idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.07.2018 10:15

Viel Lebensraum für Braunbären in Europa

Volker Hahn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

    Große Chance für europäische Braunbären: Eine neue Studie unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zeigt, dass es in Europa viele Gebiete gibt, in denen keine Bären mehr leben, die sich aber grundsätzlich wieder als Lebensraum eignen würden. Nachdem sich die potentiellen Lebensbedingungen für Bären in vielen europäischen Staaten verbessert haben sei es wahrscheinlich, dass künftig Tiere in einige dieser Gebiete einwanderten, so der Studienleiter. Wichtig sei es nun, vorausschauend Maßnahmen zu ergreifen, um Konflikte zwischen Bären und Menschen zu vermeiden.

    Vor 500 Jahren gab es noch fast überall in Europa Braunbären. Doch in den folgenden Jahrhunderten wurden sie vielerorts ausgerottet, so auch in Deutschland. Gründe für den Rückgang der Bären waren der Verlust an Lebensraum und Bejagung. Heute leben noch rund 17.000 Tiere in Europa, verteilt auf zehn Populationen und 22 Staaten. Einige dieser Populationen sind aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Größe gefährdet.

    Große Chance für den Artenschutz

    In den vergangenen Jahren wurde die Jagd auf Braunbären in Europa verboten oder stark eingeschränkt. Künftig könnten sich Bären wieder ausbreiten. Denn eine neue Studie unter der der Leitung des Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zeigt: Es gibt noch viele Gebiete in Europa, in denen es derzeit zwar keine Bären gibt, die sich aber grundsätzlich als Lebensraum für Bären eignen würden. Von über einer Million Quadratkilometern geeignetem Lebensraum in Europa sind rund 37 % nicht besiedelt, was einer Fläche von rund 380.000 Quadratkilometern entspricht. In Deutschland gibt es 16.000 Quadratkilometer potentiellen Bären-Lebensraum. Allerdings sind die Wahrscheinlichkeiten einer Wiederbesiedlung durch den Bären sehr unterschiedlich. In Deutschland zum Beispiel sind geeignete Lebensräume außerhalb der Alpen geografisch isoliert, so dass dort eine natürliche Rückkehr des Bären unwahrscheinlich ist.
    „Dass es noch geeigneten Lebensraum für Braunbären gibt, ist eine große Chance für den Artenschutz“, sagt Studienleiter Dr. Néstor Fernández vom Forschungszentrum iDiv und der Universität Halle. Bereits heute beobachten Wissenschaftler, dass sich rund 70 % der Populationen in Europa erholen, und es ist anzunehmen, dass Bären in noch unbesetzte Gebiete einwandern werden. „Auch in Deutschland ist es sehr wahrscheinlich, dass einige Gebiete früher oder später wieder von Braunbären besiedelt werden, vor allem in der Alpenregion“, so Fernández. Es besteht also begründete Hoffnung, dass Bären 200 Jahre nach ihrer Ausrottung in Deutschland wieder heimisch werden.

    Vorausschauendes Handeln wichtig

    Für viele Menschen wäre dies wahrscheinlich eine gute Nachricht. „In den vergangenen Jahren hat sich die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Wildtieren sehr gewandelt. Heute stehen viele Menschen der Rückkehr großer Säugetiere positiv gegenüber“, sagt Fernández. Dass die Einwanderung von Bären dennoch auch zu Konflikten mit menschlichen Aktivitäten führen kann, sei eine Tatsache, die es frühzeitig zu bedenken gebe. Solche Konflikte entstehen vor allem dann, wenn Bären Feldfrüchte fressen oder Bienenstöcke beschädigen, gelegentlich reißen sie auch Schafe. Direkte Angriffe von Bären auf Menschen passieren hingegen äußerst selten. Die Bären selbst gehen Menschen gewöhnlich aus dem Weg.
    Mit der Karte, die Fernández und seine Kollegin Anne Scharf (Max-Planck-Institut für Ornithologie) erstellt haben, lässt sich abschätzen, in welchen Gebieten Bären wieder leben könnten. Dies könnte der Politik helfen, mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und diesen mit gezielten Maßnahmen entgegenzuwirken. So sollte man zum Beispiel Ausgleichszahlungen daran koppeln, dass vorab Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, erklärt Fernández. Solche Schutzmaßnahmen können das Aufstellen von Stromzäunen sein, die Bewachung von Äckern oder Viehweiden durch Schutzhunde sowie der Dialog mit der Bevölkerung. Ein Blick auf die Karte macht zudem deutlich: Bären halten sich nicht an Staatsgrenzen. „Daher wäre ein gemeinsames Management des Braunbären sowie anderer Wildtiere auf europäischer Ebene wünschenswert“, sagt Fernández. Derzeit ist die Gesetzgebung in Bezug auf Schutz und Bejagung der Bären von Staat zu Staat sehr unterschiedlich, und auch die Zahlung von Entschädigungen ist verschieden geregelt.

    Europaweite Karte

    Für ihre Studie haben Scharf und Fernández die Ergebnisse von sechs vorangegangenen Arbeiten berücksichtigt. Diese hatten sich jeweils auf ein begrenztes Gebiet konzentriert, in dem Bären leben, und für dieses analysiert, welche Ansprüche die Tiere an ihren Lebensraum haben. Indem die Wissenschaftler die Ergebnisse dieser lokalen Studien zusammenführten, konnten sie ein Computermodell erstellen, mit dem sie für ganz Europa mögliche weitere Lebensräume für Bären bestimmten. Die Voraussagen dieses Modells sind zuverlässiger, als wenn nur Daten aus einer Region auf ganz Europa übertragen würden. Ihre Ergebnisse haben Scharf und Fernández am 09. Juli 2018 in der Fachzeitschrift Diversity and Distributions publiziert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Néstor Fernández
    Post-Doktorand
    Arbeitsgruppe Biodiversität und Naturschutz
    Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
    Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
    Vormals: Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC), Spanien
    Telefon: +49 341 9733229
    Email: nestor.fernandez@idiv.de


    Originalpublikation:

    Anne K. Scharf und Néstor Fernández (2018): Up-scaling local-habitat models for large-scale conservation: Assessing suitable areas for the brown bear comeback in Europe. Diversity and Distributions.
    Doi: https://doi.org/10.1111/ddi.12796


    Bilder

    Die Karte zeigt Gebiete, in denen aktuell Braunbären leben (blau), Gebiete, die als Lebensraum für Bären geeignet wären, jedoch derzeit nicht besiedelt sind (grün), sowie als Bären-Lebensraum un
    Die Karte zeigt Gebiete, in denen aktuell Braunbären leben (blau), Gebiete, die als Lebensraum für B ...
    N. Fernández
    None

    Eine Bärin streift mit ihren beiden Jungen auf der Suche nach Heidelbeeren umher. Aufgenommen im September im Tatra-Gebirge, Polnische Karpaten.
    Eine Bärin streift mit ihren beiden Jungen auf der Suche nach Heidelbeeren umher. Aufgenommen im Sep ...
    Adam Wajrak
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Karte zeigt Gebiete, in denen aktuell Braunbären leben (blau), Gebiete, die als Lebensraum für Bären geeignet wären, jedoch derzeit nicht besiedelt sind (grün), sowie als Bären-Lebensraum un


    Zum Download

    x

    Eine Bärin streift mit ihren beiden Jungen auf der Suche nach Heidelbeeren umher. Aufgenommen im September im Tatra-Gebirge, Polnische Karpaten.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).