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30.05.2018 12:00

Der Tarantelnebel: Eine dicht bevölkerte Nachbarschaft

Dr. Carolin Liefke - ESO Science Outreach Network Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Bildveröffentlichung der Europäischen Südsternwarte (Garching) - Der etwa 160.000 Lichtjahre entfernte Tarantelnebel ist das eindrucksvollste Himmelsobjekt innerhalb der Großen Magellanschen Wolke, einer Begleitgalaxie unserer Milchstraße. Das VLT Survey Telescope am Paranal-Observatorium der ESO in Chile hat diese Himmelsregion und ihre reichhaltige Umgebung in feinstem Detail aufgenommen. Das Bild zeigt eine kosmische Landschaft aus Sternhaufen, leuchtenden Gaswolken und den verstreuten Überresten von Supernovaexplosionen. Es ist das schärfste Bild, das je von diesem gesamten Feld gemacht wurde.

    Unter Ausnutzung der Kapazitäten des VLT Survey Telescope (VST) am Paranal-Observatorium der ESO in Chile haben Astronomen dieses sehr detaillierte neue Bild des Tarantelnebels und seiner zahlreichen benachbarten Nebel und Sternhaufen aufgenommen. Die Tarantel, die auch als 30 Doradus bezeichnet wird, ist die hellste und energetischste Sternentstehungsregion in der Lokalen Gruppe von Galaxien.

    Der Tarantelnebel am oberen Rand dieses Bildes erstreckt sich über mehr als 1000 Lichtjahre und befindet sich im Sternbild Dorado (der Schwertfisch) tief am südlichen Sternhimmel. Dieser atemberaubende Nebel ist Teil der Großen Magellanschen Wolke, einer Zwerggalaxie, die sich über etwa 14.000 Lichtjahre ersteckt. Die Große Magellansche Wolke ist eine der nächstgelegenen Galaxien zur Milchstraße.

    Im Zentrum des Tarantelnebels befindet sich ein junger, riesiger Sternhaufen namens NGC 2070, eine Sternenstehungsregion, deren dichter Kern mit dem Namen R136, einige der massereichssten und leuchtkräftigsten bekannten Sterne enthält. Das helle Leuchten des Tarantelnebels selbst wurde erstmals 1751 vom französischen Astronomen Nicolas-Louis de Lacaille aufgezeichnet.

    Ein weiterer Sternhaufen im Tarantelnebel ist der viel ältere Hodge 301, in dem schätzungsweise mindestens 40 Sterne als Supernovae explodiert sind und Gas in der gesamten Region verbreiten. Ein Beispiel für einen Supernovaüberrest ist die Superblase SNR N157B, die den offenen Sternhaufen NGC 2060 umschließt. Dieser Sternhaufen wurde erstmals 1836 vom britischen Astronomen John Herschel mit einem 18,6-Zoll-Spiegelteleskop am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika beobachtet. Am rechten unteren Rand des Tarantelnebels kann man die Position der berühmten Supernova SN 1987A ausmachen [1].

    Auf der linken Seite des Tarantelnebels sieht man einen hellen, offenen Sternhaufen namens NGC 2100, der eine helle Konzentration blauer Sterne aufweist, die von roten Sternen umgeben sind. Dieser Sternhaufen wurde 1826 vom schottischen Astronomen James Dunlop bei seiner Arbeit in Australien mit seinem selbstgebauten 9-Zoll-Spiegelteleskop (das entspricht einem Durchmesser von 23 cm) entdeckt.

    Im Zentrum des Bildes steht der Sternhaufen und Emissionsnebel NGC 2074, eine weitere massereiche Sternentstehungsregion, die von John Herschel entdeckt wurde. Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine dunkle, seepferdchenförmige Staubstruktur - das "Seepferdchen der Großen Magellanschen Wolke". Dabei handelt es sich um eine gigantische Säulenstruktur, die etwa 20 Lichtjahre lang ist - fast fünfmal so lang wie die Entfernung zwischen der Sonne und dem nächsten Stern, Alpha Centauri. Die Struktur ist dazu verdammt, in den nächsten Millionen Jahren zu verschwinden, denn sobald sich in dem Sternhaufen mehr Sterne bilden, werden ihre Strahlung und ihre Winde langsam die Staubsäulen wegblasen.

    Dieses Bild war nur dank der speziell entwickelten 256-Megapixel-Kamera OmegaCAM möglich. Das Bild wurde aus OmegaCAM-Einzelaufnahmen durch vier verschiedene Farbfilter erzeugt, darunter ein Filter zur Isolierung des roten Leuchtens von ionisiertem Wasserstoff [2].

    Endnoten

    [1] SN 1987A war die erste Supernova, die mit modernen Teleskopen beobachtet wurde und die hellste seit Keplers Supernova im Jahr 1604. SN 1987A war nach ihrer Entdeckung am 23. Februar 1987 über mehrere Monate hinweg 100 Millionen Sonnenleuchtkräfte hell.

    [2] Die H-alpha-Emissionslinie ist eine rote Spektrallinie, die entsteht, wenn das Elektron in einem Wasserstoffatom Energie verliert. Dies geschieht im Wasserstoff in der Umgebung heißer junger Sterne, wenn das Gas durch intensive ultraviolette Strahlung ionisiert wird und sich die Elektronen anschließend wieder mit den Protonen zu Atomen verbinden. Die Fähigkeit von OmegaCAM, diese Linie zu erkennen, erlaubt es Astronomen, die Physik von Riesenmolekülwolken zu charakterisieren, in denen sich neue Sterne und Planeten bilden.

    Zusatzinformationen

    Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Die Organisation hat 15 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Hinzu kommen das Gastland Chile und Australien als strategischer Partner. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist außerdem einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das European Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

    Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

    Kontaktinformationen

    Carolin Liefke
    ESO Science Outreach Network - Haus der Astronomie
    Heidelberg, Deutschland
    Tel: 06221 528 226
    E-Mail: eson-germany@eso.org

    Richard Hook
    ESO Public Information Officer
    Garching bei München, Germany
    Tel: +49 89 3200 6655
    Mobil: +49 151 1537 3591
    E-Mail: rhook@eso.org


    Weitere Informationen:

    https://www.eso.org/public/germany/news/eso1816/ - Webversion der Meldung mit weiteren Aufnahmen und Videos (auch in höher aufgelösten Versionen). Zugang vor Ablauf der Sperrfrist nur nach Anmeldung: http://www.eso.org/public/germany/outreach/pressmedia/#epodpress_form
    http://www.eso.org/public/images/archive/search/?adv=&subject_name=VLT%20Sur... - Fotos vom VLT Survey Telescope


    Bilder

    Europäische Südsternwarte
    Europäische Südsternwarte

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    Die reichhaltige Region um den Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke
    Die reichhaltige Region um den Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke
    Bild: ESO
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Europäische Südsternwarte


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