Forschungsergebnisse des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin erhöhen die offiziellen Zahlen
Die Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin hat Tötungsdelikte und ihre Klassifikation als politisch rechte Straftaten untersucht – jetzt hat die Bundesregierung die Zahlen nach oben korrigiert.
Die Zahl rechter Tötungsdelikte in Deutschland ist seit den frühen 1990er-Jahren umstritten. Im Auftrag der Polizei Berlin sind deshalb Forscherinnen und Forscher des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin der Frage nachgegangen, wie sich die Unterschiede zwischen den Statistiken der Sicherheitsbehörden und den systematisch höheren Fallzahlen von Journalisten erklären lassen und welche Altfälle aus sozialwissenschaftlicher Sicht heute als politisch rechte Fälle bewertet werden sollten. Auf Basis von polizeilichen, staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Akten sowie einer Auswertung der Medienberichterstattung wurden zwölf Berliner Fälle über ein Jahr lang detailliert untersucht, die zwischen 1990 und 2008 von der Polizei oder von zivilgesellschaftlichen Akteuren als politisch rechts klassifiziert worden waren.
Anlass der wissenschaftlichen Studie war eine im Jahr 2000 begonnene Langzeitrecherche des „Tagesspiegels“, die eine bundesweit erheblich höhere Zahl von Todesopfern seit der Wiedervereinigung registrierte als die offizielle Bilanz. Laut „Tagesspiegel“ waren es mindestens 150 Tote seit dem 3. Oktober 1990.
Besondere Brisanz besitzt dieser öffentliche Konflikt um die richtigen Zahlen, weil es dabei um eine angemessene Einschätzung der Gefahr des militanten Rechtsradikalismus sowie um geeignete Monitoringkompetenzen von Behörden und zivilgesellschaftlichen Beobachtern geht. Die letzte Bilanz der Bundesregierung vom März 2017 hatte 70 Straftaten ergeben, bei denen 76 Personen von Rechtsextremisten getötet wurden. Basierend auf den neuen Forschungsergeb-nissen der jetzt im Mai erschienenen Untersuchung „Klassifikation politisch rechter Tötungsdelikte – Berlin 1990 bis 2008“ empfahl das ZfA die Nachmeldung von sechs Verbrechen mit sie-ben Todesopfern als rechte Delikte. Das Landeskriminalamt übernahm das Ergebnis, unterrichtete das Bundeskriminalamt, das die Bundesregierung informierte. Diese hat ihre Statistik inzwischen nach oben korrigiert, mit 83 Todesopfern in 76 rechts motivierten Tötungsdelikten seit 1990.
Die Studie ist im Universitätsverlag der TU Berlin erschienen und online abrufbar:
http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-6417
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Michael Kohlstruck
Technische Universität Berlin
Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus
Zentrum für Antisemitismusforschung
Tel.: +49 (0)30 314-25838
E-mail: michael.kohlstruck@tu-berlin.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Recht
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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