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15.10.1998 00:00

Chemiker untersuchen das Wechselspiel der Moleküle

Dr. Andreas Archut Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Erste Ergebnisse eines neuen Sonderforschungsbereichs

    Wie eine zum Halbkreis geöffnete Hand scheint das Abbild des großen Moleküls auf dem Monitor nach dem kleineren zu greifen und es dann festzuhalten. Sekundenlang tänzeln die aus bauchigen Kugeln geformten Modelle nach einem verborgenen Rhythmus und können voneinander nicht lassen. Gebannt betrachten Prof. Dr. Frank-Gerrit Klärner und sein Mitarbeiter Markus Kamieth im Computerlabor des Essener Instituts für Organische Chemie das Wechselspiel einer gewölbten Wirtverbindung mit einem Acetonitril-Molekül: Mit Hilfe modernster Computer-Modellrechnungen ist es ihnen gelungen, sie sichtbar zu machen. Ein erstes Ergebnis des neuen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingerichteten Sonderforschungsbereichs "Kollektive molekulare Ordnungsprozesse in der Chemie", in dem Essener und Bochumer Wissenschaftler den fundamentalen Wechselwirkungen zwischen Molekülen auf den Grund gehen wollen.

    Was auf dem Bildschirm wie eine greifende Hand erscheint, ist in Wirklichkeit das Kugelmodell eines gebogenen Kohlenwasserstoffmoleküls, das kleine, elektronenarme Gastmoleküle in den Hohlraum zwischen seinen ausladenen "Armen" ziehen und dort festhalten kann. Darum haben es die Chemiker "molekulare Pinzette" getauft. Die treibende Kraft des Greifvorgangs ist die hohe Elektronendichte im Inneren der winzigen Pinzette, die elektronenarme Gastmoleküle wie ein Magnet anzieht. Auf diesen Anziehungskräften beruht die Wirkung von Enzymen und Rezeptoren, und sie sind auch für das Zusammenhalten der Bestandteile lebender Organismen verantwortlich.

    Der "Film", der auf dem Monitor abläuft, simuliert "in Zeitlupe" die Bewegung zweier wechselwirkender Moleküle und macht diese so sichtbar. In der Realität ist der Vorgang viel zu schnell, als daß er beobachtet werden könnte.

    "Wir wollen herausfinden, wie Moleküle miteinander sprechen", erklärt Klärner, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs. Erst wenn die Regeln bekannt sind, nach denen Moleküle mitein-ander interagieren, kann man die Natur gezielt imitieren. Damit enthält die Grundlagenforschung auf dem Gebiet molekularer Erkennungsprozesse Potentiale für praktische Anwendungen beispielsweise beim Design maßgeschneiderter Katalysatoren oder auf der Suche nach neuen Medikamenten.

    Der Sonderforschungsbereich "Kollektive molekulare Ordnungsprozesse in der Chemie"(452) hat am 1. Juli 1998 seine Arbeit an den Universitäten Essen und Bochum aufgenommen. In 14 Teilprojekten arbeiten Chemiker, Biochemiker und Mediziner interdisziplinär zusammen. Für die ersten drei Jahre bewilligte die DFG Fördermittel in Höhe von fünf Millionen Mark.

    Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Frank-Gerrit Klärner, Institut für Organische Chemie der Universität-Gesamthochschule Essen, D-45117 Essen, Tel.: 0201/183-3081, Fax: 0201/83-3082, E-mail: sfb452@orgchem.chemie.uni-essen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.orgchem.uni-essen.de/AK_Klaerner.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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