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24.09.2003 18:45

"AGING MALE" - Marketinggag oder echtes Krankheitsbild?

Bettina Albers Pressestelle der DGU
Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.

    Pressemitteilung anlässlich des 55. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie

    Am 11.08.2003 titelte Der Spiegel folgendermaßen:
    "Erfundene Krankheiten. Wie die Medizin Gesunde für krank verkauft". Ins Schussfeuer der Kritik geriet auch die Urologie, da der Autor, Jörg Blech, ausführte, dass das Aging-Male-Syndrom, also die "Wechseljahre des Mannes" nichts als eine Erfindung der Urologen und der Pharmaindustrie sei.

    Was ist dran an dieser Behauptung? Die Deutsche Urologie bezieht Stellung.

    Das sogenannte "Aging-Male-Syndrom" wird in Zusammenhang mit dem im Alter sinkenden Testesteronspiegel gebracht. Dabei wird ein abgesenkter Testosteronwert mit Änderungen der Befindlichkeit wie allgemeine Müdigkeit, Erektions- und Orgasmusstörungen assoziert.
    Seitens der Pharmaindustrie und Teilen der Ärzteschaft wird eine Vermarktung von Testosteron-Präparaten als Präventionsmittel gegen die männliche Midlife-Crisis propagiert.

    Unterschiedliche Studien, auch eine neue Untersuchung einer andrologischen Arbeitsgruppe deutscher Urologen, zeigen jedoch, dass diese aufgeführten Symptome dem zunehmenden Alter und nicht dem sinkenden Testosteronspiegel zuzuschreiben sind. Lediglich eine veminderte Libido und eine allgemeine verstärkte mentale Erschöpfung gehen auf das Konto des Testosterons. In den Studien wird aber kein Zusammenhang zwischen sinkendem Testosteronspiegel und nachlassender Erektionsfähigkeit, auch nicht zu zunehmenden Depressionsbeschwerden nachgewiesen. Daraus wird gefolgert, dass diese Symptome altersbedingt zunehmen und demzufolge nicht primär durch einen Ausgleich eines Hormonmangels behoben werden können.
    Die erektile Dysfunktion, die als das Hauptsymptom der männlichen Wechseljahre gilt und mit denen sich jeder zweite Mann in einer "Aging Male"-Sprechstunde vorstellt, ist primär nicht testosteronbedingt zu erklären. Obwohl Testosteron für die Schwellkörperfunktion unabdingabar ist, nimmt die erektile Funktion mit zunehmendem Alter ab, wobei z.B. Gefäßerkrankungen oder auch ein Diabetes mellitus eine wichtige Rolle spielen können. Die Häufigkeit von erektilen Störungen ist auch bei weitem nicht so hoch, wie das oft angenommen und verbreitet wird. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie geht davon aus, dass lediglich zwischen 10 und 20 % der Männer über 55 Jahren betroffen sind, von denen - so die Kölner Männerstudie - nur ein Drittel der Fälle ärztliche Hilfe sucht.

    Ein Testosteronmangel kann nicht pauschal für eine erektile Dysfunktion noch für alle übrigen klimakterischen Beschwerden verantwortlich gemacht werden. Welche Symptome dem Alter und welche dem Hormonmangel zur Last gelegt werden können, ist u.a. Forschungsgegenstand der o.g. Arbeitsgruppe. Für die DGU steht fest, dass keine eindeutige Kausalität zwischen einem Hormonmangel und der Gesamtheit der Wechseljahrsymptome auszumachen ist.

    Die breite Vermarktung der neuen Testosteron-Gele als "Lifestyle-Medizin" gegen die Midlife-Crisis ist daher irreführend. Nur wenn der Hormonmangel mit einer eindeutigen Symptomatik verbunden ist, rät die Deutsche Gesellschaft für Urologie zur Anwendung der dermalen Applikation unter strenger Beachtung der Kontraindikationen (z.B. Prostatakarzinom, symptomatische BPH oder Schlaf-Apnoe). Liegen trotz nachweislichen Hormondefizits keine Beschwerden vor, besteht auch keine Veranlassung, Hormone zu verabreichen. Leidet jedoch ein Patient an Symptomen des nachgewiesenen Testosteronmangels, stellen die modernen Gele aus unserer Sicht die effektivste und beste Art der Hormonapplikation dar, da sie zu physiologischen Hormonspiegel führen.

    Das "Aging Male Syndrom" ist also weder eine erfundene Krankheit noch ein reiner Marketing-Gag. Es ist ein Krankheitsbild, unter dem alternde Männer leiden - aber nicht automatisch alle Männer im Alter. Der naturgemäß sinkende Testosteronspiegel ist nicht die pauschale Ursache aller Symptome und muss auch nicht immer von Symptomen, unter denen der Patient leidet, begleitet werden.

    Die Deutsche Gesellschaft für Urologie möchte daher zu einem vernünftigen und wissenschaftlich fundierten Umgang mit dem Reizthema "Aging Male" auffordern. Es gibt keine Veranlassung, Testosteron-Substitutions-Präparate per se zu verteufeln, da sie eine sinnvolle therapeutische Alternative zu einem von Symptomen begleiteten Hormonmangel darstellen. Sie sind ein sinnvolles Medikament für eine Indikation, die es tatsächlich gibt, aber lange nicht jeden Mann trifft.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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