Eine rechtswissenschaftliche Untersuchung zur Datenschutz-Grundverordnung am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) zeigt, dass die neue Verordnung ein geeignetes Regelungsinstrument für Innovationsprozesse ist und bei richtiger Umsetzung sogar Wettbewerbsvorteile schaffen kann.
Berlin, 14. Mai 2018 – Seit Beginn der Verhandlungen zur EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2012 wurde das neue Gesetz als Hindernis für Unternehmen kritisiert. Im Zentrum der Kritik stand dabei häufig das sogenannte Zweckbindungsprinzip, das Innovationsprozessen im Wege stehe. Kurz bevor die Verordnung am 25. Mai zur Anwendung kommt zeigt nun Dr. Maximilian von Grafenstein, Forscher am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), dass vor allem innovative Unternehmen von der DSGVO profitieren können. Die Forschungsarbeit „The Principle of Purpose Limitation in Data Protection Laws" zeigt, weshalb: Der Regelungsansatz der DSGVO lässt Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten, einen wesentlichen Spielraum bei der konkreten Umsetzung. Dadurch können sie die rechtlichen Anforderungen spezifisch an ihre Innovationsprozesse und deren Risiken anpassen und das zu einem Wettbewerbsvorteil machen.
Die DSGVO ersetzt die bisher geltende EU Datenschutz-Richtlinie zur Verarbeitung personenbezogener Daten und passt den Regelungsansatz an die Herausforderungen des Internetzeitalters an. Ziel der DSGVO ist, die Betroffenen effektiver vor den Risiken der Datenverarbeitung zu schützen. Für einige BeobachterInnen steht das in einem Konflikt mit der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Bezugnehmend auf am HIIG durchgeführte Fallstudien mit Startups weist die wissenschaftliche Arbeit von Maximilian von Grafenstein nach, dass das nicht der Fall sein muss. „Die Arbeit legt damit insbesondere im Innovationsbereich von datenbasierten Geschäftsmodellen eine wichtige Grundlage“, sagt Prof. Dr. Thomas Schildhauer, Direktor des HIIG.
Ein wesentliches Element der DSGVO ist das Zweckbindungsprinzip. Dieses verlangt, dass Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten, vor deren Erhebung die Zwecke der späteren Datenverarbeitung angeben. An diese Zwecke sind sie später grundsätzlich gebunden. „Anfangs ist aber oft noch nicht klar, wohin sich vor allem innovative Unternehmen entwickeln und daher können sie auch die Zwecke der späteren Datenverarbeitung nur bedingt präzise angeben“, erklärt von Grafenstein und ergänzt: „Meine Frage war deshalb, wie das Zweckbindungsprinzip eigentlich auszulegen ist und ob es in Einklang mit Innovationsprozessen gebracht werden kann.“
Das überraschende Ergebnis der Doktorarbeit ist, dass das Zweckbindungsprinzip – entgegen der üblichen Erwartung – nicht nur innovationsoffen ist, sondern sogar Innovationen fördern kann, argumentiert von Grafenstein in der im Nomos-Verlag publizierten Arbeit. Der Autor erklärt das so: „Das liegt daran, dass Unternehmen die hohe Rechtsunsicherheit, die mit dem Zweckbindungsprinzip einhergeht, über Ko-Regulierungsverfahren reduzieren können. Solche Verfahren sind in der DSGVO vor allem in Form von Zertifizierungsmechanismen und Verhaltensrichtlinien vorgesehen. So kann ein datenverarbeitendes Unternehmen die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze gemeinsam mit der zuständigen Datenschutzbehörde konkretisieren. Das ist vorteilhaft für das entsprechende Unternehmen, weil das die Rechtssicherheit erhöht, was wiederum eine fördernde Wirkung auf Innovationsprozesse haben kann.“ Damit schützt das Zweckbindungsprinzip also nicht nur die von der Datenverarbeitung Betroffenen, sondern befähigt die DatenverarbeiterInnen zugleich, ihre konkrete Umsetzung dieses Prinzips im Rahmen ihrer Innovationsprozesse als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Dieser innovationsfördernde Mechanismus gilt nicht nur für das Zweckbindungsprinzip, sondern für alle weiteren Anforderungen der DSGVO. Die Doktorarbeit zeigt: Nutzen Unternehmen, Verbraucher und Datenschutzbehörden diese Mechanismen, wird das Innovationspotenzial der DSGVO seine volle Kraft entfalten.
Pressekontakt: Florian Lüdtke | Tel. +49 30 200 760 82 | presse@hiig.de
Über das HIIG
Das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) erforscht die Entwicklung des Internets aus einer gesellschaftlichen Perspektive, um die damit einhergehende Digitalisierung aller Lebensbereiche besser zu verstehen. Als erstes Forschungsinstitut in Deutschland mit einem Fokus auf Internet und Gesellschaft hat das HIIG ein Verständnis erarbeitet, das die Einbettung digitaler Innovationen in gesellschaftliche Prozesse betont. Basierend auf dieser transdisziplinären Expertise und als Teil des Global Network of Interdisciplinary Internet & Society Research Centers will das HIIG eine europäische Antwort auf den digitalen Strukturwandel entwickeln.
Das HIIG wurde 2011 von der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Universität der Künste Berlin (UdK) und vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) gegründet mit dem Hans-Bredow-Institut Hamburg als integrierter Kooperationspartner. Die ForschungsdirektorInnen des Instituts sind Prof. Dr. Jeanette Hofmann, Prof. Dr. Dr. h.c. Ingolf Pernice, Prof. Dr. Björn Scheuermann, Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer und Prof. Dr. Wolfgang Schulz.
http://Open Access-Zugriff auf die Dissertation: https://www.hiig.de/publication/the-principle-of-purpose-limitation-in-data-prot...
Dissertation von Max von Grafenstein: "The Principle of Purpose Limitation in Data Protection Laws. ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
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überregional
Forschungsergebnisse
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