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07.10.2003 07:53

Sportler fühlen sich gesünder als Nichtsportler - doch: ist der Sport dafür verantwortlich?

Kerstin Wodal Pressestelle
Universität Bayreuth

    Bayreuther Sportwissenschftler mit Beiträgen zur Gesundheit im 1. Deutschen Kinder- und Jugendsportbericht
    Hier besteht Forschungsbedarf - Bericht an die Bundesregierung übergeben

    Bayreuth (UBT). Mit dem Thema 'Gesundheit', und damit einem der meist diskutierten Beiträge sind die Bayreuther Sportwissenschaftler Dr. Ralf Sygusch, Prof. Dr. Walter Brehm und Prof. Dr. Ulrike Ungerer-Röhrich im ersten Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht vertreten, der Ende September in Essen an die Bundesregierung übergeben wurde. Ein wichtiges Ergebnis: Bislang ist klar, dass sich Sportler gesünder fühlen als nicht Nicht-Sportler, noch nicht geklärt ist jedoch, ob dieses ursächlich mit dem Sport zusammenhängt - Forschungsbedarf ist hier angesagt.

    Der Bericht, an dem über 20 namhafte Sportwissenschaftler beteiligt waren, wurde auf Initiative der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) realisiert und von der Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung finanziert. Anlass der dvs-Intiative war die Tatsache, dass in den regelmäßig erscheinenden Kinder- und Jugendberichten der Bundesregierung (zuletzt 2002) der Sport bislang nahezu unberücksichtigt bleibt.

    Der Kinder- und Jugendsportbericht informiert über alle Facetten der sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen in den alten und neuen Bundesländern; u.a. über die Verbreitung des Sportengagements in Freizeit und Sportverein, Trendsportarten, soziale Ungleichheit im Sport, Spitzensport etc. Von besonderer gesellschaftspolitischer Bedeutung sind die Ausführungen zu den erhofften und angenommenen Wirkungen sportlicher Aktivität im Hinblick auf die motorische Leistungsfähigkeit, auf Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen auf deren Gewaltbereitschaft.

    Der Sportverein ist seit Jahrzehnten die absolute Nr.1 unter den organisierten Freizeitangeboten in Deutschland. Im Laufe des Kinder- und Jugendalters sind ca. 80% aller Heranwachsenden irgendwann Mitglied eines Sportvereins, in der Momentaufnahme sind es zwischen 40% und 50%. Damit ist der organisierte Sport eine bedeutende Sozialisationsinstanz, von der ein Einfluss auf die motorische und psychosoziale Entwicklung der nachwachsenden Generation angenommen werden kann. An dieser Stelle zeigt der Erste Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht jedoch auch die Grenzen des Sports bzw. des aktuellen sportwissenschaftlichen Forschungsstandes auf. Bislang konnten deutliche Effekte in der erwünschten Richtung ("Mitgliedschaft im Sportverein fördert die Gesundheit, das soziale Verhalten etc. ") nicht eindeutig nachgewiesen werden.

    Die Bayreuther Sportwissenschaftler Sygusch, Brehm und Ungerer-Röhrich fanden für die letzten acht Jahre insgesamt 16 Arbeiten, die den Zusammenhang von Sport und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen an repräsentativen Stichproben untersucht haben. Daraus wird deutlich, dass sich Sportler in wichtigen Gesundheitsparametern von Nicht-Sportlern unterscheiden:

    - Sportler nehmen sich insgesamt als gesünder wahr;
    - sie sind in Bezug auf Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit insgesamt fitter als Nicht-Sportler;
    - Sportler berichten von einem besseren psychosozialen Wohlbefinden (u.a. Selbstwertgefühl, sozialer Rückhalt);
    - sie weisen seltener typische Risikofaktoren dieser Altersphase wie Übergewicht oder Haltungsschwächen auf, auch psychosomatische Beschwerden wie Magenprobleme, Kopfschmerz, Müdigkeit etc. unter Sportlern deutlich seltener.

    - Bewegungsmangel im gesundheitsgefährdenden Umfang und damit als Risikofaktor lässt sich für etwa 20% der Kinder und Jugendlichen vermuten - wobei diese Gruppe in den letzten Jahren kontinuierlich größer geworden ist.

    Trotz dieser zunächst erfreulichen Ergebnisse muss die Forschungslage insgesamt noch als undifferenziert bezeichnet werden. Es liegt lediglich eine Längsschnittstudie vor, die den Einfluss sportlicher Aktivität systematisch verfolgen kann. Diese Studie zeigt allerdings, dass sich die jungen Sportler im Laufe ihrer Aktivität bezüglich ihrer Fitness, ihrer körperlichen Beschwerden und ihres psychosozialen Wohlbefindens nicht unbedingt 'gesünder' entwickeln als Nicht-Sportler. Sygusch, Brehm und Ungerer-Röhrich schließen daraus, dass der Sportverein mit seinem Angebot die gesünderen Kinder und Jugendlichen zwar erreicht, dass weiter reichende gesundheitsbedeutsame Wirkungen vom Sport im Verein jedoch nicht zwingend erwartet werden können.

    Dies werten die Autoren jedoch nicht als Überraschung, da die vorliegenden Studien kaum Differenzierungen nach Regelmäßigkeit, Umfang und Ausmaß der Belastung, nach Leistungsorientierung oder Sportarten vornehmen. Gerade darin sehen die Bayreuther Sportwissenschaftler einen Grund für die bislang recht undifferenzierten Ergebnisse dieses bedeutsamen Forschungszweiges.

    Ihre Konsequenz ist folglich nicht etwa, die Bedeutung von Sport und Bewegung für den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen gering zu schätzen. Vielmehr sollte man, so meinen die Wissenschaftler, genauer hinschauen, wenn es um die Frage geht, ob Sport, welcher Sport und in welchem Rahmen Sport von Kindern und Jugendlichen gesundheitlich wertvoll sein kann. Aufgaben für zukünftige Forschungsbemühungen lägen hier gerade zu auf der Hand.

    Weitere Informationen bei
    Dr. Ralf Sygusch
    Institut für Sportwissenschaft
    Tel. 0921/55-3476
    Fax: 0921/55-3476
    e-mail: ralf.sygusch@uni-bayreuth.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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