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18.06.2018 16:44

Umwandlung von nicht-neuronalen Zellen in Nervenzellen

Oliver Kreft M.A. Unternehmenskommunikation
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Umwandlung von nicht-neuronalen Zellen in Nervenzellen
    Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz veröffentlichen neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neuroregeneration in „Nature Neuroscience“

    Bereits in 2012 war es einem Forscherteam um Prof. Dr. Benedikt Berninger gelungen, im Gehirn vorkommende Bindegewebszellen in Nervenzellen umzuprogrammieren. Welche Zwischenstadien die sogenannten Perizyten dabei durchlaufen und wie wichtig diese für den Reprogrammierungserfolg sind, war allerdings bislang völlig unklar. Gemeinsam mit Kollegen fand Prof. Berninger jetzt heraus, dass die Zellen während der Umwandlung von Perizyt zu Neuron ein stammzellartiges Stadium durchlaufen müssen. Es gelang ihnen, die in diesem Zwischenstadium aktivierten Signalwege zu manipulieren. Dadurch ließ sich die Reprogrammierung in Neurone steigern beziehungsweise unterdrücken. Diese Entdeckung ist potentiell der Schlüssel, um in der Zukunft die direkte Reprogrammierung von nicht-neuronalen Zellen in Neurone für die Regeneration erkrankten Hirngewebes zu nutzen. Die neuen Erkenntnisse wurden heute in Nature Neuroscience veröffentlicht.

    Perizyten regulieren im Gehirn die Weite kleiner Blutgefäße und beteiligen sich an der Bluthirnschranke sowie der Wundheilung. Prof. Berninger konnte jetzt zeigen, dass das gezielte Einschleusen zweier im Zellkern aktiver Proteine, Ascl1 und Sox2, bewirkt, dass Perizyten Form und Funktion von Nervenzellen annehmen. Bei diesen beiden Proteinen handelt es sich um sogenannte Transkriptionsfaktoren, die bestimmen, welche Abschnitte der DNA in einer bestimmten Zelle abgelesen werden und damit auch welche Form und Funktion eine Zelle hat. Bei den Perizyten leiten die beiden eingeschleusten Transkriptionsfaktoren die Umwandlung in Nervenzellen ein.
    „Bisher war allerdings völlig unklar, ob die Zellen während der Umwandlung abgrenzbare Zwischenstadien durchlaufen und wie wichtig diese für den Reprogrammierungserfolg sind“, sagt die Erstautorin der Mainzer Studie, Dr. Marisa Karow, Mitarbeiterin in Prof. Berningers Mainzer Team und mittlerweile Gruppenleiterin am Biomedizinischen Zentrum der Ludwigs Maximilians Universität München. „Mittels Analyse der Genaktivität auf Einzelzell-Niveau gelang es uns, den Entwicklungsverlauf des Reprogrammierungsprogramms auf molekularer Ebene nachzuvollziehen“, unterstreicht Prof. Barbara Treutlein (Max Planck-Gruppenleiterin in Leipzig und Dresden). Die Mainzer Wissenschaftler und ihre Kooperationspartner in Sachsen und Bayern fanden heraus, dass die Zellen während der Umwandlung von Perizyt zu Neuron ein stammzellartiges Stadium durchlaufen müssen. Innerhalb des stammzellartigen Stadiums sind wichtige Signalwege entweder unterdrückt oder aktiviert. „Dadurch, dass wir diese Signalwege manipulierten, konnten wir die Reprogrammierung in Neurone unterdrücken beziehungsweise steigern. Einerseits stellt das einen wichtigen Beleg für die funktionelle Bedeutung dieses Stadiums dar. Andererseits gibt es uns neue Möglichkeiten an die Hand, den Reprogrammierungserfolg zu steigern“, so Dr. Karow, und Professor Berninger fügt hinzu: „Außerdem haben wir beobachtet, dass sich die Zellen nach dem Durchlaufen des stammzellartigen Stadiums in zwei Klassen von Neuronen differenzieren: sowohl erregende als auch hemmende Neurone. Wir erhoffen uns von dieser Erkenntnis, dass wir in Zukunft die Reprogrammierung in spezifische neuronale Subtypen noch gezielter durchführen können.“ Auf Grundlage der neuen Erkenntnisse ist potentiell vorstellbar, dass sich in Zukunft die direkte Reprogrammierung von nicht-neuronalen Zellen in Neurone für die Regeneration erkrankten Gehirngewebes nutzen lässt.

    Originalveröffentlichung: 18.06.2018 DOI: 10.1038/s41593-018-0168-3

    Kontakt
    Prof. Dr. Benedikt Berninger
    Institut für Physiologische Chemie
    Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,
    Telefon 06131 – 13-21334, E-Mail: berningb@uni-mainz.de

    Pressekontakt
    Oliver Kreft, Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin Mainz, Telefon 06131 17-7424, Fax 06131 17-3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de

    Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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