Je intelligenter ein Mensch ist, desto weniger vernetzt sind die Nervenzellen in seiner Großhirnrinde. Zu diesem Ergebnis kommen Neurowissenschaftler um Dr. Erhan Genç und Christoph Fraenz von der Ruhr-Universität Bochum nach einer Studie mit einer besonderen Form der Magnetresonanztomografie, die Einblicke in die mikrostrukturelle Verschaltung des Gehirns erlaubt. Das Team der Bochumer Arbeitseinheit Biopsychologie berichtet über die Ergebnisse gemeinsam mit Kollegen der University of New Mexico in Albuquerque, der Humboldt-Universität Berlin und des Lovelace Biomedical and Environmental Research Institute in Albuquerque in der Zeitschrift „Nature Communications“ vom 15. Mai 2018.
Intelligenz hängt mit Anzahl der Zellfortsätze zusammen
Die Wissenschaftler untersuchten die Gehirne von 259 Männern und Frauen mittels Neurite Orientation Dispersion and Density Imaging. Mit der Methode konnten sie in der Großhirnrinde die Menge an Zellfortsätzen, sogenannten Dendriten, messen, mit denen eine Nervenzelle Kontakt zu anderen Nervenzellen aufnimmt. Alle Probandinnen und Probanden absolvierten außerdem einen Intelligenztest. Dann setzten die Forscher die Daten in Beziehung zueinander und fanden heraus: Je intelligenter ein Mensch ist, desto weniger Dendriten besitzt er in der Großhirnrinde.
Anhand eines unabhängigen öffentlich zugänglichen Datensatzes, der im Human-Connectome-Projekt erhoben worden war, bestätigte das Team das Ergebnis. Der Zusammenhang zwischen Dendritenmenge und Intelligenz trat auch in dieser Stichprobe auf, die rund 500 Leute umfasste.
Zuvor widersprüchliche Ergebnisse lassen sich erklären
Mit den neuen Erkenntnissen lassen sich zuvor widersprüchliche Ergebnisse aus der Intelligenzforschung erklären. Diese hatten zum einen ergeben, dass intelligentere Menschen tendenziell größere Gehirne besitzen. „Man ging davon aus, dass größere Gehirne mehr Nervenzellen enthalten und somit eine höhere Rechenleistung erzielen könnten“, sagt Erhan Genç. Andere Studien ergaben allerdings, dass intelligentere Menschen, trotz ihrer vergleichsweise hohen Anzahl an Nervenzellen, weniger neuronale Aktivität beim Bearbeiten eines Intelligenztests zeigen als die Gehirne von weniger intelligenten Menschen.
„Intelligente Gehirne zeichnen sich durch eine schlanke, aber effiziente Vernetzung ihrer Neurone aus“, resümiert Erhan Genç. „Dadurch gelingt es, eine hohe Denkleistung bei möglichst geringer neuronaler Aktivität zu erzielen.“
Förderung
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die Arbeiten im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1280 sowie der Projekte mit den Grantnummern Gu227/16-1 und GE2777/2-1. Weitere Förderung kam von Mercur im Rahmen des Projekts An-2015-0044.
Originalveröffentlichung
Erhan Genç, Christoph Fraenz, Caroline Schlüter, Patrick Friedrich, Rüdiger Hossiep, Manuel C. Voelkle, Josef M. Ling, Onur Güntürkün, Rex E. Jung: Diffusion markers of dendritic density and arborization in gray matter predict differences in intelligence, in: Nature Communications, 2018, DOI: 10.1038/s41467-018-04268-8
Pressekontakt
Dr. Erhan Genç
Arbeitseinheit Biopsychologie
Institut für Kognitive Neurowissenschaft
Fakultät für Psychologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24323
E-Mail: erhan.genc@rub.de
Dr. Erhan Genç interessiert sich für den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Hirnstrukturen.
© RUB, Kramer
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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