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13.10.1998 00:00

Proteine als Köder an einer molekularen Angel

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Signalübertragung in Zellen ist ein komplizierter Prozeß, bei dem verschiedenste Proteine miteinander in Verbindung treten. Wissenschaftler der Universität Würzburg sind dabei, die Bindungspartner eines relativ unerforschten Signalproteins aus dem großen See der Zellmoleküle zu fischen - eine molekulare Angel macht es möglich.

    Wie bis vor kurzem die russische Raumstation MIR in der Erdumlaufbahn als Anlaufhafen für Raumschiffe fungierte, so docken innerhalb der Zellen des menschlichen Körpers ständig Proteine an der Innenseite der Zellmembran an sogenannte Rezeptoren an. Dies geschieht jedoch erst, nachdem eine Landeerlaubnis erteilt wurde - nämlich immer dann, wenn der Rezeptor von außerhalb der Zelle ein entsprechendes Signal erhalten hat.

    Auf diese Weise können Zellen Signale von außen ins Zellinnere übertragen und dann entsprechend reagieren. Diese Signale können verschiedenste Botschaften enthalten: "Teile Dich!", "Es ist zuviel Zucker im Blut!", "Werde eine Nervenzelle!", "Reife zu einem roten Blutkörperchen!" oder sogar: "Deine Zeit ist um: Absterben!"

    Um solche Botschaften rasch zu vermitteln, gibt es eine Reihe von Proteintypen, wobei vor allem verschiedene Enzyme eine wichtige Rolle spielen. Wichtig sind aber auch die sogenannten Adapterproteine. Adapter ermöglichen also nicht nur die Nutzung von Elektrogeräten im Urlaub, sie üben auch im mikroskopischen Maßstab bei vielen Signalwegen eine Funktion aus.

    Die Adapterproteine sorgen dafür, daß die Verbindungen zwischen den signalempfangenden Rezeptoren und der Enzym-Maschinerie in der Zelle präzise und schnell hergestellt werden. Unterschiedliche Adapterproteine in verschiedenen Zelltypen führen dazu, daß jeweils andere Komplexe gebildet werden, obwohl manchmal die gleichen Rezeptoren bzw. nachgeschalteten Enzyme vorhanden sind. Damit ermöglichen sie eine große Vielfalt von Signalen.

    Nck - dieses Kürzel bezeichnet ein noch weitgehend uncharakterisiertes Adapterprotein. Es wird im Labor für Molekulare Onkologie des Instituts für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung (MSZ) der Universität Würzburg untersucht; die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt.

    Das Nck-Protein kommt in fast allen Körperzellen vor. Es besteht aus vier Abschnitten, von denen jeder an Zellproteine binden kann. Werden Zellen gezwungen, Nck im Übermaß zu produzieren, so zeigen sie Merkmale, die denen von Tumorzellen ähneln.

    Unter der Leitung von Dr. Stephan Feller wird untersucht, welche Rolle Nck bei der normalen und bei der krankhaft veränderten Übertragung von Zellsignalen spielt. Dabei suchen die Forscher unter anderem nach signalübertragenden Proteinen, die mit hoher Selektivität an Nck, nicht aber an andere Adapterproteine ähnlicher Struktur binden.

    Dazu hat die Arbeitsgruppe eine spezielle Technik entwickelt: Das Nck-Protein wird sozusagen an den Haken einer molekularen Angel gehängt, um nach anderen Zellproteinen zu fischen. Die Wissenschaftler bringen Nck auf die Oberfläche kleiner Kugeln auf und baden diese dann in einem Extrakt von Zellproteinen. Danach müssen sie die geangelten Proteine sichtbar machen. Zu diesem Zweck werden diese zunächst nach Größe sortiert, indem man sie zwingt, durch ein Netzwerk aus Kunststoffmolekülen zu wandern: Kleine Proteine durchlaufen dieses Netz schneller als große, weil sie nicht so oft hängenbleiben. Die sortierten Proteine werden dann auf einer Membran fixiert.

    Jetzt wird ein radioaktiv markiertes Nck-Protein aufgebracht, das sich an die Proteine bindet und diese endgültig sichtbar macht. Dies kann durch Auflegen eines Röntgenfilmes geschehen oder in einem speziellen Gerät, das die radioaktive Strahlung mißt. Auf diese Weise lassen sich noch unbekannte Bindungspartner für Nck finden.

    Ein wesentlicher Vorteil dieser Vorgehensweise liegt laut Dr. Feller darin, daß sehr viele Sorten von Zellen rasch miteinander verglichen werden können. Genauso lassen sich auch verschiedene, Nck-ähnliche Adapterproteine analysieren und die strikt Nck-spezifischen Proteine von solchen trennen, die auch an andere Adapterproteine binden können. Die gefundenen Proteine werden anschließend über biochemische Methoden isoliert, ihre Aminosäuresequenz bestimmt und ihre Funktionen untersucht.

    Weitere Informationen: Dr. Stephan Feller, T (0931) 201-3840, Fax (0931) 201-3835, E-Mail:
    stephan.feller@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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