Die Biotechnologie kann einen zentralen Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft leisten und helfen, Produktionsprozesse in der Industrie ressourcen- und klimaschonend zu gestalten. Zuvor müssen jedoch Hürden etwa bei der Technologie- und Forschungsförderung oder bei der internationalen Zusammenarbeit überwunden werden. Um dies zu erreichen, wurden im von der EU-Kommission geförderten Projekt PROGRESS Empfehlungen für eine breite Anwendung industrieller Biotechnologie ausgearbeitet und Zukunftsszenarien entworfen.
Die Biotechnologie gilt als Schlüsseltechnologie für die europäische Industrie, deren Bedeutung durch ein nachhaltigeres Wirtschaften in Zukunft stark zunehmen wird. Um zur Abkehr von fossilen Energieträgern beizutragen, muss sich die Biotechnologie jedoch in der Industrie durchsetzen und auf Akzeptanz in der Gesellschaft stoßen. Doch wie kann dies gelingen? Und welche Trends könnten eine besondere Rolle spielen? Mit diesen Fragen befasste sich das Forschungsprojekt »PROGRESS – Priorities for Addressing Opportunities and Gaps of Industrial Biotechnology for an Efficient Use of Funding Resources« des Fraunhofer ISI, das im Rahmen des Horizon 2020- Programms von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde.
Auf Basis von Workshops und Interviews mit über hundert Biotech-Expertinnen und -Experten aus ganz Europa wurden im Projekt Empfehlungen ausgearbeitet, welche die breite Anwendung der industriellen Biotechnologie fördern sollen. Dabei wurden insbesondere Wertschöpfungsketten in den Bereichen »Lignocellulose-Ethanol«, »Bio-basierte Kunststoffe«, »Enzyme«, »Herstellung von Biopharmazeutika«, »Biotechnologisch hergestellte Duft- und Aromastoffe« sowie »Mikrobiome für gesunde Ernährung« analysiert und Zukunftsszenarien für diese Bereiche entwickelt.
Die ausgearbeiteten Zukunftsszenarien zeigen, dass – so ein Ergebnis des Projekts – die Biotechnologie nur großflächig Einsatz in der Industrie finden kann, wenn sich mehrere der folgenden Faktoren positiv entwickeln: Ein zentraler Punkt ist nach Ansicht der Studienautorinnen und -autoren vom Fraunhofer ISI eine umfassende Förderung neuer Schlüsseltechnologien und Forschungsfelder im Bereich der Biotechnologie. So unterstreicht Sven Wydra, Projektleiter von PROGRESS am Fraunhofer ISI, dass in Zukunft »die Optimierung der biotechnologischen Produktionsprozesse sowie die Umwandlung von Abfällen in hochwertige Chemikalien weiter untersucht und die Biotechnologie mit anderen Technologien wie der Bioinformatik und der Chemie enger zusammengebracht werden muss«. Dazu müssen laut Wydra unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen stärker kooperieren. Wenngleich es weiterhin Expertinnen und Experten in den jeweiligen Fachbereichen bedarf, wird es in Zukunft immer wichtiger sein, auch über Basiswissen in anderen Feldern zu verfügen. Dies lässt sich nur durch Anpassungen im Bildungssystem und über Weiterbildung erreichen.
Technologischer Fortschritt allein wird aber nicht ausreichen, um biotechnologische Methoden in viele industrielle Wertschöpfungsketten zu integrieren. Für die zukünftige Verbreitung und Kommerzialisierung der industriellen Biotechnologie ist etwa auch die Akzeptanz und das Vertrauen der Öffentlichkeit sowie von Entscheiderinnen und Entscheidern essenziell. Beides wird maßgeblich vom Bewusstsein für ökologische, ökonomische und soziale Vorteile durch die industrielle Biotechnologie begünstigt. Die öffentliche Meinung ihr gegenüber ist zwar eher positiv, variiert jedoch stark nach Zielgruppe oder Produktsegment. Mögliche Bedenken, so eine weitere Empfehlung der Studie, sollten deshalb ernst genommen und diesen durch Dialog begegnet werden. Damit die industrielle Biotechnologie zu gesellschaftlichen Zielen wie Bekämpfung des Hungers, Umwelt- und Klimaschutz beitragen kann, sollte sie zudem an den Nachhaltigkeitszielen der UN ausgerichtet werden.
Eine weitere wichtige Voraussetzung für die industrielle Anwendung besteht nach Ansicht des Projektteams in einer intensiveren Zusammenarbeit in Europa. Bislang konzentrieren sich wichtige biotechnologische Kapazitäten und Ressourcen vor allem auf Zentraleuropa. Das Fraunhofer ISI empfiehlt hier stärkere länderübergreifende Kooperationen, um den Zugang zu Wissen zu verbessern und komplementäre Kompetenzen und Ressourcen zusammenzuführen. Hierdurch können Redundanzen der Aktivitäten vermieden sowie weiterhin qualitativ hochwertige Forschung und Entwicklung betrieben werden. Damit lässt sich auch die Technologieführerschaft einzelner Länder erhalten, wovon letztlich alle EU-Länder profitieren.
Eine Übersicht über alle Empfehlungen finden sich im Abschlussbericht des Projekts PROGRESS.
Kontakt:
Anne-Catherine Jung MA
Telefon: +49 721 6809-100
E-Mail: presse@isi.fraunhofer.de
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.
http://www.progress-bio.eu/progress-bio/index.php Projektwebseite PROGRESS
http://www.progress-bio.eu/progress-bio-wAssets/docs/Deliverables/PROGRESS_Deliv... Abschlussbericht PROGRESS
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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