„Krebserkrankungen im Kindesalter sind heute bei dem größten Teil der Patienten heilbar. „Die Strahlentherapie ist auch in der Krebstherapie von Kindern ein wichtiger Baustein und wird in vielen Therapieprotokollen vorgesehen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Stephanie E. Combs. Die Therapie wird auch zunehmend sicherer, gerade im Hinblick auf die Langzeitfolgen. Moderne Techniken der Bildgebungen ermöglichen eine genaue Festlegung der Bestrahlungsziele und -volumina, umliegende Organe können besser als früher geschont werden. Mittels moderner Bestrahlungstechniken (IMRT, 3D-RT und IGRT) werden bereits seit einigen Jahren individuelle, an den Tumor angepasste Bestrahlungen geplant und durchgeführt.
Die Krebstherapie im Kindesalter ist sehr häufig eine multidisziplinäre Therapie mit Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie und zunehmend auch zielgerichteten systemische Therapien. Die moderne Strahlentherapie wird besonders häufig in Kombination mit der Operation oder allein mit dem Ziel der Heilung eingesetzt, wenn der Tumor nicht operabel ist oder der Tumor bei der Operation nicht „im Gesunden“ entfernt werden konnte. „Auch bei Kindern ist eine Bestrahlung in vielen Therapieprotokollen als fester Bestandteil in den internationalen und nationalen Studien und Leitlinien enthalten, um entweder den Behandlungserfolg zu sichern oder eine Heilung überhaupt erst zu ermöglichen“, erklärt Frau Prof. Dr. med. Karin Dieckmann, stellv. Klinikleitung der Universitätsklinik für Strahlentherapie der medizinischen Universität Wien und. Sprecherin der APRO (Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Radioonkologie).
Neben der konventionellen Photonenstrahlung („Lichtteilchen“, also elektromagnetische Strahlung bzw. Röntgen- oder Gammastrahlung) wird seit einigen Jahren zunehmend die sogenannte Partikeltherapie (Ionenstrahlung, also Bestrahlung mit geladenen Teilchen) eingesetzt, zu der auch die Protonenstrahlung gehört. Partikelbestrahlung bietet in bestimmten Situationen Vorteile gegenüber Photonen, da durch den steilen Dosisabfall besonders das tumorumgebende gesunde Gewebe geschont wird. Aufgrund der biologisch-physikalischen Eigenschaften der Protonenstrahlung können auch Tumoren effektiv, präzise und nebenwirkungsarm zerstört werden, die unmittelbar an gesundes oder besonders strahlenempfindliches Gewebe angrenzen (z.B. bei Hirntumoren: Augen, Sehnerven, Hypocampus, Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und nicht betroffene Hirnanteile oder bei Sarkomen im Becken: Dünndarm, Dickdarm, Eierstöcke, Knochen/ Hüften).
Mit Partikelstrahlung kann die Strahlendosis in Zukunft möglicherweise auch bei inoperablen, strahlenunempfindlicheren Tumoren gesteigert werden, um eine bessere lokale Kontrolle zu erzielen, und zwar ohne die Nebenwirkungen/Spätfolgen an den Risikoorganen zu erhöhen. „Ein weiterer Vorteil ist, dass in ausgesuchten Fällen, beispielsweise bei einem Rückfall, die bestrahlte Region erneut bestrahlt werden kann, was ansonsten oft problematisch ist“, erklärt Frau Prof. Dieckmann.
Für bestimmte Tumorerkrankungen gibt es von Seiten der DEGRO bereits Empfehlungen für eine Partikelbestrahlung. In Deutschland wird derzeit ein Drittel der krebskranken Kinder, die eine Strahlentherapie benötigen, mit Protonen bestrahlt, die Tendenz ist steigend. Auch in neu initiierten nationalen und internationalen Studien werden Protonen neben Photonen eine weitere Behandlungsoption sein, die zu einer nebenwirkungsärmeren Behandlung genutzt werden können.
„Bei Kindern, die sich ja noch im Wachstum und in der Entwicklung befinden, ist es besonders wichtig, gesundes Gewebe einer geringstmöglichen Strahlenbelastung auszusetzen, um strahlenbedingte Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen zu vermeiden“, so Frau Prof. Dieckmann. „Sie haben ihr ganzes Leben noch vor sich und wir müssen alles daransetzen, dass Kinder, die eine Strahlentherapie benötigen, nach Möglichkeit ohne Therapiefolgen wie neurokognitive Einschränkungen oder Wachstumsstörungen bleiben und das Risiko für Zweittumoren so gering wie möglich gehalten wird.“
Die Protonentherapie wird heute schon bei Hirntumoren (z.B. Medulloblastomen, Ependymomen, ATRTs etc.) sowie bei Sarkomen (Rhabdomyosarkomen, Ewing-Sarkomen etc.) in lokalisierten Stadien empfohlen. Wie auch in der Photonentherapie sind allerdings viele logistische Hürden zu nehmen, besonders wenn das Kind heimatfern in einem der Partikelzentren behandelt werden soll. Die Kommunikation zwischen heimatnahen Strahlentherapeuten, Kinderärzten und dem Team der Protonenzentren setzt eine gut durchdachte und eingespielte Logistik voraus. Durch die hohe Anzahl von sehr kleinen Kindern ist eine besonders enge Zusammenarbeit mit den Anästhesisten und den Kinderärzten, aber natürlich auch mit den Eltern erforderlich, um den Therapieablauf optimal durch zu führen.“ ergänzt Frau Prof. Dieckmann.
Dennoch – der Aufwand wird sich lohnen. „Die hochmoderne Photonenbestrahlung hat sich in den letzten Jahren schon als zunehmend besser verträglich und effektiv erwiesen, doch neue Verfahren wie die Protonentherapie ermöglichen möglicherweise eine noch nebenwirkungsärmere Therapie“, erklärt DEGRO-Pressesprecherin, Univ.-Prof. Dr. med. Stephanie E. Combs.
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