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23.05.2018 20:00

Wie Fische ihre Spermien auf Erfolg trimmen

Nathalie Matter Corporate Communication
Universität Bern

    Buntbarsch-Männchen haben verschiedene Taktiken entwickelt, um sich bei der Befruchtung von Weibchen durchzusetzen. Sogar ihre Spermien sind der jeweiligen Taktik angepasst, wie Forschende des Instituts für Ökologie und Evolution der Universität Bern nun entdeckt haben.

    Wenn es um die Fortpflanzung geht, ist die Konkurrenz im Tierreich gross: Paarungswillige Männchen buhlen mit auffälligen Farben, verlängerten Federn, beeindruckenden Stosszähnen oder aufwändigem Balzverhalten um die Gunst der Weibchen.

    Wie ein Team um Michael Taborsky vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern nun anhand von Buntbarschen zeigen konnte, macht diese Konkurrenz unter den Männchen aber nicht bei den Äusserlichkeiten halt – sie betrifft auch die Spermien. Unterschiedliche Buntbarsch-Männchen greifen bei der Befruchtung der weiblichen Eizellen auf verschiedene Taktiken zurück. Je nachdem, welche Taktik ein Männchen verfolgt, sind auch dessen Spermien daran angepasst.

    Zwergmännchen gegen Nestmännchen

    «Bei Buntbarschen im Tanganjikasee, die in leeren Schneckenhäusern brüten, findet man eine ganz knifflige Aufteilung der Rollen von Männchen in der Befruchtung von Eiern», sagt Michael Taborsky. Bei diesen Fischen sammeln grosse «Nestmännchen» leere Schneckenhäuser, die sie den Weibchen als Bruthöhle zur Verfügung stellen.

    Winzigkleine Schmarotzermännchen machen sich diese Situation zu Nutze, um sich an dem im Schneckenhaus ablaichenden Weibchen vorbei zu schlängeln und damit in die Spitze des Schneckenhauses zu gelangen. Diese Zwergmännchen haben nur ein sechzigstel der Masse der grossen Nestbesitzer, können von diesen also leicht umgebracht und sogar gefressen werden, wenn sie nicht höllisch aufpassen.

    Wenn die Spermien dieser beiden Männchentypen – Nestmännchen und Zwergmännchen – um die Befruchtung der Eier konkurrieren, die das Weibchen im Schneckenhaus ablegt, haben sie ganz unterschiedliche Bedingungen. Während das Nestmännchen seine Spermien nur in den Eingang des Schneckenhauses abgeben kann, da er viel zu gross ist, um in das Haus einzudringen, kann das Zwergmännchen die Eier von innerhalb des Schneckenhauses befruchten. Seine Spermien brauchen daher nur einen viel kürzeren Weg zurückzulegen, als die Spermien der Nestmännchen.

    Unterschiedliche Spermien-Leistungen

    Eine Untersuchung der Spermientypen und deren Leistungsfähigkeit in Taborsky‘s Arbeitsgruppe konnte nun zeigen, dass die Spermien dieser beiden Männchentypen ganz unterschiedliche Leistungen vollbringen. «Während die Keimzellen der Zwergmännchen am Anfang sehr schnell und zielgerichtet schwimmen, sind die Nestmännchen-Spermien im Vergleich dazu eher träge und weniger effizient im Verfolgen ihrer Schwimmrichtung», so Taborsky. Dies macht sich aber mit der Zeit bezahlt: während die schnellen Spermien der Zwergmännchen sehr bald ermüden und nach 2–3 Minuten schliesslich ganz absterben, leben die Nestmännchenspermien wesentlich länger – können also auch dann noch das Ei befruchten, wenn sie es nach dem langen Weg, den sie zurücklegen müssen, endlich erreichen.

    In dieser Studie, die in «Science Advances» publiziert wurde, konnte demnach der Nachweis erbracht werden, dass polymorphe Männchentypen innerhalb einer Art Spermien hervorbringen können, die auf entgegengesetzte Leistungsmerkmale spezialisiert sind. Der springende Punkt ist dabei die unterschiedliche Bauart der Spermienzellen. Die Köpfe der Spermien sind bei den Nestmännchen grösser, womit sie über mehr Energiereserven verfügen - was aber auf Kosten der Effizienz in der Fortbewegung geht. Die entgegengesetzte Spezialisierung dieser Keimzellen lässt sich dabei sehr gut mit der besonderen Ökologie der Fortpflanzung dieser Tiere erklären. Die Losung für die Spermien heisst: schnell, aber auch schnell tot, oder ausdauernd, aber dafür weniger zielgerichtet. Nachdem die Spermien beider Männchentypen im Schneckenhaus unterschiedliche Strecken zurücklegen müssen, erreichen sie mit dieser Spezialisierung auf unterschiedliche Weise ihr Ziel.

    Publikation:
    Michael Taborsky, Dolores Schütz,Olivier Goffinet, G. Sander van Doorn: Alternative male morphs solve sperm performance/longevity trade-off in opposite directions, Science Advances, 23. Mai 2018, in press

    Kontakt:
    Prof. Dr. Michael Taborsky
    Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern, Verhaltensökologie
    Tel. +41 31 631 91 56 / +41 78 847 32 72
    michael.taborsky@iee.unibe.ch


    Weitere Informationen:

    https://we.tl/mLNb8III6f


    Bilder

    Männchen ejakuliert in das Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt.
    Männchen ejakuliert in das Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt.
    Michael Taborsky, Universität Bern
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    Skizze: Männchen ejakuliert in ein Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt und ein Zwergmännchen ebenfalls Spermien abgibt, um die Eier zu befruchten.
    Skizze: Männchen ejakuliert in ein Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt und ein Zwergmännche ...
    Michael Taborsky, Universität Bern
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Männchen ejakuliert in das Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt.


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    Skizze: Männchen ejakuliert in ein Schneckenhaus, in dem ein Weibchen Eier legt und ein Zwergmännchen ebenfalls Spermien abgibt, um die Eier zu befruchten.


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