Fast-Field-Cycling-Relaxometrie misst die Aktivität von Tumoren anhand der zellulären Wasseraustauschrate
Wie aggressiv ist ein Tumor? Italienische Forscher haben eine Methode entwickelt, durch magnetische Resonanzbildgebung (MRI) den Zustand eines Tumors zu erfassen, ohne Gewebeproben nehmen zu müssen. Die Technik misst die magnetischen Resonanzdispersionsprofile von Protonen bei kleinen Magnetfeldern, bei der auch dynamische Prozesse wie der Austausch von Wassermolekülen sichtbar gemacht werden. Somit ließe sich die Aggressivität eines Tumors nichtinvasiv beobachten, so die Autoren der Studie, die in der Zeitschrift Angewandte Chemie publiziert wurde.
Die in Kliniken genutzte Technik der Hochfeld-MRI produziert standardmäßig hochaufgelöste Bilder von Tumoren. Bei einem festen Magnetfeld erhält man genaue Daten zur Form eines Tumors. Dynamische Prozesse wie Physiologie oder Stoffwechsel sind aber weniger leicht zugänglich. Hier wird normalerweise mit Kontrastmitteln nachgeholfen, aber Simonetta Geninatti Crich von der Universität Turin und ihre Kollegen arbeiten an einer direkten Methode. Mit einer adaptierten Field-Cycling-Kernresonanztechnik maßen sie die Kernrelaxation auch bei tiefen Magnetfeldern, die Aufschluss über die Dynamik des Wassers in der Zelle gibt. Für mehrere Tumorsorten korrelierte die zelluläre Austauschrate des Wassers mit der (bekannten) Aggressivität des Tumors.
Die NMR-Fast-Field-Cycling-Relaxometrie misst die Spin-Gitter-Relaxationszeit von Protonen in einem Magnetfeld bei schneller Variation des Magnetfelds. Je nach der Stärke des Magnetfelds erhält man Auskunft über verschiedene Zustände der Protonen. Nur bei tiefen Feldern erreicht die Bewegung von Wassermolekülen in einem Tumor ausreichenden Kontrast. Für ihre Versuche verwendeten die Wissenschaftler daher ein NMRD-Instrument (D für Dispersion), das extra auf die Umschaltung zwischen verschiedenen Feldstärken und die Datenakquise bei Tiermodellen angepasst war. Ergebnis der Messungen waren klar unterscheidbare Relaxationskurven für drei verschiedene Tumortypen, die ins Muskelgewebe einer Maus eingebracht worden waren.
Die kinetische Analyse lieferte hierfür drei Szenarien: eine langsame Wasseraustauschrate, ein schneller Austausch und eine mittlere Rate, bei denen die intra- und extrazellulären Kompartimente etwa gleichermaßen beitragen. Ein schneller Austausch bedeutet einen aktiven Stoffwechsel und somit eine hohe Aktivität der Tumorzelle. „Diese erhöhte metabolische Aktivität ist charakteristisch für aggressive Tumoren, die Metastasen bilden”, erklärt Prof. Geninatti Crich. Die Zellen entlasten sich von dem metabolischen Druck, indem sie den Wasseraustausch nach außen erhöhen. Dieser Wasseraustausch spiegelt sich in den NMRD-Profilen wieder.
Entsprechend können mit der Technik schnell, direkt und nichtinvasiv Aussagen über den Entwicklungszustand des Tumors gemacht werden. Die Wissenschaftler beschreiben ihre Methode als „neue Diagnostikoption für die Onkologie”. Eine Integration in die neuen Fast-Field-Cycling-MRI-Technologien zum Ganzkörperscan bei Patienten ist vorgesehen.
Angewandte Chemie: Presseinfo 10/2018
Autor: Simonetta Geninatti Crich, Università degli Studi di Torino (Italy), http://www.dmbhs.unito.it/do/docenti.pl/Alias?simonetta.geninatticrich
Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201713318
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Messung der Aktivität von Tumoren anhand der zellulären Wasseraustauschrate.
(c) Wiley-VCH
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