Auch Methadon allein hat keinen nachweisbaren Effekt auf das Überleben oder Sterben der Krebszellen“, erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe, Professor Wolfgang Wick, Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

    Andockstellen für Methadon fehlen

    Die Forscher fanden auch eine mögliche Erklärung für die fehlende Wirksamkeit von Methadon: In der überwiegenden Mehrzahl der Zellen von humanen Glioblastomen fehlte die spezifische Andockstelle, der Opioidrezeptor, für das Medikament. Ohne Andockstelle an der Krebszelle kann Methadon keine Anti-Tumor-Wirkung entfalten. „Opioidrezeptoren sind offenbar recht exklusiv auf spezialisierten Nervenzellen exprimiert“, erläutert Professor Schlegel. „In der aktuellen Studie ist mit Zellen gearbeitet worden, die der Situation beim Patienten ähnlich sind“, so der Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Bochum weiter. „Sie besitzen ebenso wie reale Glioblastome im Menschen keine Opioidrezeptoren und können leider deshalb gar nicht auf Methadon ansprechen.“

    Diese neuen Erkenntnisse sprechen gegen einen Einsatz von Methadon als unterstützende Behandlung zur Chemotherapie bei Glioblastom. „Außerhalb von klinischen Studien ist von einer „supportiven“ Methadon-Therapie des Glioblastoms dringend abzuraten“, betont Schlegel.

    Auf die Wirkung von Methadon auf andere Tumorentitäten oder andere Chemotherapien lässt sich aus den Ergebnissen nicht schließen.

    Quellen

    Latzer P, Kessler T, Sahm F, Rübmann P, Hielscher T, Platten M, Wick W. Methadone does not increase toxicity of temozolomide in glioblastoma cells. Poster 33. Deutscher Krebskongress, 21.–24. Februar 2018, Berlin; Oncol Res Treat 2018;41(suppl 1):1–221

    „Gliomtherapie mit Methadon: bisher nur experimentell getestet – Wirkung beim Menschen völlig unklar“; Gemeinsame Stellungnahme der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Krebsgesellschaft (NOA) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) vom 26. März 2015

    Fachlicher Kontakt bei Rückfragen
    Prof. Dr. Wolfgang Wick
    Neurologische Klinik & Nationales Centrum für Tumorerkrankungen
    Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg
    Tel.: +49 (0)6221 567075
    E-Mail: wolfgang.wick@med.uni-heidelberg.de

    Prof. Dr. Uwe Schlegel
    Direktor der Klinik für Neurologie am
    Universitätsklinikum Knappschaftkrankenhaus Bochum
    In der Schornau 23–25, 44892 Bochum
    Tel.: +49 (0)0234 299370
    E-Mail: uwe.schlegel@kk-bochum.de

    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
    c/o albertZWEI media GmbH, Oettingenstraße 25, 80538 München
    Tel.: +49 (0)89 46148622, Fax: +49 (0)89 46148625
    Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
    E-Mail: presse@dgn.org

    Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
    sieht sich als neurologische Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren rund 9000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

    Präsident: Prof. Dr. med. Gereon R. Fink
    Stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. med. Christine Klein
    Past-Präsident: Prof. Dr. med. Ralf Gold
    Geschäftsführer: Dr. rer. nat. Thomas Thiekötter
    Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org


    Weitere Informationen:

    https://www.dgn.org/presse/pressemitteilungen/56-pressemitteilung-2018/3552-hirn...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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