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13.10.1998 00:00

Reden wie die Schnauze gewachsen ist

Marietta Fuhrmann-Koch Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Internationale Dialektologentagung in Göttingen: "Dialektologie zwischen Tradition und Neuansätzen"

    (pug) Seit den 70er Jahren wird Dialekt im deutschsprachigen Raum verstärkt in der Öffentlichkeit und in der Literatur verwendet. Nach einer repräsentativen Umfrage vom Dezember 1997 beherrschen 43,5% aller Deutschen einen Dialekt. An einem vom Dialekt beeinflußten Deutsch nehmen 60,6 % der Deutschen keinen Anstoß. Zu den drei sympathischsten Dialekten zählen Bairisch, Schwäbisch und Plattdeutsch; weniger goutiert werden Pfälzisch und Obersächsisch. So wird bewußt eine eigen-sinnige Sprache dem nivellierenden Standard entgegengesetzt und zum Ausdruck regionaler Identität verwendet (z.B. Vortrag Wolfgang Lösch: "Zur Sprachsituation an der ehemaligen thüringischen Grenze zum Westen"). Dadurch wächst dem Dialekt Prestige zu, ohne daß er im Alltag öfter verwendet wird. Die sprachliche Signalisierung regionaler Herkunft ist heute ein gesellschaftlich erwünschter Wert, was der dialektologischen Forschung gänzlich neue Bereiche psychologischer und soziologischer Art eröffnet (Vortrag Evelyn Ziegler: "Wir reden so und nicht so und das bleibt auch so).

    Dieser Entwicklung trägt die internationale Dialektologentagung "Dialektologie zwischen Tradition und Neuansätzen" Rechnung, die vom 19. bis zum 21. Oktober in der Leinestadt Göttingen stattfinden wird. Gleichzeitig markiert die Tagung die Gründung der "Internationalen Gesellschaft für die Dialektologie des Deutschen"

    Für das Sprachverhalten des einzelnen ist heute charakteristisch, daß er nicht mehr auf eine Sprachform, Dialekt oder Hochsprache, angewiesen ist, sondern in der Lage ist, zwischen den Sprachen und sprachlichen Registern zu wechseln, aber "polyglott" zu sein. Damit werden Fragen der Mehrsprachigkeit auch Fragen der Dialektologie. Die Vitalität des Dialekts unterscheidet sich im deutschsprachigen Raum erheblich: In der Schweiz gebrauchen 70 % nur den (alemannischen) Dialekt, im Bundesland Brandenburg kaum 10 %. Österreich liegt mit knapp 50 % etwa in der Mitte zwischen diesen Werten. Bestimmte Gebiete, wie das Rheinland und das östliche Mitteldeutschland, haben den Dialekt schon durch eine großräumige Umgangssprache ersetzt. (2)
    In Norddeutschland erfährt das Niederdeutsche/Plattdeutsche jetzt auch staatlichen Bestandsschutz (durch die Aufnahme in die Charta der europäischen Regional- und Minderheitensprachen). Damit geht auch eine Aufwertung einher, ihr Ausdruck ist z.B. die Übersetzung von Landesverfassungen ins Niederdeutsche (in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern: "Verfassung von de Friee un Hansestadt Hamburg", "Verfatung von dat Land Mäkelborg-Vörpommern").

    Internationale Dialektologentagung in Göttingen: "Dialektologie zwischen Tradition und Neuansätzen"
    Gründung der "Internationalen Gesellschaft für die Dialektologie des Deutschen"
    Vom 19. - 21. Oktober 1998
    Aula der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, Waldweg 26 Göttingen

    Montag, 19. Oktober 1998
    9.00 - 9.30 Uhr Eröffnung: Prof. Dr. Dieter Stellmacher
    Grußworte:
    Prof. Dr. Carola Lipp, Vizepräsidentin der Georg-August-Universität
    Prof. Dr. Gustav Adolf Lehmann, Dekan der Philosophischen Fakultät
    Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Viereck, International Society of Dialectologists and Geolinguists
    9.30 - 10.30 Uhr Hauptvortrag Peter Wiesinger, Wien: Die deutsche Dialektologie zwischenTradition und Neuansätzen
    10.30 - 13.00 Uhr Joachim Herrgen, Mainz: Dialektgeographie und Dialektwandel, Tendenzen im ausgehenden 20. Jahrhundert
    Evelyn Ziegler, Heidelberg: "Wir reden so und nicht so und das bleibt auch so!" Sprachgebrauch und Dialektabbau in einer dialektgeprägten Dreigenerationenfamilie
    Karl-Heinz Bausch, Mannheim: Dialektologie und internationale Soziolinguistik (am Beispiel des Sprachwandels im Pfälzischen)
    Beat Siebenhaar, Zürich: Variation und Einstellung in einer dialektologischen Labilitätszone
    Birte Kellermeier, Duisburg: Dialekt als Sprachbarriere?
    Diskussionsleitung: Friedhelm Debus, Kiel
    13.00 - 15.00 Uhr Mittag
    15.00 - 16.30 Uhr Arlette Bothorell-Witz/Dominique Huck, Straßburg: Die Dialekte im Elsaß zwischen Tradition und Modernität
    Wolfgang Lösch, Jena: Zur Sprachsituation an der ehemaligen thüringischen Grenze zum Westen (3)
    Ursula Föllner, Magdeburg: Beobachtungen zur Rolle der Vertriebenen beim Wandel im Gebrauch des Ostfälischen nach dem Zweiten Weltkrieg
    Diskussionsleitung: Renate Herrmann-Winter, Greifswald
    16.30 - 17.00 Uhr Kaffeepause
    17.00 - 18.30 Uhr Peter Gilles, Freiburg: Die Konstruktion einer Nationalsprache: Zur Koinédebatte in der luxemburgischen Linguistik
    Hubertus Menke, Kiel: Empirische Erhebungen zur multilingualen Sprachsituation im deutsch-dänischen Grenzraum
    Anthony Rowley, München: "Mòcheno e Cimbro" - Von Dialekt(en) zu Sprache(n)?
    Diskussionsleitung: Reiner Hildebrandt, Marburg
    19.30 Uhr Empfang des Oberbürgermeisters im Alten Rathaus am Göttinger Markt
    Dienstag, 20. Oktober 1998
    9.00 - 10.00 Uhr Hauptvortrag Peter Trudgill, Fribourg: Migration, dialect contact, new-dialect formation and reallocation
    10.00 - 11.00 Uhr Peter Auer, Freiburg/Margret Selting, Potsdam: Intonation deutscher Regionalsprachen
    Eckhard Eggers, Göttingen: Überlegungen zur Entwicklung der Phonologie aus der Sicht der Allgemeinen und Indogermanischen Sprachwissenschaft und ihre Implikationen für die Dialektologie
    Diskussionsleitung: Jan Berns, Amsterdam
    11.00 - 11.30 Uhr Kaffeepause
    11.30 - 13.00 Uhr Elvira Glaser, Zürich: Erhebungsmethoden dialektaler Syntax
    Franz Patocka, Wien: Aspekte der Syntax des Bairischen
    Darcy Bruce Berry, Karlsruhe: Deutsche Dialekte in der formalsyntaktischen Forschung
    Diskussionsleitung: Werner König, Augsburg
    13.00 - 15.00 Uhr Mittag
    15.00 - 16.00 Uhr Kurt Rein, München: Die Modernisierung des Dialekts in der Sprachregion München
    Alina Florina Toma, Timisoara: Deutsch als soziolinguistische Fallstudie am Beispiel des rumänischen Banats
    Diskussionsleitung: Anatoli Domaschnew, St. Petersburg
    16.00 - 16.30 Uhr Kaffeepause (4)
    16.30 - 19.00 Uhr Gründungsveranstaltung der Internationalen Gesellschaft für die Dialektologie des Deutschen
    20.00 Uhr Abendveranstaltung (Mensa am Turm)
    Mittwoch, 21. Oktober 1998
    9.00 - 10.00 Uhr Helen Christen, Luzern: Chamäleons und Fossilien - Forschungsperspektiven für die konsolidierte schweizerisch-alemannische Dialektologie
    10.00 - 11.30 Uhr Heinz-Wilfried Appel, Göttingen: Vom Zettelkasten zur elektronischen Datenbank. Probleme einer synchronen Phonologie niederdeutscher Dialekte und computergestützte Lösungsansätze
    Edgar Haimerl, Salzburg: Computergestützte Auswertung von Sprachatlanten: Automatische Taxierung liefert den input für die Dialektologie
    Hermann Scheuringer, Wien: Mit den Methoden des 19. Jahrhunderts auf dem Weg ins 21. Jahrhundert? Vorschläge zur Standortbestimmuung in der deutschen Dialektologie.
    Diskussionsleitung: Hermann Niebaum, Groningen
    12.00 Uhr Abfahrt zur Busexkursion in die Deuregio Ostfalen. Wahrscheinliche Rückkehr in Göttingen: 20.00 Uhr

    Ende der Tagung
    Programmänderung vorbehalten

    Nähere Informationen:
    Dr. Heinz-Wilfried Appel
    Universität Göttingen
    Seminar für Deutsche Philologie
    Abteilung für Niederdeutsche Sprache und Literatur
    Humboldtallee 13
    37073 Göttingen

    Telephon: 0551 / 39 75 28
    Telefax: 0551 / 39 75 11
    URL: http://www.gwdg.de/~happel/ndabt.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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