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06.08.2018 10:40

Rohstofflager Erzgebirge: Forscher wollen aus heimischen Komplexerzen Metalle gewinnen

Dr. Christine Bohnet Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

    Europäische Rohstoffexperten wollen im sächsischen Freiberg zeigen, dass sich aus komplex zusammengesetzten Erzen wichtige Metalle wirtschaftlich gewinnen lassen. Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und seine Partner sowie das Verbundprojekt FAME entwickelten mittels Rohstoffanalysen und Computersimulationen ein neues Konzept zur Aufbereitung der Wertstoffe. In einem Pilotversuch mit 150 Tonnen Erz aus der Lagerstätte Hämmerlein-Tellerhäuser im Erzgebirge wollen sie das Konzept nun testen.

    Eine große Menge an Bodenschätzen lagert in Europa in komplex zusammengesetzten Lagerstätten. Trotz der vielen enthaltenen Metalle konnten solche Erze bisher nicht wirtschaftlich abgebaut werden. Bis heute beruht ihre Aufbereitung vor allem auf wiederholtem Ausprobieren, immer mit dem Ziel, so viele Wertstoffe wie möglich anzureichern. Die komplexen Erze konnte dieses lange und kostspielige Vorgehen aber nicht knacken, profitable mineralische Konzentrate wurden nicht erzielt. Heute wissen die Forscher, wie der Aufbau und die Struktur des Gesteins die Aufbereitung beeinflussen. Diese Informationen nutzen sie, um am Computer optimale Modelle der technischen Prozesse zu entwickeln. Die richtigen Aufbereitungsmethoden lassen sich dadurch schneller finden.

    Bei dem Freiberger Pilotversuch kooperieren zwei Konsortien, die die erfolgreiche Aufbereitung komplexer Erze im Erzgebirge aktuell vorantreiben: das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „AFK – Aufbereitung feinkörniger heimischer Komplexerz-Lagerstätten“ und der von der Europäischen Union finanzierte Verbund „FAME – Flexible and Mobile Economic Processing Technologies“. Im AFK-Projekt kooperieren das HIF, die TU Bergakademie Freiberg, das Ingenieurunternehmen UVR-FIA GmbH, die RWTH Aachen und die Explorationsfirmen Beak Consultants GmbH, Saxore Bergbau GmbH und Tin International. FAME ist ein Zusammenschluss von 16 Einrichtungen aus sechs Ländern und wird durch das britische Unternehmen Wardell Armstrong International koordiniert. Zu den deutschen Partnern zählen das Geokompetenzzentrum Freiberg, die G.E.O.S. Freiberg Ingenieurgesellschaft mbH, Nickelhütte Aue sowie die Saxore Bergbau GmbH, die die Probenahme sowie Teile des Pilotversuchs finanziert.

    Zinn, Zink und Indium

    Mit modernen Methoden untersuchten Geowissenschaftler aus beiden Forschungsverbünden die erzgebirgische Komplexerz-Lagerstätte Hämmerlein-Tellerhäuser. Es entstand ein detailliertes Bild der Lagerstätte: Der Hauptwertstoff Zinn und weitere begehrte Metalle wie Zink und Indium verteilen sich auf verschiedene Erzminerale, die wiederum eng verwachsen sind mit Mineralen ohne wirtschaftlich relevantem Metallinhalt. Die unterschiedlichen Minerale können nun nach Eigenschaften wie Farbe, Dichte oder Magnetisierbarkeit getrennt werden.

    Für jeden Zerkleinerungsschritt und jeden Trennprozess der vielschichtigen Aufbereitungskette beschreibt ein Simulationsmodell, das AFK-Forscher entwickelten, einen optimalen Schwellenwert, bei dem die Metalle bestmöglich angereichert und die wertlosen Stoffe effizient abgetrennt werden. Ein großer Wertstoffstrom, den die Forscher weiterverarbeiten, und nur ein kleiner Abfallstrom sollen dadurch entstehen. Bei der Farbtrennung etwa gibt der Schwellenwert an, bei welchem Verhältnis von wertstoffreichen schwarzen Partikeln und wertstoffarmen weißen Teilchen es sich noch lohnt, das schwarze Gestein weiter anzureichern.

    Neues Aufbereitungskonzept

    Nach erfolgreichen Laborexperimenten soll sich das Aufbereitungskonzept nun im Pilotversuch bewähren, den die Wissenschaftler hauptsächlich am HIF und im Technikum der UVR-FIA GmbH in Freiberg durchführen. Einzelne Prozesse haben sie auch technologisch verbessert. Beispielsweise entwickelten die FAME-Forscher die Flotation weiter. Ihr selektives Verfahren kann feinste Partikel im Bereich weniger Mikrometer (ein Bruchteil der Breite eines menschlichen Haares) voneinander trennen. Letztlich forschen die Verbundpartner auch am Bergbau der Zukunft, bei dem es wenig oberirdischen Abraum und einen niedrigen Energieverbrauch geben soll: Mithilfe speziell angepasster Sensor-Technologien wollen die Wissenschaftler den Großteil des wertarmen Gesteins vorsortieren und abtrennen; es soll zum Teil als Straßenschotter zur Verfügung gestellt werden. Die Vorsortierung verringert den Abfall und den Energieeinsatz im gesamten Prozess.

    Die 150 Tonnen Erz wurden durch die Bergsicherung Sachsen aus dem „Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla“ im Lizenzgebiet der Saxore Bergbau GmbH entnommen, in dem schätzungsweise 15 Millionen Tonnen Komplexerze lagern. Ähnliche Erze finden sich auch in anderen sächsischen Lagerstätten. „Wir wollen zeigen, dass man heute komplexe Rohstoffe technisch und wirtschaftlich verarbeiten kann. Das Erzgebirge könnte zu einem Leuchtturmbeispiel für die energie- und ressourceneffiziente Gewinnung primärer Ressourcen werden. Und die heimischen Lagerstätten könnten zur Versorgung mit mehreren wirtschaftsstrategischen Rohstoffen beitragen“, sagt HIF-Direktor Prof. Jens Gutzmer. FAME-Koordinator Dr. Chris Broadbent fügt hinzu: „Von dem gemeinsamen Pilotversuch können beide Forschungsprojekte nur profitieren, was die Europäische Union durch ihre Förderung bekräftigt.“

    Medienkontakt:

    Anja Weigl | Pressereferentin
    Tel. +49 351 260–4427| E-Mail: a.weigl@hzdr.de
    Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie | Chemnitzer Straße 40 | 09599 Freiberg | www.hzdr.de/hif

    +++
    Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Das HZDR hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Hamburg, Leipzig) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.

    Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) hat das Ziel, innovative Technologien für die Wirtschaft zu entwickeln, um mineralische und metallhaltige Rohstoffe effizienter bereitzustellen und zu nutzen sowie umweltfreundlich zu recyceln. Es wurde 2011 gegründet, gehört zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und kooperiert eng mit der TU Bergakademie Freiberg.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Projekt „AFK“
    Prof. Karl Gerald van den Boogaart | Leiter Abteilung Modellierung und Bewertung
    Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
    Tel.: +49 351 260–4409 | E-Mail: k.van-den-boogaart@hzdr.de

    Projekt „FAME“
    Dr. Chris Broadbent | Geschäftsführer Wardell Armstrong International
    Tel.: +44 (0) 207 242 3243 | E-Mail: cbroadbent@wardell-armstrong.com
    www.fame-project.info


    Weitere Informationen:

    https://www.hzdr.de/presse/komplexerze


    Bilder

    Aus 150 Tonnen komplexer Erze, die aus dem „Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla“ im Erzgebirge (Bild) entnommen wurden, wollen Forscher Metalle auf wirtschaftliche Weise gewinnen.
    Aus 150 Tonnen komplexer Erze, die aus dem „Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla“ im Erzgebirge (Bild) ...
    Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
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    Nach dem Waschen des gebrochenen Gesteins folgen die Vorsortierung und viele weitere Schritte der Zerkleinerung und Trennung.
    Nach dem Waschen des gebrochenen Gesteins folgen die Vorsortierung und viele weitere Schritte der Ze ...
    FAME
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    Anhang
    attachment icon Aus 150 Tonnen komplexer Erze, die aus dem „Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla“ im Erzgebirge (Bild) entnommen wurden, wollen Forscher Metalle auf wirtschaftliche Weise gewinnen.

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Energie, Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Aus 150 Tonnen komplexer Erze, die aus dem „Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla“ im Erzgebirge (Bild) entnommen wurden, wollen Forscher Metalle auf wirtschaftliche Weise gewinnen.


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