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17.07.2018 16:31

Walter Zieglgänsberger erhält Bundesverdienstkreuz

Anke Schlee Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Psychiatrie

    Prof. Dr. med. Dr. h. c. Walter Zieglgänsberger erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für seinen bahnbrechenden Einsatz im Bereich der Schmerzforschung sowie für sein ehrenamtliches Engagement. Staatsministerin Melanie Huml übergibt den vom Bundespräsidenten verliehenen Orden bei einer Feierstunde am 17. Juli auf Schloss Dachau.

    Das besondere Interesse des Münchner Wissenschaftlers und Arztes galt von Anfang an der Schmerz- und Suchtforschung. Zieglgänsberger ist einer der Begründer der modernen Schmerzforschung in Deutschland mit internationaler Reputation. Seine wegweisenden Erkenntnisse erlangte er sowohl in der Grundlagenforschung als auch was die klinische Anwendung in der Schmerztherapie angeht – eine seltene Kombination.

    Das Bundesverdienstkreuz ist die höchste Auszeichnung, die die Bundesrepublik Deutschland zu vergeben hat. „Ich freue mich sehr über die Anerkennung translationaler Forschung“, resümiert Zieglgänsberger.

    Schon in seiner Dissertation beschäftigte Zieglgänsberger sich 1967 am Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) in München damit, wie Nervenzellen im Gehirn von Wirbeltieren miteinander kommunizieren. Danach widmete er sich zunehmend der neurobiologischen Grundlagenforschung. 1976 folgten die Habilitationen für die Fächer Physiologie und Pharmakologie. 1976 wurde Zieglgänsberger Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, 1980 auch für Klinische Pharmakologie. 1983 ernannte die Ludwig-Maximilians-Universität München ihn zum außerplanmäßigen Professor. Von 1984 bis zu seiner Emeritierung 2005 leitete Zieglgänsberger die Arbeitsgruppe Klinische Neuropharmakologie am MPI.

    Während dieser Jahre arbeitete der Wissenschaftler und Arzt in verschiedenen Labors in ganz Europa sowie in den USA. Seine Forschungsarbeiten führten ihn zum Beispiel zu einem längeren Aufenthalt nach La Jolla in Kalifornien ans renommierte The Salk Institute.

    Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen molekularbiologische, elektrophysiologische und pharmakologische Aspekte neurohumoraler Übertragungsmechanismen im Zentralnervensystem. Besondere Aufmerksamkeit widmete Zieglgänsberger neurobiologischen Grundlagen der Schmerzwahrnehmung sowie der Neuropharmakologie der Schmerztherapie. Für die Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzzustände sind funktionelle und strukturelle Veränderungen in Nervenzellen verantwortlich. Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung über die Mechanismen, die zur Entwicklung neuroplastischer Erregbarkeitsveränderungen führen, haben insbesondere in der medikamentösen Schmerztherapie zu einem Paradigmenwechsel geführt.

    Entdecker des Schmerzgedächtnisses

    Chronischer Schmerz ist kein Symptom einer Krankheit, sondern eine komplexe Erkrankung. An dieser Erkenntnis war Zieglgänsberger maßgeblich beteiligt. Die angstbesetzte Erinnerung an den Schmerz bleibt auch dann bestehen, wenn keine schmerzhaften Signale mehr auf das Nervensystem einwirken. Bei vielen Patienten wird die Angst vor den wiederkehrenden oder den weiter bestehenden Schmerzen übermächtig. Die Lernfähigkeit und enorme Plastizität des menschlichen Gehirns macht es möglich, neue Erfahrungen im Gehirn zu verankern, wodurch alte Erinnerungen allmählich verblassen, wenn sie nicht ständig wieder aufgefrischt werden ("Re-Learning"). Durch eine Therapie, die den Schmerz kontinuierlich unter Kontrolle hält, kann man chronischen Schmerzpatienten die Angst vor der nächsten Attacke nehmen; sie entwickeln Vertrauen in schmerztherapeutische Maßnahmen und erkennen, dass sie diesen Prozess auch durch eigenes Verhalten steuern können.

    Mit seinen weltweit erstmals durchgeführten Untersuchungen über Glutamat hat Zieglgänsberger Grundlagen für das heutige Verständnis von neuronaler Plastizität und Chronifizierungsmechanismen gelegt. Schmerzen lösen dynamische Veränderungen am Zentralnervensystem aus, und die Dynamisierung des Schmerzmodells in seinen molekularbiologischen Details sind Verdienste des Münchner Grundlagenforschers. Seine Forschungsergebnisse sind zur Basis von Behandlungsansätzen zur Prophylaxe und Therapie chronifizierter Schmerzen geworden.

    Als Begründer der modernen Schmerzforschung in Deutschland kann der vielfach ausgezeichnete Wissenschaftler auf über 300 wissenschaftliche Publikationen verweisen. Zieglgänsberger ist Mitglied in zahlreichen internationalen Fachgesellschaften und Herausgeber-Gremien und bis heute ein gefragter Gutachter bei Fachzeitschriften und Institutionen der Wissenschaftsförderung. Er wurde vielfach mit Preisen geehrt. Sein Engagement zeigt sich auch in Beratertätigkeiten in berufsständischen und wissenschaftspolitischen Gremien.

    Ehrenamtlich aktiv

    Seit seiner Emeritierung ist Zieglgänsberger kaum weniger aktiv. Neben seinen Gutachter- und Beratertätigkeiten betreut er nach wie vor Doktoranden und hält Vorlesungen. Vor allem für sein ehrenamtliches Engagement hat er mehr Zeit: der leidenschaftliche Arzt berät Patienten kostenfrei und vermittelt sie an Spezialisten. 18 Jahre lang engagierte Zieglgänsberger sich beim ärztlichen Notdienst im Münchner Norden. Er suchte immer wieder den Kontakt zu Schülern, um sie für die wissenschaftliche Arbeit zu begeistern. In zahlreichen Interviews für Print, TV, Radio und Online bewies Zieglgänsberger immer wieder seine Fähigkeit, eine allgemein verständliche Sprache zu finden. Auch komplizierte Sachverhalte kann er so vermitteln, dass sie jeder versteht.


    Bilder

    Walter Zieglgänsberger
    Walter Zieglgänsberger
    privat
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Walter Zieglgänsberger


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