Greifswalder Physiker haben den Zerfall von Bleiteilchen im Subnanobereich untersucht und überraschende Erkenntnisse zu ihrem Zerfallsverhalten gewonnen. Darüber berichten sie in mehreren Veröffentlichungen, unter anderem in der Fachzeitschrift Physical Review Letters.
In der Physik wird unterschieden zwischen Atomen und Festkörpern. Zwischen diesen liegen sogenannte Cluster, also Teilchen, die aus wenigen bis hin zu Tausenden Atomen bestehen. Aufgrund ihrer Größe weisen sie Eigenschaften auf, die sowohl von den einzelnen Atomen als auch von ausgedehnten Festkörpern abweichen. Schon das Entfernen oder Hinzufügen eines einzelnen Atoms kann die Eigenschaften eines Clusters völlig verändern. Die Untersuchung dieser Eigenschaften ist eines der Hauptforschungsgebiete der Arbeitsgruppe Atom- und Molekülphysik des Instituts für Physik der Universität Greifswald.
Für die nun vorgestellten Untersuchungen wurde ein hochreiner Draht aus Blei mit einem Laser bestrahlt. Dies führt zur Bildung eines Plasmas aus Elektronen und Bleiatomen, welches anschließend stark abgekühlt wird, so dass sich die Bleiatome aneinander anlagern können. Die so entstandenen (elektrisch geladenen) Cluster werden in Ionenfallen gefangen, für die Messungen präpariert und mit einem Massenspektrometer nachgewiesen.
Bei den negativ geladenen kleinen Bleiclustern aus knapp 20 bis fast 40 Atomen konnte schon bei Elektronen- und bei Laserbeschuss ein Zerfallsverhalten beobachtet werden, dass von anderen Metallen abweicht: Während bei Kupfer-, Silber- und Goldclustern jeweils nur einzelne neutrale Atome oder das überzählige Elektron abgegeben werden, zerfallen die Bleicluster in größere Bruchstücke (S. König et al., J. Phys. Chem., 2017 http://dx.doi.org/10.1021/acs.jpcc.6b12074, M. Wolfram et al, J. Phys. B 2018 https://doi.org/10.1088/1361-6455/aa9801, S. König et al., Int. J. Mass Spectrom. (2017) https://doi.org/10.1016/j.ijms.2017.06.009). Erst bei größeren Bleiclustern verschwindet der Zerfall in größere Bruchstücke zugunsten der bekannten Abdampfung einzelner Atome, was auch von Modellen kleiner Metallkügelchen vorhergesagt wird.
Die Experimente mit Elektronenstrahlen und Lasern wurden nun vor kurzem kombiniert. Dabei wurde zum ersten Mal eine Spaltung von zweifach negativ geladenen Metallclustern in jeweils einfach geladene kleinere Cluster beobachtet. Damit setzt sich offensichtlich das von den Edelmetallen abweichende Zerfallsverhalten fort, ebenso wie die Rückkehr zu dem erwarteten Verhalten bei den größeren Clustern. Dies lässt nun vermuten, dass sich auch andere Eigenschaften der Teilchen verändern. So legen die Beobachtungen nahe, dass es bei der Vergrößerung der Bleicluster einen Übergang vom Halbleiter zum Metall gibt, während auch schon kleinste Edelmetallcluster eher metallisch sind.
Für solche Erkenntnisse der Grundlagenforschung interessieren sich unter anderem Werkstoffforscher, die nach Materialien mit besonderen Eigenschaften suchen. Von Nanoteilchen erwartet man hier neue Impulse. Im Idealfall könnte man die Materialeigenschaften mittels der Clustergrößen kontrollieren – auch wenn die jetzigen Ergebnisse noch viele Schritte von einer konkreten Anwendung entfernt sind.
Die Ergebnisse zur Clusterspaltung wurden veröffentlicht im Fachblatt Physical Review Letters 120, 163001 – Published 16 April 2018
Fission of polyanionic metal clusters, S. König, A. Jankowski, G. Marx, L. Schweikhard, M. Wolfram, Physical Review Letters 120, 163001 (2018)
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.120.163001
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.120.163001
In der Grafik ist der Beschuss von in einer Penning-Ionenfalle gefangenen Bleiteilchen schematisch dargestellt. In den Kästen rechts ist das Zerbrechen eines geladenen (mit zwei Elektronen) Teilchens bestehend aus mehreren Atomen in ein Elektron und ein einfach geladenes Teilchen (oben) und in zwei größere jeweils geladene Teilchen (unten) schematisch dargestellt. – Grafik: Stephan König
Dr. Stephan König vor der Greifswalder Penning-Ionenfallen-Apparatur „ClusterTrap“ – Foto: Magnus Schult
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Dr. Stephan König vor der Greifswalder Penning-Ionenfallen-Apparatur „ClusterTrap“
Foto: Magnus Schult
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Grafik: Stephan König
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
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Dr. Stephan König vor der Greifswalder Penning-Ionenfallen-Apparatur „ClusterTrap“
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