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26.09.2003 12:58

Geburtstagssymposium für Prof. Walter Birchmeier (Langfassung)

Barbara Bachtler Kommunikation
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch

    Mit einem Symposium über "Gemeinsame Mechanismen in der Entwicklungsbiologie und bei der Entstehung von Krebs" ("Common Mechanisms in Development and Cancer") am Freitag, 26. September 2003, hat das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch den Zellbiologen und Krebsforscher Prof. Walter Birchmeier zu seinem 60. Geburtstag geehrt. Sprecher waren unter anderem: Nobelpreisträgerin Prof. Christiane Nüsslein-Volhard (Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Tübingen), Prof. Louis Reichardt (Universität von Kalifornien, San Francisco/USA), Prof. Rolf Kemler (Max-Planck-Institut für Immunologie, Freiburg), Prof. Hans Clevers (Universitätshospital Utrecht, Niederlande), Prof. Konrad Basler (Universität Zürich, Schweiz) und Prof. Christof Niehrs (Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg). Diese Wissenschaftler haben, wie auch Prof. Birchmeier und seine Mitarbeiter, entscheidende Entdeckungen auf diesem Gebiet der Zellbiologie, der Entwicklungsbiologie und der Krebsentstehung gemacht.

    Prof. Birchmeiers Augenmerk galt zunächst Molekülen, die Zellen wie Kitt fest miteinander verbinden, den Zelladhäsionsmolekülen. Diese hatte er zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Kemler entdeckt und bearbeitet. Prof. Birchmeiers Forschergruppe konnte nachweisen, dass eines dieser Zelladhäsionsmoleküle, das so genannte E-Cadherin, in Tumoren (Karzinomen) des Menschen, oft nicht vorhanden oder defekt ist. Die Folge davon ist, dass sich gefährliche Tumorzellen vom so genannten Primärtumor ablösen, invasiv werden und letztlich Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden können. Das wichtige wissenschaftliche Konzept in der Tumorforschung, wonach Zelladhäsionsmoleküle bei der Metastasierung von Tumoren eine bedeutende Rolle spielen, basiert auf der Entdeckung von Prof. Birchmeiers Forschungsgruppe.

    Zelladhäsionsmoleküle, wenn sie intakt sind, sorgen jedoch nicht nur für die richtige Anordnung der Zellen im Zellverband, sondern ermöglichen auch den Informationsaustausch zwischen ihnen. Die korrekte Weiterleitung von Signalen ist die Voraussetzung dafür, dass sich Zellen und Gewebe richtig entwickeln und ein gesunder Organismus entsteht. Am MDC hat sich Prof. Birchmeier zusammen mit Dr. Jürgen Behrens, jetzt Professor an der Universität Erlangen, vermehrt damit befasst, wie Informationen von der Zelloberfläche in den Zellkern gelangen und wie der Informationsfluss in Tumorzellen sich verändert hat.

    Eine Rolle beim "Funkverkehr" der Zellen spielt zum Beispiel ein Signalweg, den die Wissenschaftler Wnt/beta-Catenin-Signalweg nennen und der, wie Forschungen der vergangenen Jahre vor allem von Prof. Nüsslein-Volhard gezeigt haben, zusammen mit einem halben Dutzend anderer Signalwege die Gesamtentwicklung von Organismen, auch des Menschen, steuern. Mit der Entdeckung des beta-Catenin bei der Taufliege Drosophila melanogaster, dort als Armadillo bezeichnet, vor 25 Jahren legte die Tübinger Entwicklungsbiologin die Grundlage für viele weitere Entdeckungen dieses Forschungszweigs. So konnten zum Beispiel Prof. Birchmeier und seine Mitarbeiter 1996 - in Konkurrenz mit den Forschungsgruppen von Prof. Clevers und Prof. Kemler zeigen - wie dieser Wnt/beta-Catenin-Signalweg mit der Informationszentrale der Zelle, der DNS im Zellkern, "redet".

    Die MDC-Forscher stellten fest, dass beta-Catenin an so genannte Transkriptionsfaktoren bindet - diese Faktoren hat Prof. Basler bei der Taufliege Drosophila charakterisiert - und mit ihnen zusammen in den Zellkern wandert. Dort sorgt beta-Catenin dafür, dass andere Gene als normalerweise vorgesehen, in der Zelle aktiviert werden, zum Beispiel solche, die Krebs auslösen. Und tatsächlich ist dieser Signalweg bei vielen Tumoren des Menschen gestört, zum Beispiel bei nahezu allen Darmtumoren. Er ist dabei ständig aktiv. Zur Zeit versuchen verschiedene Forschungsgruppen, zum Beispiel die von Prof. Clevers, Prof. Basler, Prof. Niehrs sowie Prof. Birchmeier und auch die Pharmaindustrie nach Wegen, diese "hyperaktiven" Signalwege in Tumoren zu hemmen. Weitere Komponenten dieses Wnt/beta-Catenin Signalwegs, zum Beispiel das Molekül "Dickkopf", das wie der Name sagt, in Embryonen des Krallenfrosches Xenopus laevis dicke Köpfe verursacht, entdeckte Prof. Niehrs. Prof. Reichardt untersuchte die Bedeutung des Wnt/beta-Catenin Signalwegs im Nervensystem. All diese Forschungen haben der Entwicklungs- und Krebsforschung entscheidende Impulse gegeben, wie der Titel des Symposiums zeigt. Sie haben zugleich deutlich gemacht, dass die zellbiologischen Prozesse nur in der Entwicklung der Organismen kontrolliert ablaufen, bei der Entstehung von Krebs jedoch enthemmt sind.

    Grundschullehrer und Biologe
    Walter Birchmeier wurde am 8. Juli 1943 in Würenlingen (Kanton Aargau) in der Schweiz geboren. Nach einer Ausbildung zum Grundschullehrer und zweieinhalbjähriger Schultätigkeit studierte er Biologie an der Universität Zürich. Nach seiner Promotion in Biologie ging er 1973 in die USA, zunächst an die Cornell Universität in Ithaca (US-Staat New York) und an die Universität von Kalifornien in San Diego. 1978 kehrte er nach Europa zurück, zuerst an die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich, dann 1982 als Arbeitsgruppenleiter an das Friedrich-Miescher-Laboratorium der Max-Planck-Gesellschaft in Tübingen. 1988 wurde er Professor für molekulare Zellbiologie am Universitätsklinikum Essen. Seit 1993 ist er Forschungsgruppenleiter im MDC und hat seit 1996 eine Professur an der Charité, Universitätsmedizin Berlin, inne. Seit 1998 ist er Stellvertreter des wissenschaftlichen Vorstands des MDC. Prof. Birchmeier hat mehr als 100 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1990 den Wilhelm-Warner-Preis für Krebsforschung, 1992 den Meyenburg-Preis für Krebsforschung und 1999 den Deutschen Krebspreis.

    Photo: Prof. Walter Birchmeier
    (Copyright MDC)

    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
    Robert-Rössle-Str 10
    13125 Berlin
    Barbara Bachtler
    Tel: 030/94 06 - 38 96
    Fax:030/94 06 - 38 33
    e-mail:bachtler@mdc-berlin.de
    http://www.mdc-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     


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